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Ende der Notversorgung durch „Pool-Ärzte“?

BSG-Urteil vom 24.10.2023

Im konkreten Fall hatte das Bundessozialgericht darüber zu entscheiden, ob ein Zahnarzt, der freiwillig Notdienste übernimmt, der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Der klagende Zahnarzt hatte 2017 seine Praxis verkauft und war nicht mehr zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen. Er übernahm überwiegend am Wochenende Notdienste, die von der Kassenärztlichen Vereinigung organisiert wurden und welche die hierfür erforderlichen sachlichen und personellen Mittel stellte. Als Vergütung erhielt der Kläger ein festes Stundenhonorar.

Entscheidung der Vorinstanzen

Sowohl die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund als auch beide Vorinstanzen stuften den Kläger aufgrund seiner Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst als selbständig tätig ein. An einem Beschäftigungsverhältnis fehle es insbesondere deshalb, weil der Kläger mittels eines Verwaltungsakts zum zahnärztlichen Notdienst herangezogen worden sei und er gemäß § 75 Abs. 1b S.5 SGB V für die Dauer des Notdienstes an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen habe. Die Beklagte habe auch keinen „Betrieb“ im arbeitsrechtlichen Sinne organisiert.

BSG vertritt andere Auffassung

Dies sieht der 12. Senat des Bundessozialgerichts anders. Allein die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst führe nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Der Kläger sei fremdbestimmt in der organisierten Struktur der Kassenärztlichen Vereinigung und in deren Abläufe eingegliedert gewesen, worauf er keinen entscheidenden, schon gar keinen unternehmerischen Einfluss hatte. Auch verfügte er nicht über eine Abrechnungsbefugnis und es sei nur gering zu gewichten, dass er bei der konkreten Behandlung selbständig handeln konnte. Folglich unterlag nach Ansicht des BSG der Zahnarzt der Versicherungspflicht.

Ausblick

Auch wenn es sich zunächst um eine Einzelfallentscheidung handelt, bei der es maßgeblich auf die Gesamtumstände ankam, besteht das Risiko, dass das vorliegende BSG-Urteil auch auf die sogenannten „Pool-Ärzte“ im Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst übertragbar ist und diese nicht länger als Freiberufler angesehen werden. Dies hätte drastische Auswirkungen auf die Gewährleistung der Notversorgung.

Um eine ausreichende Notversorgung zu gewährleisten, haben die Kassenärztlichen Vereinigungen Notfallpraxen eingerichtet, die über eine Umlage finanziert werden. Die Notdienste in diesen Praxen werden zu einem großen Anteil durch Nicht-Vertragsärzte wie zum Beispiel Ruheständler oder Klinikärzte, die freiwillig im ambulanten Notdienst mitarbeiten, (sog. „Pool-Ärzte“) auf bislang freiberuflicher Basis ausgeführt. Eine Umstellung der Notfallpraxen auf sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten ist unter anderem aus Kostengründen nicht ohne weiteres möglich.

Es ist nun an dem Gesetzgeber hinsichtlich des Status der „Pool-Ärzte“ für Rechtssicherheit zu sorgen. Sollten Sie zum Urteil oder zum Thema "Pool-Ärzte" Fragen haben, kommen Sie gerne auf uns zu. Jetzt Kontakt aufnehmen!