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Wird die stationäre Pflege unbezahlbar?

MAGS setzt Angemessenheitsgrenzen fest

APG DVO NRW: MAGS setzt Angemessenheitsgrenzen für das Jahr 2024 fest

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW (MAGS) hat mit Erlass vom 6. September 2023 die Angemessenheitsgrenzen für das Jahr 2024 bekannt gegeben. Diese Werte sind relevant für Neubauprojekt oder Baumaßnahmen, die in 2024 abgeschlossen werden und dienen für stationäre Pflegeeinrichtungen als Kostenrichtwert zur Bestimmung der maximal anerkennungsfähigen Kosten.

Diese Angemessenheitsgrenzen werden durch das MAGS entsprechend § 2 Abs. 2 APG DVO NRW jährlich auf Grundlage der Preisindizies für Wohnbauten in NRW für das Folgejahr auf Basis des Mai-Index festgesetzt. Auch die Refinanzierung der Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen für langfristige Anlagegüter nach § 6 Abs. 2 APG DVO NRW orientieren sich grundsätzlich an der Entwicklung der Angemessenheitsgrenzen.

Darüber hinaus dient der Baupreisindex für Wohngebäude im Festetzungszeitraum 2024/2025 auch als Bezugsgröße zur Fortschreibung der anzuerkennenden Aufwendungen gemäß §§ 4 und 6 APG DVO im Eigentümermodell bzw. Mietmodell konkret. Ebenso fließt diese Bezugsgröße in die Fortschreibung des Vergleichsbetrags in die fiktive Vergleichsberechnung ein.

Baupreisindex für Wohngebäude steigt um 7,7 %

Der Baupreisindex für Wohngebäude (Bauleistungen am Bauwerk) in Nordrhein-Westfalen lag im Mai 2023 um 7,7 % höher als ein Jahr zuvor. Im Mai 2022 war noch ein Anstieg um 16,1 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, das bedeutet, es tritt langsam bei der Baupreisentwicklung eine Beruhigung ein.

Auf der Basis des Mai-Indexes des Jahres 2023 beträgt die Angemessenheitsgrenze gemäß § 2 Abs. 2 der APG DVO NRW im Jahr 2024 für

  • vollstationäre Pflegeeinrichtungen 3.195,65 € je qm NRF (ohne Zentralküche) bzw. 3.330,03 € (mit Zentralküche)
  • für teilstationäre Pflegeeinrichtungen 2.617,64 € je qm NRF.

Der Betrag nach § 6 Abs. 1 APG DVO NRW für Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung von Anlagegütern nach den §§ 2 und 3 APG DVO NRW beträgt für Festsetzungen, deren Gültigkeit im Jahr 2024 beginnt, 28,56 € je qm der berücksichtigungsfähigen Nettogrundfläche.

I-Kostensatz liegt beim Neubau in 2024 bei über € 50

Nach dem Abschlussbericht des Ministeriums für Soziales und Integration über die Arbeitsgruppe Investitionskostenberechnung vom 6. Juni 2018 wurde für Baden-Württemberg für Neubauprojekte eine Kostenrichtwert (inkl. Inventar ohne Grundstück) von 149.800 € pro Platz ab dem 01.01.2018 angesetzt. Dieser Kostenrichtwert wird ab dem 01.01.2018 vierteljährlich mit dem Baukostenindex für Wohngebäude fortgeschrieben, so dass sich im Mai 2023 ein Kostenrichtwert von ca. 216.000 € pro Platz ergibt. Daraus lassen sich bei einem Neubau mit 80 Plätzen in 2024 anerkennungsfähige Kosten von € 17,3 Mio. und ein Investitionskostensatz/Tag von ca. € 50 ermitteln.

Bei einem Neubau mit 80 Plätzen ergäben sich in NRW 2024 anerkennungsfähige Kosten von € 14,1 Mio. Ausgehend von einer bei Neuinbetriebnahme anzusetzenden Mindestauslastung von 80% betragen die Investitionskosten täglich € 51,41 (monatlich € 1.563,75).

Auf eine aktuelle Anfrage bei dem zuständigen Sozialhilfeträger haben wir in Brandenburg die Rückmeldung erhalten, dass aktuell maximal ein Platzwert von € 118.378,50 (€ 113.778,50 Gebäude + Inventar € 4.600) akzeptiert wird.

