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Insolvenz: Die Eigenverwaltung als Chance

Neustrukturierung und Ausrichtung für die Zukunft

Unternehmen der Sozialwirtschaft stehen derzeit vor immensen wirtschaftlichen Herausforderungen. Hervorzuheben ist insbesondere der anhaltende Personalmangel, einhergehend mit steigenden Personalkosten. Hinzukommen gestiegene Energiekosten, Zinsen und Mieten sowie die stetig komplexer werdenden Anforderungen an eine energetische Sanierung. Vor diesem Hintergrund müssen sich viele gemeinnützige Körperschaften ernsthaft damit auseinandersetzen wie die Refinanzierbarkeit der gemeinnützigen Tätigkeiten gesichert werden kann.

Mit dem Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen aus 2012 schuf der Gesetzgeber Anreize für Unternehmen möglichst zeitnah die Umstrukturierung in Angriff zu nehmen, um die Zukunft des Betriebes zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten.

Einer dieser Anreize ist das Eigenverwaltungsverfahren.

Die Eigenverwaltung ist eine Sonderform des Insolvenzverfahrens. Zu den Besonderheiten zählt insbesondere, dass der Schuldner in Eigenregie die, aus seiner Sicht, notwendigen Schritte einleiten kann unter der Aufsicht eines, vom Gericht bestellten Sachwalters. Dadurch bleibt der Ansprechpartner für Lieferanten, Kreditgeber und auch die Arbeitnehmer ein bekanntes Gesicht, was für einen Vertrauensvorschuss sorgen kann.

Positiv zu bewerten ist, dass die vorläufige Eigenverwaltung – im Gegensatz zum vorläufigen Regelinsolvenzverfahren – nicht veröffentlicht wird.

Der Begriff der Eigenverwaltung wird im Vergleich zur Insolvenzverwaltung auch nicht negativ konnotiert. Ebenso bestehen Kostenvorteile, da die Vergütung des Sachwalters geringer ausfällt als die des Regelinsolvenzverwalters.

Im Gegensatz zu einem Regelinsolvenzverfahren, welches sich über mehrere Jahre hinziehen kann, sind Eigenverwaltungsverfahren innerhalb von 6 bis 9 Monaten abgeschlossen. Dies gelingt durch den Fokus auf einen Insolvenzplan, welcher das Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Gläubigern neu aufstellt. Durch die Zielsetzung auf Betriebsfortführung und -erhaltung bleibt die Gemeinnützigkeit bestehen und das Unternehmen kann weiterhin im Rahmen seiner satzungsmäßigen Zwecke tätig werden und z. B. Spenden entgegennehmen.

Das folgende Beispiel soll aufzeigen, wie die Eigenverwaltung ablaufen kann.

Im Januar beantragt das gemeinnützige Unternehmen beim zuständigen Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die vorläufige Eigenverwaltung. Der Grund der Schieflage ist ein defizitärer Teilbetrieb mit ungünstiger Vertragskonstellation, z. B. ein mit ungünstigen Kündigungskonditionen versehener Mietvertrag. Das Amtsgericht bestätigt den Antrag und ernennt einen vorläufigen Sachwalter, welcher als Überwachungsorgan fungiert. Die Geschäftsführung wird nun zusammen mit den Gläubigern einen Insolvenzplan ausarbeiten und ist vor Vollstreckungsmaßnahmen geschützt. Zudem besteht die Möglichkeit, die Lohnzahlungen für 3 Monate im Rahmen einer Insolvenzgeldvorfinanzierung zu beantragen. In dem Beispielsfall konnte so eine zusätzliche Liquidität von ca. 300 T€ gewonnen werden, weil entsprechende Lohnansprüche durch die Bundesagentur für Arbeit finanziert und als Insolvenzforderung lediglich zur Tabelle angemeldet wurden.

Nach Ablauf der 3 Monate wird das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Die Geschäftsführung kann nun den mit dem Sachwalter und dem Gläubigerausschuss abgestimmten Insolvenzplan vorlegen. Die Geschäftsführung macht sich hierbei die rechtlichen Vorteile des Insolvenzrechts zu Nutze und kann im Rahmen der Sanierung Verträge unter Ausschluss ungünstigerer, vertraglicher Fristen kündigen und sich so von Lasten befreien. Der Insolvenzplan muss dabei aufzeigen, dass die getroffenen Maßnahmen sowohl im Sinne der Gläubiger als auch mit Blick auf die Fortführung des Unternehmens die bestmöglichen sind.

In dem Beispiel wird der Insolvenzplan nach Abstimmung mit allen Beteiligten dem Gericht einen Monat nach Eröffnung vorgelegt. Der Insolvenzplan zeigt auf, dass die Maßnahmen zu einer insgesamt höheren Befriedigung der Gläubiger führt als z. B. eine Liquidation im Rahmen der Regelinsolvenz. Der Insolvenzplan trifft entsprechende Regelungen wie z. B. den Verzicht auf einen gewissen Prozentsatz der Forderungen durch die Gläubiger. Dies betrifft in der Regel alle Gläubiger, auch solche, welche nicht am Insolvenzplan mitgewirkt oder ihm widersprochen haben.

Mit Vorlage und Bestätigung des Insolvenzplans ist das Verfahren bereits nach 5 Monaten aufgehoben. Das Unternehmen konnte sich erfolgreich neu aufstellen und Altlasten abstoßen. Möglich war dies nur, weil die Geschäftsführung sehr früh das Verantwortungsbewusstsein zeigte und die notwendigen Schritte ging, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern.

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