Der demografische Wandel wirft auch für strategische Überlegungen Fragen auf, wie sich zukünftig Pflegebedarfe entwickeln, ob eine Unter- und Fehlversorgung bzw. ein Personalmangel in der pflegerischen Versorgung droht und wie die Pflegestrukturen der Zukunft aussehen werden.
In der breiten medialen Öffentlichkeit werden mit zunehmender Intensität Themen der Arbeitsbedingungen und des Fachkräftemangels in der Pflege diskutiert. Der Personalbedarf leitet sich hierbei unmittelbar aus der Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen sowie Gestaltung der Rahmenbedingungen durch die Politik ab.
- Prof. Rothgang kam in einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung (Themenreport „Pflege 2030“, 2012) ausgehend von Daten der Pflegestatistik des Jahres 2009 zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Pflegebedürftigen von 2,330 Millionen im Jahr 2009 auf 3,435 Millionen im Jahr 2030 ansteigen wird.
- Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW-Report 33/2018, Köln, 10.09.2018) kommt ausgehend von den Daten der Pflegestatistik zum 15.12.2015 zu dem Ergebnis, dass sich die Fallzahl sich bis 2035 auf mehr als vier Millionen erhöhen wird.
- Der AOK-Pflege-Report 2019 (März 2019) prognostiziert ausgehend von den Daten der Pflegestatistik zum 15.12.2017 einen Anstieg der Zahl der gesetzlich versicherten Pflegebedürftigen 3,9 - 4,3 Mio. (abhängig von den getroffenen Szenario-Annahmen) im Jahr 2030. Die Zahl der für die Versorgung benötigten Pflegekräfte im Jahr 2030 steigt auf bis zu 750.000 (2017: 586.255) Pflegekräfte.
Die Menschen in Deutschland, die Leistungen aus der Pflegeversicherung erhalten, ist jedoch nach Geschäftsstatistik der Pflegekassen zum 31.12.2018 bereits auf 3.685.389 gestiegen. Somit erhalten im Jahr 2018 344.346 Pflegebedürftige mehr als 2017 Leistungen der Pflegeversicherung. Hauptsächlich verantwortlich für den erneut deutlichen Anstieg (2017 wuchs die Zahl doppelt so stark um 20 %), waren die vielen Erstbegutachtungen von Personen, die gerade im Schwellenbereich zur Pflegebedürftigkeit waren. Über 150.000 Personen wurden neu in den Pflegegrad 1 begutachtet. Einen deutlichen Anstieg von 344.346 mehr Pflegebedürftige = 13,4 % erfuhr die Pflege durch Angehörigen sowie Ambulante Pflegedienste. Mit nur 1.864 Personen wuchs der Anteil der stationär betreuten Menschen deutlich unterproportional um 0,2%.
Ohne hochwissenschaftliche Betrachtung von Pflegeprävalenzen etc. und unter der vereinfachenden Annahme eines Anstiegs der Fallzahl um 2% p.a. ergibt sich rechnerisch ein Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 auf rd. 4,7 Mio.
Ergebnis:
Prognosen zur Entwicklung der Zahl der Pflegebedürftigen und des zukünftigen Personalbedarfs, die auf der Pflegestatistik 2017 aufbauen, berücksichtigen nicht, dass die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zumindest in 2018 noch zu statistischen Verwerfungen in der Ausweitung der Inanspruchnahme von Leistungen insbesondere im PG 1 geführt hat.
Sie möchten mehr Fachbeiträge unserer Experten lesen? Dann schauen Sie auch bei unseren Veröffentlichungen in internen und externen Fachmedien vorbei. Mehr erfahren!