Vom KSV Sachsen haben wir die Auskunft erhalten, dass bei Neubauprojekten von einem Platzwert von 110.000 € ausgegangen wird. Dieser Wert setzt sich aus 100.000 € für den Bau und 10.000 € für das Inventar zusammen. Dieser Wert wird vor dem Hintergrund der Sozialhilfeverträglichkeit als Maximum erachtet.

Investitionshemmnisse bestehen somit nicht nur in Bezug auf die energetische Sanierung, die von den Sozialhilfeträgern üblicherweise nicht als betriebsnotwendig und somit nicht genehmigungsfähig erachtet wird...

Mehrkosten im Neubau von € 1.000/Monat je Bewohner

Ausgehend von der Auswertung des VDEK ergab sich im Juli 2023 bundesweit ein durchschnittlicher Investitionskostensatz von € 15,68 pro Tag (€ 477 im Monat). Dies bedeutet, vom Pflegebedürftigen wären bei Einzug in einen Neubau, der in 2024 in Betrieb genommen wird, ca. € 1.000 pro Monat im Vergleich zum Bundesdurchschnitt mehr zu zahlen.

Steigerung der I-Kostensätze im Festsetzungszeitraum 2024/2025

Bei der turnusmäßigen Beantragung und Fortschreibung der Investitionskosten für den Festsetzungszeitraum 2024/2025 zum 1.1.2024 wird der Baupreisindex aus Mai 2023 mit 150,5 angesetzt, nachdem im vorangegangenen Festsetzungszeitraum 2022/2023 Baupreisindex aus Mai 2021 mit 120,3 eingeflossen ist. Dies bedeutet die anzuerkennenden Aufwendungen der Sonstigen Anlagegüter (SALG) und der Instandhaltungsaufwendungen der Langfristigen Anlagegüter (LALG) erhöhen sich im Eigentümermodell bzw. Mietmodell konkret deutlich um 25,1%.

Beispiel:

Die anzuerkennenden Aufwendungen erhöhen sich somit im Beispielsfall bei einer Einrichtung mit 91 Plätzen um € 85.497,38. Hieraus ergeben sich rechnerisch Mehrkosten je Bewohner von bis zu € 100/Monat.

Wird die stationäre Pflege unbezahlbar?

Das Daten des Verbands der Ersatzkassen in Deutschland (VDEK) zeigen, dass bei einem Aufenthalt von bis zu 12 Monaten Dauer die Gesamtkosten von 2.199 € (Juli 2022) auf 2.548 € (Juli 2023) gestiegen sind. Dies entspricht einem Anstieg von rund 16 %.

Die Integration von zusätzlichen Fachkräften (PpSG) und zusätzlichen Hilfskräften nach § 84 Abs. 9 SGB XI in den Pflegesatz verursacht weitere Mehrkosten von 200 € - 300 € pro Monat. Nach Auslaufen der Ergänzungshilfen der Energiepreisbremse im April 2024 kommen Mehrkosten in einer Bandbreite zwischen € 50 – 100 pro Monat auf die Pflegebedürftigen zu. Zusätzliche Belastungen für die Bewohner stationärer Einrichtungen resultieren aus Pflegesatzanhebungen aufgrund der Berücksichtigung von Tarif- und sonstigen Preissteigerungen. Die vom Bewohner zu tragenden Gesamtkosten werden monatlich somit auf über € 3.000 bzw. bei einem Neubau auf über € 4.000 steigen. Es ist absehbar, dass der Selbstzahleranteil deutlich abnehmen und die Kostenbelastungen für die Sozialhilfeträger deutlich zunehmen werden. Wenn die Heimkosten zunehmend steuerfinanziert sind, kann der Bund auch direkt höhere Steuerzuschüsse in den Topf der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) einbringen?

Eine stark wachsende Anzahl von Insolvenzen zeigt, dass es zahlreichen Pflegeeinrichtungen nicht mehr gelingt, trotz wirtschaftlicher Betriebsführung ihre Aufwendungen zu decken und den Versorgungsauftrag zu erfüllen. Gleichzeitig droht eine finanzielle Überforderung der Pflegebedürftigen.

Obwohl es keinen Mangel an Erkenntnissen gibt, fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Finanzierung der SPV mit fest verankerten und dynamisierten Steuerzuschüssen (bisher). Eine Bereitschaft der Länder, die Investitionskosten zu übernehmen, ist auch nicht zu erkennen.

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