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Nachhaltige und optimierte Energieversorgung

Steuerliche Rahmenbedingungen für eigene Energieerzeugung

In Zeiten von Krieg und Klimawandel ist die Energiewende eines der wichtigsten Ziele von Politik und Gesellschaft. Die Bundesregierung forciert die Transformation des bestehenden fossil-nuklearen Energiesystems hin zu einem nachhaltigen Energiesystem auf Basis der erneuerbaren Energien. Auch Unternehmen der Gesundheits- und Sozialbranche beschäftigen sich intensiv damit, wie der Energiebedarf zukünftig nachhaltig gestillt und effizient umgestaltet werden kann.

Der bundesdeutsche Gesetzgeber sowie die europäische Kommission intensivieren und beschleunigen derzeit ihre Bemühungen, Unternehmen und Verbraucher zu einer nachhaltigen Energienutzung und zur Stromerzeugung auf Basis von erneuerbaren Energien zu motivieren. Als wesentliche Maßnahmen wären beispielsweise die umfangreiche Förderung von energetischen Sanierungen, verschiedene Befreiungs- und Entlastungsmöglichkeiten von Strom- und Energiesteuer oder auch die steuerliche Förderung von Elektro- und Hybridfahrzeugen zu nennen. Auch die zukünftig für viele Unternehmen der Sozial- und Gesundheitsbranche verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung ist Anlass, sich mit Energieversorgungsalternativen zu beschäftigen. Da eine Unabhängigkeit von globalen Energiemärkten im Wesentlichen über den Energieträger Strom erreicht werden soll, gilt es für unsere Mandantschaft, die Besonderheiten des Energiesteuerrechts und des Gemeinnützigkeitsrechts in Einklang zu bringen. Am Beispiel der Photovoltaik-Anlage möchten wir eine erste Orientierung geben.

Stromsteuerrechtliche Grundlagen

Stromsteuer entsteht, wenn ein Letztverbraucher Strom aus dem Stromnetz zum Selbstverbrauch entnimmt, den dieser von einem Stromversorger bezieht. Stromversorger ist jeder, der Strom liefert. Sofern also Unternehmen (auch solche des Sozial- und Gesundheitswesens) Strom an Dritte liefern, gelten sie als Versorger im Sinne des Stromsteuergesetzes. Ein Versorgerstatus wird erlangt, wenn beispielsweise Strom aus einer PV-Anlage an einen externen Cafeteria-Betreiber in der Pflegeeinrichtung oder im Krankenhaus geliefert wird. Achtung: Auch verbundene Unternehmen sind wie externe Dritte zu behandeln! Selbst die Stromlieferung über Ladevorrichtungen für Hybrid- und Elektrofahrzeuge (Wallboxen) an Mitarbeiter:innen oder betriebsfremde Dritte kann regelmäßig den Versorgerstatus auslösen und führt zu erheblichen energierechtlichen und steuerrechtlichen Folgewirkungen.

Stromsteuerbefreiungen

Als Fördermaßnahme bleibt der Strom, der in Anlagen bis zu 2 MW aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, steuerfrei, wenn der Strom durch den Erzeuger selbst oder einen dritten Letztverbraucher in räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnommen wird. Dieser räumlichem Zusammenhang ist aus Sicht des Bundesfinanzhofes gegeben, wenn die Entnahme innerhalb eines Radius von 4,5 Kilometern um die Erzeugungsanlage erfolgt. Die Steuerbefreiung gilt auch für Strom, der in hocheffizienten KWK-Anlagen – beispielsweise Blockheizkraftwerken – erzeugt wird. Die steuerbefreite Entnahme von Strom ist an enge Rahmenbedingungen geknüpft. So ist in Abhängigkeit von der Größe der Erzeugungsanlage eine Erlaubnis des zuständigen Hauptzollamtes notwendig. Die Generalzolldirektion verlangt für eine solche Erlaubnis Einzelaufstellungen und vertragliche Grundlagen zu den entnommenen Strommengen. Das führt regelmäßig dazu, dass die Abgabe von Strom an eine Vielzahl von Kunden – beispielsweise über eine Ladevorrichtung für Elektrofahrzeuge – nicht von der Stromsteuer befreit werden kann.

