Die steigenden Kosten und der Mangel an Ressourcen stellen Unternehmen der Sozialwirtschaft vor große Herausforderungen, die häufig zu unerkannten Krisen führen. Eine frühzeitige Krisenerkennung wird daher zunehmend wichtiger. Mit dem Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung (StaRUG) fordert der Gesetzgeber daher auch Unternehmen zur Einführung eines entsprechenden Frühwarnsystems auf.
Eine Krise verläuft in verschiedenen Stadien
Von der Stakeholderkrise, welche wirtschaftlich in der Gewinn- und Verlustrechnung kaum erkennbar ist, über Strategie-, Produkt-, Absatz- sowie Erfolgs und Liquiditätskrise durchläuft ein Unternehmen bis hin zur Insolvenzreife verschiedene Stadien – so zumindest die Theorie. In der Praxis lassen sich diese Stadien nicht immer trennscharf unterscheiden. Sie können parallel, singulär oder auch überlappend auftreten und sich über Jahre entwickeln. Besonders gefährlich ist, dass – je weiter die Krisenstadien fortschreiten – in der Regel immer weniger Möglichkeiten zur Einflussnahme seitens der Geschäftsleitung bestehen. Die Handlungsspielräume werden demnach immer kleiner.
Die frühzeitige Krisenerkennung rückt in den Fokus
Werden Unternehmen in ihrer langfristigen Existenz durch externe sowie interne Risiken bedroht, ist es daher entscheidend, dass die Geschäftsführung diese frühzeitig erkennt und transparent mit allen Stakeholdern und den Aufsichtsgremien kommuniziert. Dabei gilt generell: Je früher das Krisenpotenzial erkannt wird, desto schneller können Maßnahmen eingeleitet und schlussendlich die Gefahr einer Insolvenz abgewendet werden. Aus diesem Grund muss die Vorsorge gegenüber künftigen Krisen sowie deren Früherkennung ein wesentlicher Bestandteil des Steuerungssystems jedes Unternehmens sein.
"Unternehmenskrisen entwickeln sich häufig schleichend und werden zu spät erkannt. Vorhandene Handlungsspielräume werden hierdurch nicht genutzt und werden kleiner."
– Dietmar Motzer, Experte für Beratung der strategischen und wirtschaftlichen Unternehmensentwicklung
Mit einem Frühwarnsystem vor Eintritt der Krise handeln
Mit dem StaRUG wird auch seitens des Gesetzgebers die möglichst frühe Identifikation von Krisensignalen und die Initiierung von Sanierungsschritten gefordert, damit frühzeitig präventive Maßnahmen zur Gegensteuerung initiiert werden können. Dies ist durch ein entsprechendes Frühwarnsystem möglich.
Gestaltung eines Frühwarnsystems
Die Ausgestaltung eines Frühwarnsystems muss dabei sowohl auf die Besonderheiten von Unternehmen der Sozialwirtschaft als auch auf die spezifischen Umfeldbedingungen ausgerichtet sein. Des Weiteren müssen die existenzkritischen Bereiche entsprechend identifiziert, analysiert und laufend überwacht werden. Hierfür sind klare organisatorische Regeln und Verantwortlichkeiten seitens der Geschäftsführung zu definieren. Das Frühwarnsystem sollte dabei in regelmäßigen Abständen auch auf seine Funktion hin überprüft und ggf. angepasst werden.
Typischerweise bilden Daten und Kennzahlen des Unternehmens zur aktuellen und zukünftigen Leistungs-, Ergebnis- und insbesondere Liquiditätsentwicklung sowie der Bilanz die Grundlage für eine entsprechende Risikobewertung. Eine integrierte Planungsrechnung und deren laufende Fortschreibung ist hierfür eine wesentliche Datenquelle. Der Liquiditätsbericht eines Trägers der stationären Altenhilfe sollte u. a. eine Liquiditätsprognose, beispielsweise über 12 Wochen, beinhalten und zudem eine entsprechende Bewertung noch ausstehender Zahlungen von Kostenträgern vornehmen.
Der entsprechende Leistungsbericht sollte sich zum Beispiel auf Informationen über die Auslastung, den Pflegegradmix sowie den Anteil an Selbstzahler:innen fokussieren, aber auch Informationen über die Interessentenanzahl für eine Aufnahme in die Einrichtung beinhalten. Auf der Kostenseite von Einrichtungen der stationären Altenhilfe kommt der Personalsteuerung eine besondere Bedeutung zu. Im Personalbericht sollte der Fokus daher insbesondere auf der Passgenauigkeit von erforderlichem Ressourceneinsatz und den tatsächlich verfügbaren Personalressourcen liegen und es sollten anstehende Vakanzen und Fluktuationsveränderungen geplant beziehungsweise abgeschätzt werden.
Unter zusätzlicher Berücksichtigung externer Indikatoren im Frühwarnsystem kann ein noch umfassenderer Blick gewonnen werden. Beispielsweise spielen für die Unternehmen der Sozialwirtschaft neben demografischen und gesellschaftlichen Trends auch die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, zukünftige tarifliche Lohnveränderungen, neue regulatorischen Anforderungen hinsichtlich Nachhaltigkeit sowie gesetzliche Veränderungen in der Refinanzierung und fachlichen Ausgestaltung der Leistungen eine wichtige Rolle. Durch die abschließende Ableitung entsprechender Maßnahmenpläne und deren laufende Umsetzungsüberwachung werden die vorhandenen Managementressourcen auf die tatsächlich existenzrelevanten Bereiche des Unternehmens konzentriert.
FAZIT
Eine frühzeitige Krisenerkennung und -bewältigung ist entscheidend für effektives Risikomanagement und die langfristige Sicherheit von Unternehmen in der Sozialwirtschaft. Durch proaktives Handeln und ein geeignetes Frühwarnsystem können Unternehmen rascher auf Herausforderungen reagieren, Maßnahmen einleiten und wirtschaftliche Engpässe vermeiden.
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