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Umsatzsteuerpflicht von Aufsichtsräten

Erleichterungen in Sicht?

Mitglieder von Aufsichtsräten erhalten regelmäßig Vergütungen und Aufwandsentschädigungen für die Teilnahme an Sitzungen oder für anderweitige Tätigkeiten im Rahmen der Kontrollfunktion. Die Tätigkeit kann grundsätzlich eine Umsatzbesteuerung auslösen, wenn es sich um eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen handelt, die selbstständig ausgeübt wird.

Die Finanzverwaltung sieht insbesondere das Kriterium der Selbstständigkeit und damit die Unternehmereigenschaft als gegeben an, wenn das Aufsichtsratsmitglied zu mindestens 10 % variabel vergütet wird.

Folge ist eine Umsatzbesteuerung der für die Tätigkeit vereinnahmten Entgelte. Diese Auffassung muss nach aktueller Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (21.12.23, C-288/22) als überholt betrachtet werden.

In dem kürzlich dem EuGH vorgelegten Fall ging es um ein Mitglied von Verwaltungsräten verschiedener Aktiengesellschaften. In dieser Funktion übernahm er – nach luxemburgischen Recht zulässig – sowohl Überwachungs- als auch Geschäftsführungstätigkeiten und erhielt dafür von den jeweiligen Gesellschaften Tantiemen, deren Höhe durch Beschluss der Hauptversammlung der Aktionäre festgelegt wurde. Wesentlicher Streitpunkt war die Einordnung als selbstständige oder nichtselbstständige Tätigkeit.

Ob eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, entscheide sich danach, ob ein Unterordnungsverhältnis besteht. Dazu sei unter anderem heranzuziehen,

  • ob der Betroffene seine Tätigkeiten im eigenen Namen,
  • auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübt und
  • ob er unmittelbar das mit der Ausübung dieser Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt.

Ein Indiz für Unselbstständigkeit sei in diesem Zusammenhang dann auch eine Unabhängigkeit der Vergütung von etwaigen Verlusten der Gesellschaft.

Damit erscheint die Auffassung der Finanzverwaltung nun hinfällig. Gerade die für eine Selbstständigkeit geforderte unmittelbare Verantwortlichkeit im Sinne eines unmittelbaren Haftungsrisikos und eines wirtschaftlichen Risikos des Aufsichtsratsmitglieds dürfte regelmäßig nicht vorliegen. Auch die von der Finanzverwaltung vorgenommene Abgrenzung anhand der Art der Vergütung – variabel oder fest – hat entsprechend nach Auffassung des EuGH keine Auswirkungen auf die Einordung als umsatzsteuerlicher Unternehmer und einer damit einhergehenden Besteuerung der Vergütungen.

Aufsichtsräte sollten daher ihre Vergütung und eine etwaige Umsatzsteuerbelastung hinterfragen und entlang der vom EuGH aufgestellten Grundsätze neu bewerten. Gerne unterstützen wir Sie dabei. Jetzt Kontakt aufnehmen!

Exkurs

Der EuGH hat auch eine Entgeltlichkeit der Tätigkeiten geprüft. Der für eine Entgeltlichkeit nötige unmittelbare Zusammenhang liege dann vor, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die vom Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet. Dem stehe weder entgegen, wenn eine Vergütung unter dem Selbstkostenpreis oder unter dem normalen Marktpreis liege, noch wenn die Vergütung in Form eines im Voraus bestimmten Pauschalbetrags erfolgt. Daher wurde die Frage der Entgeltlichkeit im vorliegenden Fall bejaht.