Neuigkeiten

KI in der Abschlussprüfung

Der aktuelle Stand

In der Welt der Wirtschaft sind Vertrauenswürdigkeit und Genauigkeit von Jahresabschlüssen und Lageberichten von großer Bedeutung. Um dieses hohe Maß an Qualität zu gewährleisten, werden Abschlussprüfer:innen beauftragt, die Jahresabschlüsse zu prüfen. Wie werden zukunftsorientierte Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) diese Aufgabe beeinflussen?

Wachsendes Datenvolumen als Herausforderung

Schon seit mehreren Jahrzehnten setzen Abschlussprüfer:innen Software zur Prüfungsunterstützung ein. Durch die zunehmende Vernetzung der IT-Systeme wächst das Datenvolumen exponentiell an. Dies betrifft auch die Erfassung, Aufbereitung und Auswertung rechnungslegungs-relevanter bzw. prüfungsrelevanter Informationen.

Hinzu kommt, dass die rasanten technologischen Entwicklungen auch vor der Wirtschaftsprüfungspraxis nicht haltmachen. Der Einsatz von KI und Maschinellem Lernen (ML) verspricht, die Effizienz und Effektivität der Prüfungsprozesse zu verbessern. Gleichzeitig birgt er jedoch auch neue Herausforderungen.

Im Zentrum des Wandels steht aktuell das ML, eine Teildisziplin der KI, die auf der Idee „Lernen statt programmieren“ basiert. Anstatt Software zur Prüfungsunterstützung mit einem mehr oder minder komplexen Regelwerk zu programmieren, sollen die aktuell entwickelten und zukünftigen Lösungen auf Basis von Daten und Algorithmen das menschliche Lernen simulieren und „eigenständig“ Lösungsvorschläge entwickeln. Die ML-Verfahren, einschließlich Tiefem Lernen (Deep Learning), ermöglichen es, große Datenmengen schneller zu verarbeiten und auszuwerten, als der Mensch dies könnte. Durch Maschinelles Lernen verbessern sich diese Systeme kontinuierlich und " erlernen" immer mehr Wissen.

KI in unterschiedlichen Bereichen der Abschlussprüfung

KI kann in unterschiedliche Phasen der Abschlussprüfung zum Einsatz kommen. Sie kann in der Planungsphase eingesetzt werden, um Unternehmensinformationen und das rechtliche und wirtschaftliche Umfeld zu analysieren. Intelligente Dokumentenerfassung (IDP), als Kombination aus Optical Character Recognition (OCR) und KI kann Informationen aus strukturierten und unstrukturierten Dokumenten extrahieren, um relevante Daten aus Verträgen, Protokollen und anderen Dokumenten zu gewinnen. Insbesondere bei der Transaktionsanalyse sind KI-Technologien nützlich, um Anomalien von Geschäftstransaktionen wie inkonsistente Transaktionen und Muster zu erkennen, die auf potenzielle Fehler, betrügerische Aktivitäten oder finanzielle Instabilität hinweisen. Dies kann den Abschlussprüfer oder die Abschlussprüferin dabei unterstützen, Risikobereiche zu identifizieren und diese schwerpunktmäßig zu bearbeiten.

"Die ausgewogene Kombination von techno- logischen Innovationen und fachlichem Know-how ist entscheidend."

Im Rahmen der Durchführung von Kontrollprüfungen können KI-Technologien zur Überprüfung der Wirksamkeit interner Kontrollmechanismen und Prozesse eingesetzt werden. Sie ermöglichen eine detailliertere Prozessanalyse sowie eine Analyse der Kontrollumgebungen und helfen bei der Identifizierung von Schwachstellen. Bei der Einzelfallprüfung können beispielsweise per IDP relevante Daten in Verträgen, Rechnungen und anderen Dokumenten ausgelesen werden und die erfassten Informationen dann automatisch oder halbautomatisch geprüft und den entsprechenden Bestellungen oder Lieferscheinen zugeordnet werden.