Contracting

Die Stromsteuerbefreiung ermöglicht auch das sogenannte (Energieliefer-)Contracting. Im Rahmen des Contractings übernimmt ein Contractor die dezentrale Strom- oder Wärmeversorgung eines abgegrenzten Raumes. Unter Anwendung von hocheffizienten KWK-Anlagen oder Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien können Energieunabhängigkeit herbeigeführt und Steuervorteile genutzt werden.

Weitere Entlastungsmöglichkeiten

Unternehmen des produzierenden Gewerbes können auf Antrag von versteuertem Strom entlastet werden. Die Entlastung beträgt derzeit 5,13 Euro je Megawattstunde. Unternehmen gehören zum produzierenden Gewerbe, wenn sie den Abschnitten C, D, E und F der Klassifikation der Wirtschaftszweige zugeordnet werden können. Demnach können unter anderem Servicegesellschaften, die beispielsweise die Speisenversorgung sicherstellen, von der Stromsteuer entlastet werden. Auch Werkstätten für behinderte Menschen im Sinne des § 219 SGB IX gehören explizit zu den Unternehmen des produzierenden Gewerbes, wenn sie Leistungen erbringen, die den Leistungen der oben genannten Abschnitte der Klassifikation der Wirtschaftszweige zugeordnet werden können.

Gemeinnützigkeitsrecht

Bei allen energiewirtschaftlichen Überlegungen müssen steuerbegünstigte Unternehmen stets gemeinnützigkeitsrechtliche Restriktionen und abgaberechtliche Folgewirkungen beachten. Bei entsprechenden Investitionen ist genau zu prüfen, in welcher Sphäre der erzeugte Strom genutzt werden wird. Hier ist deutlich zu unterscheiden, ob die Energieerzeugung dem originären Zweckbetrieb oder steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben dienen soll. So können z. B. Stromlieferungen an Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge von Mitarbeiter:innen oder auch an andere externe Dritte einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründen, welcher deklarationspflichtig ist und regelmäßig Ertragsteuer auslöst. Gleiche Wirkung entfaltet auch die Einbindung eines sog. Contractors. In derartigen Konstellationen dürfte die PV-Anlage nicht/nur anteilig mit gemeinnützigen Mitteln finanziert werden. Gleichzeitig eröffnet die reformierte Abgabenordnung nun unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit, Energielieferungen als steuerbegünstigte Zweckbetriebsleistungen zu kategorisieren, was erhebliches steuerliches Gestaltungspotenzial birgt.

Umsatzsteuer

Die Lieferung von Strom an einen Dritten, unabhängig davon, ob der Energiebedarf einer Immobilie oder lediglich einer Ladestation gedeckt wird, begründet regelmäßig einen umsatzsteuerbaren Leistungsaustausch. Dieser ist mangels Umsatzsteuerbefreiung steuerpflichtig; selbst dann, wenn Mitarbeiter:innen den Strom z. B. an Ladevorrichtungen un- oder teilentgeltlich laden können. Die Steuerlast wird dadurch abgemindert, dass für den Fall der Umsatzsteuerpflicht aus den Anschaffungskosten sowie aus den laufenden Aufwendungen (anteilig) Vorsteuer gezogen werden kann.

FAZIT

Unternehmen, die Energie selbst und unabhängig erzeugen möchten, müssen sich mit tiefgreifenden steuerlichen Regelungen beschäftigen. Das Stromsteuergesetz bietet verschiedene Begünstigungsregelungen, um Anlagenbetreiber zu entlasten. Um die Vergünstigungen nutzen zu können, bedarf es einer dezidierten steuerlichen Überprüfung, bevor Investitionen getätigt werden können. Hierbei sind die gemeinnützigkeitsrechtlichen und umsatzsteuerrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!