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Tipps für Vergütungsverhandlungen

Ausgesuchte Tipps für Leistungserbringer

Gewinnzuschlag in der Eingliederungshilfe

Das Bundessozialgericht (BSG) hat erstmals für den Bereich Eingliederungshilfe am 08.12.2022 (Aktenzeichen: B 8 SO 8/20 R) entschieden, dass die Vergütung für stationäre Leistungen der Eingliederungshilfe so zu bemessen ist, dass bei wirtschaftlicher Betriebsführung auch eine Gewinnchance angemessen berücksichtigt wird. Die Gewinnchance gleiche dabei das Unternehmerrisiko aus. Die Abbildung von Risiken bzw. Gewinnchancen im Vergütungssatz könne realisiert werden über die Gestehungskosten oder die Auslastungsquote oder einen Zuschlag.

Das Verwaltungsgerichts München (Urteil vom 21.06.2023, Aktenzeichen: M 18 K 22.3408) hat sich für das Vereinbarungsrecht der Kinder- und Jugendhilfe (§§ 78a ff. SGB VIII) dieser Rechtsprechung des BSG angeschlossen.

Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber durch Anwendung von Tarif oder AVR

Schon vor der Reform durch das Bundesteilhabegesetz war klar:

Die Bezahlung tariflich vereinbarter Vergütungen sowie entsprechender Vergütungen nach kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen kann vom Leistungsträger nicht als unwirtschaftlich abgelehnt werden, § 124 SGB IX. Allerdings empfehlen wir dringend, die Anwendung von Tarif oder AVR erst umzusetzen, wenn diese über die Vergütung auch refinanziert ist.

Denn zum einen können die Verhandlungen mit dem Leistungsträger grundsätzlich langwierig sein. Zum anderen will dieser sie oftmals mit dem Hinweis ablehnen, der Tarif werde ja noch gar nicht angewandt; dieser Hinweis greift natürlich nicht, denn die Verhandlungen werden stets prospektiv geführt und die Weitergabe der betreffenden Vergütungsbestandteile an die Beschäftigten kann mit dem Leistungsträger vertraglich vereinbart werden.

Refinanzierung außertariflicher Geschäftsführergehälter

Die Refinanzierung von Vorstands- und Geschäftsführergehältern ist allerorts Thema. Eine Schiedsstellenentscheidung aus Schleswig-Holstein schafft hier erste Klärung: tarifvertragliche Regelungen stünden der geltend gemachten Refinanzierung außertariflicher Geschäftsführergehälter nicht entgegen. Ferner sei im konkreten Fall die wirtschaftliche Angemessenheit des Gehalts gegeben. Die von dem Leistungserbringer vorgelegte Gehaltstudie (Benchmarking) aus dem Bereich des Gesundheitswesens und Sozialwirtschaft beinhalte entsprechende Erhebungen aus verschiedenen Datenbanken, die verdeutlichten, dass die in Rede stehende Vergütung innerhalb der Vergütung von Geschäftsführern oder Vorständen vergleichbarer Unternehmen liegt.

Der Gesetzgeber im Bereich Pflege (SGB XI) bestärkt Leistungserbringer zusätzlich, diesen Weg über Verhandlungen weiter zu gehen, wenn er im Zuge des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) als Grund für einen höheren Pflegesatz auch eine übertarifliche Bezahlung z. B. von Leitungs- und Führungskräften oder das Erfordernis, aufgrund einer besonders herausfordernden Fachkräftesituation in der Region wettbewerbsfähige Löhne zu zahlen, benennt.

Keine Anwendung von Vergaberecht

Die Vergabe mit dem Ziel, die Leistungen – in dem hier zu entscheidenden Fall – der Schulbegleitung auf die über den Zuschlag bestimmten Vertragspartner zu übertragen, widerspricht dem im SGB XII und im SGB IX vorgesehenen Versorgungssystem, so entschied das BSG am 22.05.2023, Aktenzeichen B 8 SO 12/22 R. Den Leistungsträger treffe die Pflicht, den Leistungsanspruch der Berechtigten durch Abschluss vertraglicher Vereinbarungen nach §§ 75 ff SGBXII beziehungsweise §§ 123 ff SGBIX sicherzustellen, und zwar im Sinne einer dem Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten entsprechenden Pluralität der Leistungserbringer.

Weitere Tipps z. B. in Bezug auf Auslastungsquoten, Refinanzierung von Investitionsmaßnahmen und zunehmenden gesetzlichen Vorgaben (Hinweisgeberschutzgesetz, Nachhaltigkeitsbericht etc.) und insbesondere auch in Hinblick auf Vergütungskürzungen nach Qualitätsprüfungen sprengen den Umfang dieses Beitrags.

Sprechen Sie uns daher gerne darauf an! Wir beraten Sie gerne.