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Energie-Contracting

– ein Modell für die Energiewende in der Sozialwirtschaft?

Die energetische Transformation in den Unternehmen ist komplex. Können hierbei Contracting- Modelle auch für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft eine ideale Lösung darstellen? Die Modelle haben viele Vorteile, aber auch Nachteile, und es kommt letztlich auf die konkrete Ausgestaltung an, für die man Experten braucht.

Die Ziele sind klar, der Weg dahin ist steinig

Auf dem Weg in die Klimaneutralität hat sich auch die Sozialwirtschaft diesen Zielen in den kommenden Jahren verpflichtet. Doch die Umsetzung einer energetischen Transformation ist dann in der Praxis gar nicht so einfach. Dabei bietet die gebäudeintensive Sozialwirtschaft ein erhebliches Potenzial, z.B. an Dachflächen für Fotovoltaik oder mit Blick auf die energetische Sanierung von Gebäudehüllen und Umstellung von Wärmeerzeugern, da Gebäude oftmals strukturell veraltet und energetisch ineffizient aufgestellt sind.

Grundsätzlich sind drei Modelle für eine energetische Transformation denkbar:
1. Investition und Betrieb in Eigenregie (dezentral in den Einrichtungen)
2. Investition und Betrieb über eine Energiegesellschaft (zentral als eigene Gesellschaft)
3. Contracting (Investition und/oder Betrieb über externen Dienstleister)

Die Kernkompetenzen sozialwirtschaftlicher Unternehmen liegen in der Hilfe, Unterstützung und Beratung für Menschen. Da liegt es nahe, Optionen für einen externen Bezug von Dienstleistungen in der Energieversorgung und in der energetischen Transformation zu prüfen. Die damit verbundenen Projekte sind i.d.R. sehr komplex und erfordern technisches, rechtliches / steuerrechtliches und betriebswirtschaftliches Know-how und Erfahrungen. Somit liegen die Investitionen für sozialwirtschafliche Unternehmen nicht nur im Material, der Installation und im Betrieb, sondern ebenso in der Planung und Umsetzung. Diese Ressourcen sind oftmals nicht vorhanden und müssten erst aufgebaut und entwickelt werden.

Was kennzeicht Energie-Contracting-Lösungen?

Unternehmen, die Energie-Contracting-Lösungen anbieten, auch in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, gibt es bereits seit längerem. Angebot und Nachfrage haben in den letzten Jahren durch die Energiewende deutlich an Dynamik gewonnen. Insbesondere im Krankenhaussektor und in Pflegeeinrichtungen sind
Contracting-Modelle in der Wärmeversorgung (energiesparende Heizkessel, BHKW etc.) erfolgreich umgesetzt worden, alle mit dem Ziel, Energieverbrauch und -kosten deutlich zu senken. Beim Energie-Contracting übernimmt ein Energiedienstleister, ein sogenannter Contractor, die Umsetzung der vorab ermittelten Energieeinsparmaßnahmen und ist damit zuständig für die Planung, die Investition, die Finanzierung, den Umbau, den Betrieb und die Wartung und Instandhaltung der neuen Anlagen. Contracting-Unternehmen bieten oftmals zwei unterschiedliche Modelle an:

1. Energieliefer-Contracting
Ziel: Effiziente Bereitstellung von Energie

  • Contracting-Unternehmen übernimmt die Planung, Finanzierung, Installation, Energiebeschaffung sowie den laufenden Betrieb der Energieerzeugungsanlagen
  • Contracting-Unternehmen wird über einen vertraglich vereinbarten Energiepreis zzgl. Grund- und Verrechnungspreis vergütet
  • Eigentum der Anlagen verbleibt beim Contracting-Unternehmen
  • Vertragliche Absicherung der Anlagen
  • Bisher am meisten verbreitetes Modell

2. Energiespar-Contracting
Ziel: Senkung des gesamten Energieverbrauchs

  • Ganzheitliche Betrachtung der technischen Anlagen
  • Planung, Realisation und Finanzierung der individuellen technischen, baulichen und organisatorischen Maßnahmen, die in ihrer Gesamtheit zu einer Einsparung im Energieverbrauch führen
  • Vertragliche Garantie einer Energiekosteneinsparung
  • Ein Teil der Einsparung verbleibt bei dem Contractor-Unternehmen, der andere verbleibt beim Kunden
  • Hohe Einsparpotenziale
  • Attraktives Finanzierungsmodell für Effizienzmaßnahmen
  • Umfassendes Know-how und Serviceleistungen der Contracting-Unternehmen
  • Übertragung der wirtschaftlichen und technischen Risiken für die Energieeffizienzmaßnahmen

Ein erfolgreiches Contractor-Modell hängt ganz wesentlich von der Auswahl eines geeigneten, leistungsfähigen Vertragspartners ab. Die Modellwahl sollte u. a. nach strategischen und wirtschaftlichen Kriterien erfolgen. Darüber hinaus ist die Vertragsgestaltung von hoher Bedeutung. Hierbei sollten sich sozialwirtschaftliche Unternehmen im Bedarfsfall extern beraten lassen.

Strategische und wirtschaftliche Vor- und Nachteile

Aus strategischer Sicht stehen Unternehmen vor der Frage, ob sie die energetische Transformation in Eigenregie angehen wollen (mit oder ohne eine Energiegesellschaft) oder einen Contractor beauftragen wollen. Auch aus wirtschaftlicher Sicht kann eine Vergleichsrechnung eher zugunsten des Contractors ausfallen. Für den Contractor sprechen aus Sicht des Unternehmens folgende wesentliche Punkte:

  • Höhere Professionalität als im eigenen Unternehmen
  • Materialbezug durch hohe Mengen tendenziell günstiger
  • Verfügbarkeit Fachpersonal
  • Investitions- und Betreiberrisiken liegen auf Contractorseite

Allerdings gibt es auch Nachteile oder Risiken, die in
den Blick genommen werden sollten:

  • Mittel- bis langfristige vertragliche Bindung an den Contractor
  • Integration eines Unternehmergewinns im Preis

Steuerliche Vorteile der Einbindung der Energieversorgung in den gemeinnützigen Zweckbetrieb und die umsatzsteuerliche Organschaft bleiben verwehrt

Das derzeit größte Risiko, das allerdings in allen Modellen besteht, sind die bislang ungeklärte (Re-)-Finanzierung der Investitionen sowie die Auswirkungen im laufenden Betrieb. Hier ist der Gesetzgeber gefordert, zügig die rechtlichen Rahmenbedingungen in der Sozialgesetzgebung anzupassen, um Investitionen in die energetische Transformation zu fördern.
Einspareffekte bei den Energiekosten dürfen – nicht nur im Contractor-Modell – nicht zu Kürzungen durch die Kostenträger führen, da sich ansonsten Investitionen nicht amortisieren.

Fazit

Die Umsetzung der Energiewende im eigenen Unternehmen stellt die Entscheidungsträger vor große Herausforderungen. Die Verfügbarkeit investiver Mittel, die hohe Komplexität solcher Projekte sowie die Klärung zahlreicher Fragen auch in wirtschaftlicher und (steuer-)rechtlicher Sicht im Vorfeld dieser Entscheidungen lassen Contractor-Modelle als attraktive Lösungen erscheinen. Hierfür sprechen einige der genannten Vorteile. Da man sich längerfristig an einen Partner bindet, sollte die Planung solcher Projekte und die Auswahl eines geeigneten Partners sehr sorgfältig mit externer Unterstützung erfolgen.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!

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