Im Bereich der Prüfung von Lageberichten können prognostische Analysen versuchen, zukünftige finanzielle Entwicklungen und potenzielle Risiken vorherzusagen, und die Angaben des Mandanten verifizieren

Vorteile durch den Einsatz von KI

Zu den Vorteilen, die sich durch den Einsatz von KI in der Abschlussprüfung ergeben, zählt, dass durch die automatisierte Erfassung und Analyse von Daten Abschlussprüfer:innen effizienter und menschliche Fehler minimiert werden können. In großen Datenmengen lassen sich mittels KI ungewöhnliche Transaktionen oder Buchungen identifizieren, was wiederum dazu führen kann, potenzielle Fehler oder Betrugsfälle schneller aufzudecken und die Qualität der Prüfung weiter zu verbessern. Durch eine automatisierte Belegprüfung lässt sich der Prüfungsprozess beschleunigen. Dies wiederum ermöglicht den Abschlussprüfer:innen, sich intensiver auf kritische Bereiche zu konzentrieren. Auch können große Mengen unstrukturierter Daten aus verschiedenen Quellen zusammengeführt und analysiert werden. Dies kann ebenfalls zur Erhöhung der Prüfungsqualität beitragen.

Die Kehrseite der Medaille

Eine weitere Herausforderung ist neben der eigentlichen, sehr aufwendigen und teuren Entwicklung von KI und ML die Schulung von Fachwissen. Daneben sind zusätzlich zu einer soliden technischen Infrastruktur das Management großer Datenmengen und die Sicherstellung ihres Schutzes und ihrer Integrität wesentliche Aufgaben. Darüber hinaus wirft der Einsatz von KI in der Wirtschaftsprüfung Fragen des Datenschutzes, der Sicherheit und der ethischen Verantwortbarkeit auf. Dabei ist entscheidend, dass diesbezüglichen Bedenken durch transparente Praktiken und die Einhaltung rechtlicher Vorschriften begegnet wird. Als Angehörige eines freien Berufes sind Wirtschaftsprüfer:innen gewohnt, eigenverantwortlich zu handeln. Dies wirft die Frage auf, ob sie sich dem „Diktat“ von Maschinen unterwerfen bzw. wie sie damit umgehen.

Hinzu kommt, dass die Einbindung von KI in bestehende Prüfungsprozesse eine strategische Planung und Implementierung erfordert. Es muss ein Gleichgewicht zwischen der Nutzung neuer Technologien und der Beibehaltung bewährter Prüfungsmethoden gefunden werden. Nicht zuletzt existieren auch technische Herausforderungen in der KI selbst, die es zu lösen gilt. Beispielsweise zielt Natural Language Processing (NLP) darauf ab, Maschinen zu schaffen, die Text oder Sprachdaten ähnlich wie Menschen verstehen und darauf reagieren können. Die menschliche Sprache ist jedoch häufig mehrdeutig, was es schwierig macht, Lösungen zu entwickeln, die die beabsichtigte Bedeutung von Text- oder Sprachdaten genau bestimmen. Verschiedene Schwierigkeiten wie Sarkasmus, Metaphern und vieles mehr sind dabei zu bewältigen.

Fazit

Der Einsatz von KI und ML in der Abschlussprüfung bringt sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Während KI-Verfahren in der Abschlussprüfung effizientere Datenanalysen, eine verbesserte Risikobewertung und tiefere Einsichten erwarten lassen, erfordern sie neue Kenntnisse, eine robuste Infrastruktur und eine sorgfältige Auseinandersetzung mit rechtlichen sowie ethischen Aspekten. Die erfolgreiche Integration dieser Technologien ist nur möglich durch eine ausgewogene Kombination von technologischer Innovation, fachlichem Know-how und strategischem Management.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!

Erfahren Sie auch mehr zu unserer Mandantenzeitschrift Curacontact.