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WBVG als modernes Verbraucherschutzgesetz

Debatte zur Reform des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzes

Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) ist im Jahr 2009 in Kraft getreten und hat zum Ziel, ältere und pflegebedürftige sowie volljährige Menschen mit Behinderungen vor Benachteiligungen zu schützen. Nun steht zur Debatte, den Verbraucherschutz des WBVG weiter auszuweiten.

Hintergrund des Reformverlangens ist, dass sich 14 Jahre nach Einführung des WBVG unter Würdigung der höchstrichterlichen Rechtsprechungen und den Erfahrungen in der Praxis weiterer Klarstellungs- und Regelungsbedarf ergeben hat.

Ausgangspunkt hierbei sind die Besonderheiten, die mit diesem Vertragsverhältnis einhergehen. Denn die Heimbewohner stehen in doppelter Abhängigkeit zum Heimbetreiber, da sie sowohl auf Überlassung des Wohnraumes als auch auf Pflege- und Betreuungsleistungen angewiesen sind. Zudem sind die entsprechenden gesetzlichen Regelungen vielschichtig und die Verbraucher sind aufgrund des fortgeschrittenen Alters, einer Pflegebedürftigkeit oder einer Behinderung in der Regel in der schwächeren Position. Zudem gibt es Schnittstellen im SGB V und SGB IX, die zur Unübersichtlichkeit der gesetzlich einschlägigen Regelungen führen.

Um den Verbraucherschutz weiter zu stärken, wurde am 30.03.2023 ein Eckpunktepapier veröffentlicht und einige wesentliche Aspekte zur Weiterentwicklung des WBVG zur Diskussion gestellt.

Einer dieser Reformvorschläge betrifft das Zustimmungserfordernis des Verbrauchers bei Entgelterhöhungen vgl. § 9 WBVG (unter 1.) und ein weiterer die Umlage von Investitionskosten vgl. § 7 Abs. 3 S. 3 WBVG (unter 2.).

Im Detail:

  1. Entgelterhöhung (§ 9 WBVG)
    Eine Entgelterhöhung des Unternehmers bei Änderung der Berechnungsgrundlage nach § 9 WBVG bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Verbrauchers. Auf Grundlage der Entscheidung des BGH (Urteil v. 12.05.2016, III ZR 279/15) soll nun klarstellend geregelt werden, dass das Zustimmungserfordernis gleichermaßen bei Verbrauchern mit Sozialleistungsbezug und bei Entgelterhöhungen im Bereich von Investitionsaufwen-dungen gilt. Dies berücksichtige die Tatsache, dass jede Änderung eines Schuldverhältnisses eine Vereinbarung zwischen den beteiligten Parteien gemäß § 311 Abs. 1 BGB erfordert.

    Kritische Stimmen sehen hierin eine doppelte Angemessenheitsprüfung, die weder zum Verbraucherschutz beiträgt noch rechtliche Notwendigkeit besitzt. Denn bei Pflegeeinrichtungen, die mit den Pflegekassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben, gelten die hierfür vereinbarten Preise gemäß § 7 Abs. 2 S. 2 WBVG bereits kraft Gesetzes als angemessen und verbindlich.
  2. Umlage von Investitionskosten (§ 7 Abs. 3 S. 3 WBVG)
    Der Unternehmer hat das Entgelt sowie die Entgeltbestandteile für die Verbraucher nach einem einheitlichen Satz zu bemessen (§ 7 Abs. 3 S. 1 WBVG) (sog. Differenzierungsverbot). Gemäß § 7 Abs. 3 S. 3 WBVG sind Ausnahmen hiervon jedoch zulässig, wenn der Einrichtungsträger mit einem Träger der Sozialhilfe Vergütungsvereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII zur Übernahme der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen durch den Sozialhilfeträger getroffen hat.

    In der Vergangenheit kam es jedoch dazu, dass nicht sozialhilfebedürftigen Verbrauchern höhere Investitionskosten in Rechnung gestellt wurden, sofern die mit dem Träger der Sozialhilfe vereinbarten Investitionskostensätze zur Refinanzierung der betriebsnotwenigen Investitionsaufwendungen nicht ausreichten. Es wird daher diskutiert, die Ausnahmeregelung zu ergänzen, um eine Umverteilung zwischen nicht-sozialhilfebedürftigen und sozialhilfebedürftigen Verbrauchern zu vermeiden.

Im Ergebnis besteht daher die Chance das WBVG zu einem zentralen Verbraucherschutzgesetz weiterzuentwickeln. Gleichzeitig wird jedoch auch Kritik geübt; beispielsweise werden Stimmen laut, das das Zustimmungserfordernis nicht geeignet sei zum Verbraucherschutz beizutragen. Es handele sich vielmehr um reinen Formalismus, der sowohl für die Heimbewohner als auch die Heimbetreiber einen hohen bürokratischen Mehraufwand bedeute.

Es bleibt daher abzuwarten, welche Eckpunkte auf welche Art und Weise umgesetzt werden. Ziel sollte es in jedem Fall sein, die widerstreitenden Interessen sachgerecht abzuwägen. Bei Fragen und Beratungsbedarf stehen wir Ihnen sehr gerne zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!