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Hebamme darf trotz Kirchenaustritt weiterarbeiten

Antrag der Klägerin auf Weiterbeschäftigung

In dem Verfahren vor dem BAG ging es um eine Hebamme, die bereits einige Jahre für das beklagte Krankenhaus tätig gewesen ist. Nach dem Ende ihrer Beschäftigung trat sie aus der Kirche aus. Später bewarb sie sich um eine Neuanstellung bei ihrem alten Arbeitgeber, wobei ihre Kirchenzugehörigkeit während des Bewerbungsprozesses nicht thematisiert wurde.

Erst nach der Aufnahme ihrer Tätigkeit wurde das Krankenhaus auf den Wegfall der Zugehörigkeit zur katholischen Kirche aufmerksam. Die Hebamme erklärte sich nicht zum Wiedereintritt in die Kirche bereit, woraufhin ihr noch in der Probezeit gekündigt wurde.

Der Rechtsstreit lag dem BAG unter dem Az. 2 AZR 130/21 zur Entscheidung vor, weil die klagende Hebamme eine Diskriminierung wegen der Religion und damit einen Verstoß gegen §§ 1, 7 AGG behauptete. Das beklagte Krankenhaus beschäftigte nämlich gleichwohl Mitarbeitende, die nie einer Kirche angehört haben. In Fällen einer diskriminierenden Ungleichbehandlung ist auch während der Probezeit, in der noch nicht der gesetzliche Kündigungsschutz greift, eine Kündigung rechtswidrig. Das Krankenhaus hat sich seinerseits auf die mit dem Austritt verbundene Erklärung über die Abkehr von der katholischen Kirche und die Ablehnung der christlichen Werte berufen.

Während sich das zuständige Arbeitsgericht sowie das Landesarbeitsgericht uneinig waren, hat das BAG das Verfahren mit Beschluss vom 21.07.2022 ausgesetzt und zunächst dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt.

Dieser sollte die Frage beantworten, inwieweit § 9 Abs. 1 AGG unionsrechtskonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmenden aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen gerechtfertigt sein kann.

Vor dem EuGH fand bereits eine mündliche Verhandlung statt. Noch vor der Entscheidung des EuGH hat das beklagte Krankenhaus den Weiterbeschäftigungsantrag der Hebamme anerkannt, sodass der weitere Termin aufgehoben wurde und das Verfahren vor dem BAG durch Anerkenntnisurteil vom 14.12.2023 beendet worden ist.

Nun lässt sich nur mutmaßen, was das Krankenhaus zu dieser Erklärung bewogen haben mag. Es könnte eine bereits in der mündlichen Verhandlung deutlich gewordene Tendenz des EuGH gewesen sein. Dieser hatte bereits in der Vergangenheit eine klare Tendenz gegen kirchenrechtliche Sonderwege erkennen lassen.

Letztlich ist aber zu erwarten, dass es zu weiteren Verfahren kommen wird, da die bisherige Praxis kirchlicher Arbeitgeber zwar in Bezug auf die Beschäftigung von Mitarbeitenden anderer Glaubensgemeinschaften oder ohne Kirchenzugehörigkeit toleranter geworden ist, allerdings der Umgang mit Kirchenaustritten während der Beschäftigung fortgeführt werden wird. Nur in Ausnahmefällen soll davon Abstand genommen werden. So hat es die Bischofskonferenz zuletzt Ende 2022 noch einmal ausdrücklich festgehalten. Aber auch bei der evangelischen Kirche wird bei einem Kirchenaustritt weiterhin die Auswirkung auf und die Bedeutung für das Arbeitsverhältnis geprüft und ggf. die Notwendigkeit einer Kündigung festgestellt.

Letztlich kommt es bei der Bewertung des Kirchenaustritts für das Arbeitsverhältnis auch immer darauf an, in welcher Position der/die Mitarbeiter:in beschäftigt wird. Wir stehen Ihnen bei Fragen im Umgang mit Einzelfällen gerne mit unserer Expertise und Erfahrung zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!