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Grundsteuerbefreiung bei Pflegeheimen?

Abgeschlossenheit prüfen!

Auf den Stichtag 1. Januar 2022 sind für alle wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes Feststellungserklärungen einzureichen. In diesem Zuge lohnt es sich für gemeinnützige Körperschaften die Vorschriften zur Grundsteuerbefreiung zu prüfen.

Allgemeine Steuerbefreiung für gemeinnützige Körperschaften

Grundsätzlich ist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG der Grundbesitz einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer gemeinnützig oder mildtätig anerkannten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse von der Grundsteuer befreit, soweit der Grundbesitz für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt wird. Dient der Grundbesitz zugleich Wohnzwecken sind darüber hinaus weitere Vorschriften zu beachten. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG sind Wohnräume unter anderem nur dann steuerfrei, wenn deren Überlassung notwendig ist, um die steuerbegünstigten Zwecke zu erreichen.

Die Steuerbefreiung gilt jedoch grundsätzlich nicht, sofern es sich nach § 5 Abs. 2 GrStG bei dem Grundbesitz um eine Wohnung i. S. d. Bewertungsrechts handelt oder Gebäude vorliegen, welche, ggf. anteilig im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes verwendet oder an nicht begünstigte Dritte (z. B. gewerbliche Unternehmen) zu deren Nutzung überlassen werden. Das Merkmal einer Wohnung ist nach der Rechtsprechung des BFH auch dann erfüllt, wenn ein Verbund von (mehreren) Wohnräumen, die für sich allein das Merkmal einer Wohnung nicht erfüllen, zusammen mit Räumlichkeiten, die eine Speiseversorgung ermöglichen, nach außen im bewertungsrechtlichen Sinne eine sog. „Abgeschlossenheit“ aufweist.

Pflegeheime in der Alten-/Eingliederungshilfe – Merkmal der Abgeschlossenheit von Wohnräumen

Das Merkmal der Abgeschlossenheit spielt bei der Frage, ob ein Verbund von Wohnräumen die Voraussetzungen der Grundsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG erfüllt, eine wichtige Rolle.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) müssen die Wohnungen in einem Verbund von Wohnräumen für sich genommen abgeschlossen sein und über eine eigene Zugangsmöglichkeit verfügen, um als "abgeschlossene Wohnungseinheiten" im Sinne von § 5 Abs. 2 GrStG angesehen zu werden. Dies bedeutet, dass jede Wohnung über eine eigene Eingangstür verfügen muss, die von außen zugänglich ist und eine räumliche Abgrenzung zu den anderen Wohnungen aufweist.

Zudem müssen die Wohnungen so beschaffen sein, dass sie unabhängig voneinander genutzt werden können, d. h. es darf keine gemeinsame Nutzung von sanitären Anlagen oder Küchen geben.

Es ist jedoch auch möglich, dass mehrere abgeschlossene Wohnungen durch Verbindungstüren oder -flure miteinander verbunden sind, solange diese Verbindungen lediglich der Erreichbarkeit der Wohnungen dienen und keine gemeinschaftliche Nutzung von Räumen ermöglichen. Besondere Aufmerksamkeit ist bei der Argumentation pro Grundsteuerbefreiung der Beschreibung der Gebäudesituation hinsichtlich den Verbindungstüren zu widmen, die zum Beispiel aus Gründen der Gefahrenabwehr während des täglichen Geschäftsbetriebs regelmäßig geöffnet sind.

Zusammenfassend erfüllt (auch) ein Verbund von Wohnräumen die Voraussetzungen der Grundsteuerpflicht nach § 5 Abs. 2 GrStG in Bezug auf das Merkmal der Abgeschlossenheit, wenn ein Verbund von Wohnraumen zusammen mit Funktionsräumen wie zum Beispiel Speiseräumen für sich genommen innerhalb eines Gebäudes das Merkmal der Abgeschlossenheit erfüllt, indem er über eigene Zugangsmöglichkeiten verfügt bzw. unabhängig von den anderen Wohneinheiten genutzt werden kann.

Fazit und weiteres Vorgehen nach dem 31. Januar 2023

Nach erfolgter Abgabe der Grundsteuerwerterklärung ist in einigen Bundesländern festzustellen, dass die Finanzbehörden hinsichtlich der Geltendmachung einer Grundsteuerbefreiung für Pflege(wohn)heime in der Alten- oder Eingliederungshilfe vereinzelt prüfen, ob bei einem Verbund von Wohnräumen, die für sich allein betrachtet das Merkmal einer Wohnung im Sinne des § 5 Abs. 2 GrStG nicht erfüllen, ggf. unter räumlicher Einbeziehung von sog. Funktionsräumen wie zum Beispiel Speiseräumen die Merkmale einer Wohnung und damit eine Grundsteuerpflicht dennoch gegeben sind.

Unsere Empfehlung lautet die Vorschriften der Steuerbefreiungen hier genau zu prüfen und der Finanzverwaltung die Merkmale der sog. fehlenden Abgeschlossenheit detailliert nachzuweisen.  Auch wenn die Feststellungserklärung bereits an die Finanzverwaltung übermittelt wurde, kann im Wege eines Einspruchsverfahren versucht werden, die Steuerbefreiung geltend gemacht werden. Es besteht unseres Erachtens hier keine Notwendigkeit eine erneute Feststellungserklärung einzureichen.

Die Frist zur Abgabe der Feststellungserklärungen ist weitestgehend bereits am 31. Januar 2023 abgelaufen – ausgenommen hiervon sind die in Bayern belegenen Grundbesitzwerte. Bayern hat als einziges Bundesland eine weitere Fristverlängerung um drei Monate gewährt.

Sollte Ihnen eine fristgerechte Abgabe nicht möglich gewesen sein, empfehlen wir in jedem Fall Fristverlängerungen zu beantragen. Wir gehen davon aus, dass verspätete Abgaben der Feststellungserklärungen in den nächsten Monaten voraussichtlich noch nicht von der Finanzverwaltung sanktioniert werden und vorerst an die Abgabe der Feststellungserklärungen erinnert wird. Gerne stehen wir Ihnen bei allen Herausforderungen zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!

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