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Wohnungspolitik gewerblich verfolgt

Kommunale Wohnungsbaugesellschaften im Vergaberecht

Kommunale Wohnungsbaugesellschaften im Vergaberecht

In den vergangenen Jahren hatten sich verschiedene vergaberechtlichen Nachprüfungsinstanzen mit der Frage zu befassen, unter welchen Umständen kommunale Wohnungsbaugesellschaften als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts anzusehen sind. So hatte in einer Entscheidung vom 06.12.2016 (6 Verg 4/16) das OLG Brandenburg entschieden, dass der soziale Wohnungsbau und die soziale Wohnraumförderung als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe darstellt. Diese im Allgemeininteresse liegende Aufgabe würde regelmäßig auch dann in nichtgewerblicher Art wahrgenommen werden, wenn die gleiche Wohnungsbaugesellschaft daneben Wohnraum mit Gewinnerzielungsabsicht unter Marktbedingungen anbietet. Dementsprechend kam das OLG Brandenburg damals zu dem Ergebnis, dass die betreffende kommunale Wohnungsbaugesellschaft in funktionaler Hinsicht als öffentlicher Auftraggeber dem Vergaberecht unterliege.

Verfolgung wohnungspolitischer Ziele mit Gewinnerzielungsabsicht

In seiner Entscheidung vom 11.02.2019 (1 Verg 3/15) stützte sich das OLG Hamburg zwar auf die gleichen Kriterien für die Bestimmung der Auftraggebereigenschaft wie das OLG Brandenburg. Allerdings stellte das OLG Hamburg fest, dass eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft sozialpolitischen Ziele gleichwohl auch im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit verfolgen könne, soweit sie selbst mit Gewinnerzielungsabsicht handele. Zu diesem Befund gelangte das OLG Hamburg aufgrund einer eingehenden Betrachtung der wirtschaftlichen Kennzahlen der betreffenden Wohnungsbaugesellschaft im Vergleich zu vergleichbaren Unternehmen aus der Privatwirtschaft.

Konsequenzen der Rechtsprechungsentwicklung

Durch die neue Entscheidung des OLG Hamburg wird zwar keine vollständige Klärung der vergaberechtlichen Einordnung von kommunalen Wohnungsbaugesellschaften erreicht. Ob diese öffentliche Auftraggeber sind, kann weiterhin nur jeweils im Einzelfall entschieden werden. Allerdings hat die Entscheidung insoweit Klarheit geschaffen, als nunmehr die Verfolgung auch von sozialpolitischen Vorstellungen nicht zwangsläufig zur Annahme einer öffentlichen Auftraggebereigenschaft führen muss.

Anmerkung:

Im Verfahren vor dem OLG Hamburg (1 Verg 3/15) war die Curacon Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Person von Rechtsanwalt Prof. Dr. Dr. Christoph Stumpf als Prozessbevollmächtigte auf Seiten des beigeladenen Bauunternehmens, das von der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft beauftragt worden war, tätig.