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Erfreuliche Anpassungen des UStAE

BMF-Schreiben zu Umsatzsteuerbefreiung

Zu der Umsatzsteuerbefreiung der eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen erfolgten durch das Jahressteuergesetz 2020 Anpassungen des § 4 Nr. 16 UStG. Zudem hat der Bundesfinanzhof eine Reihe an wegweisenden Urteilen gefällt. Die Grundsätze dieser Urteile sind für Umsätze in allen offenen Fällen anzuwenden und werden nun durch das BMF-Schreiben vom 12. Juli 2023 in den Änderungen des Umsatzsteueranwendungserlass (UStAE) umgesetzt. Im Folgenden werden wir Ihnen einige interessante Änderungen darstellen.

Mittelbare Kostentragung

Nach § 4 Nr. 16 Buchst. m UStG sind die eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen verbundenen Leistungen, die von Einrichtungen, bei denen die Leistungen in mind. 25 % der Fälle ganz oder zum Teil von Kostenträgern vergütet werden, von der Umsatzsteuer befreit. Zur Klarstellung werden die Träger der Sozialversicherung in 4.16.3 Abs. 1a UStAE näher definiert. Die Vergütung der Träger der Sozialversicherung kann nach 4.16.3 Abs. 3a UStAE nF nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar im Sinne einer durchgeleiteten Kostentragung erfolgen. Dies leitet sich aus der zugrunde liegenden Vorschrift des Art. 132 Abs. 1 Buchst. g und h MwStSystRL ab.

Eine solche durchgeleitete Kostentragung erfordere, dass „die Träger und Einrichtungen in Kenntnis der Person des leistungserbringenden Subunternehmers auf Grundlage einer expliziten Entscheidung die Kosten für dessen Leistungen übernehmen“.

Nicht ausreichend ist also die bloße Möglichkeit eines Vertragsschlusses. Vielmehr muss tatsächlich ein Vertrag abgeschlossen werden aufgrund dessen die Vergütung erfolgt. Damit korrespondiert auch die geänderte Rechtsprechung des BFH (BFH, Urt. v. 24.02.2021 – XI R 30/20), welcher wiederum ein Urteil des EuGH zugrunde lag (EuGH v. 8.10.2020 – C-657/19, FA D). Zur Erhöhung der Rechtssicherheit trägt im Kontext dieser Befreiungsvorschrift auch die ausführliche Definition des Begriffs „Fälle“ in 4.16.3 Abs. 3b UStAE nF bei, die sehr konkrete Vorgaben zur Berechnung der 25 % Grenze macht.

Pflegeberatung

Neu in den Umsatzsteueranwendungserlass aufgenommen ist auch eine Regelung zu den sog. Pflegeberatungsleistungen nach § 7a SGB XI. Diese sind nach § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. l UStG umsatzsteuerfrei, wenn sie im Auftrag der gesetzlichen Pflegekassen oder aufgrund von Vereinbarungen mit der privaten Pflege-Pflichtversicherung nach § 7a Abs. 5 SGB XI erbracht werden. Von der Umsatzsteuer befreit können in diesem Zusammenhang auch damit zusammenhängende Schulungskurse und Beratungen sein, wenn eine Beauftragung oder gesetzliche Befugnis vorliegt.

Darüber hinaus nennenswert ist außerdem die explizite Befreiung für Leistungen des Hausnotrufs nach § 40 SGB XI, die Erteilung von Pflegekursen nach § 45 AGB XI und die Erstellung von Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 SGB XI. Der Gesetzgeber hatte zudem schon mit dem JStG 2020 klargestellt, dass auch Einrichtungen von der Steuerbefreiung erfasst sein können, die selbst keine Pflege- oder Betreuungsleistungen, sondern lediglich eng damit verbundene Leistungen erbringen. Die explizite Nennung dieser beiden Möglichkeiten im UStAE dürfte jedoch zumindest die Rechtssicherheit in diesem Bereich zusätzlich stärken.

Des Weiteren sind in 4.16.6 UStAE nF einige Beispiele zu eng und nicht eng verbundenen Umsätze aufgeführt. Demnach sind Verpflegungsdienstleistungen, insbesondere Lieferungen von Speisen, soweit sie eigenständige Leistungen darstellen (z.B. „Essen auf Rädern“) keine eng verbundenen Umsätzen (s. auch 4.16.6 Abs. 3 Nr. 5 UStAE). Inwieweit diese Leistungen jedoch als eigenständig anzusehen sind oder andere Befreiungsnormen anwendbar sind, ist im Einzelfall steuerlich zu würdigen. Bei Fragen zu hierzu unterstützen wir Sie gerne.  

In der Gesamtschau zeigt sich somit ein positives Bild: Das BMF-Schreiben enthält kaum Überraschungen, sondern orientiert sich recht nah an den Vorgaben des BFH und (mittelbar) des EuGH. Es dürfte damit zu einem neuen Grad der Unionsrechtskonformität und einer Steigerung der Rechtssicherheit führen. Gleichzeitig sollte es aber auch zum Anlass genommen werden, die Möglichkeit einer Steuerbefreiung für eng mit der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen oder, soweit bereits die Befreiung in Anspruch genommen wird, die Erfüllung der 25 % Grenze anhand der detaillierten neuen Vorgaben, zu überprüfen.

Wir halten Sie zu diesem Thema gerne auf dem Laufenden. Und sollten Sie vorab schon Fragen haben, melden Sie sich gerne bei unseren Expert:innen, die Ihnen jederzeit zur Verfügung stehen. Jetzt Kontakt aufnehmen!