Die Landesregierung sollte gemäß § 23 Abs. 2 APG dem Landtag bis zum 31. Juli 2019 über die Erfahrungen und Wirkungen der APG sowie der hierzu ergangenen Verordnung berichten. Am 15. November 2019 hat das MAGS nunmehr verspätet diesen Bericht an den Landtag versandt und somit öffentlich gemacht hat.
Das MAGS kommt zu dem Ergebnis, dass die im Gesetz und der Verordnung formulierten Ziele erreicht wurden. Anpassungsbedarf wird vom MAG lediglich in folgenden Bereichen gesehen:
- Abschaffung des virtuellen Kontos für die Mittel nach § 4 APG DVO
- Modifikation Bestandsschutz für Mietmodelle
- Anpassung der in § 2 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 APG DVO definierten Angemessenheitsgrenzen
- Anpassung des § 29 APG DVO NRW zur Anzeigepflicht als Voraussetzung für die Verhandlungen mit den Sozialhilfeträgern
- Absenkung der Mindest-Belegungsquote für Kurzzeitpflege
- Abrechnung der Investitionsaufwendungen der „Integrierten Tagespflege“
Bewertung: Bericht des MAGS enthält positive Ansätze
Die Abschaffung des virtuellen Kontos für die Mittel nach § 4 APG DVO, die Anpassung der in § 2 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 APG DVO definierten Angemessenheitsgrenzen, die Klärung der Abrechnung der Investitionsaufwendungen der „Integrierten Tagespflege“ sowie die Absenkung der Mindest-Belegungsquote für Kurzzeitpflege sind zu begrüßen.
Ab 2020 deutliche Anhebung der Angemessenheitsgrenzen
Im Koalitionsvertrag hatte die Landesregierung angekündigt, dass Investitionshemmnisse für Pflegeeinrichtungen beseitigt werden sollen. Neben fehlenden Grundstücken und Personalmangel stellt die Refinanzierung von Neubauprojekten unverändert ein Investitionshemmnis dar. Der gutachterlich ermittelte Wert hat eine Angemessenheitsgrenze von 2.378,16 €/m² für vollstationäre Pflegeeinrichtungen und 1.948,01 €/m² für teilstationäre Einrichtungen ergeben. Bei vollstationären Pflegeeinrichtungen erhöht sich dieser Wert um weitere 100 €/m², wenn eine Küche zur Versorgung der Bewohnerinnen und Bewohner in dem Gebäude errichtet wird.
Unter typisierten Annahmen führen die Anpassungen der in § 2 Abs. 2 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 APG DVO definierten Angemessenheitsgrenzen diese Angemessenheitsgrenze im Mietmodell bei Einrichtungen mit Küche zu einem I-Kostensatz von € 23,44 / Tag (ohne Küche: € 22,54/Tag).
Da bereits seit Inkrafttreten der APG DVO unter den bisher ungünstigeren Gegebenheiten 130 Neubauprojekte – insbesondere von privaten Trägern im Mietmodell – realisiert worden sind, ist bei verbesserten Rahmenbedingungen davon auszugehen, dass hierdurch ein Impuls für Neubauprojekte entstehen kann. Dies auch vor dem Hintergrund der Überlegungen des Gesetzgebers auf Bundesebene die Kostenbelastungen der Heimbewohner zu deckeln („Sockel-Spitze-Tausch“).
Es verbleiben Investitionshemmnisse
In diesem Zusammenhang bestand allerdings auch die Hoffnung, dass es zu Änderungen in § 2 Abs. 5 APG DVO kommen wird, wonach Aufwendungen nach § 2 Absatz 1 APG DVO auf einen Zeitraum von 50 Jahren linear zu verteilen sind. Angelehnt an unterschiedliche Studien, Urteile, Richtlinien und Erkenntnisse aus dem An- und Verkauf von Immobilien kommt die Studie wider Erwarten zu dem Ergebnis, dass das langfristige Anlagevermögen bei vollstationären Pflegeeinrichtungen, wie bisher in der APG DVO verankert, über eine Zeit von 50 Jahren genutzt werden kann. Es wird daher eine Beibehaltung der Verteilzeiträume (50 Jahre für eine Neuerrichtung 25 Jahre für eine Modernisierung bzw. Neubau einer Tagespflege) empfohlen.
Neben den beiden gebräuchlichen Verteilzeiträumen wird allerdings auch die Einführung eines weiteren Verteilzeitraums für Gebäude empfohlen, die umfangreich energetisch saniert werden, somit überall dort, wo neben der Neugestaltung der Gebäudetechnik auch die Fassade energetisch saniert wird. Sofern die Modernisierung eher eine Sanierung mit einen tiefen Eingriff in die Bausubstanz gleicht, weil auch das Dach und wesentliche Teile der Fassade angegriffen werden, dann ist ebenfalls ein Verteilzeitraum von mehr als 25 Jahren angemessen. Je nach Sanierungsumfang kann diese Sanierung wie ein Neubau betrachtet werden.
Um diesen Vorgaben des Gutachtens zu entsprechen, wäre eine Überprüfung und Anpassung von § 10 Abs. 3 APG vorzunehmen, wonach zumindest auch Aufwendungen zur energetischen Sanierung oder einer umfassenden Sanierung als betriebsnotwendig bzw. als Muss-Maßnahmen im Sinn von § 10 Abs. 6 APG gelten.
Drohen finanzielle Nachteile durch Abschaffung des virtuellen Kontos nach § 4 APG DVO?
Das virtuelle Konto für das sonstige Anlagevermögen (§ 4 APG DVO NRW) soll durch eine Refinanzierung der tatsächlich entstandenen Aufwendungen für das sonstige Anlagevermögen auf der Grundlage der nachzuweisenden Abschreibungen, Leasingraten und entstandenen Wartungsaufwendungen für sonstiges Anlagevermögen ersetzt werden. Bei der Abschaffung des virtuellen Kontos für die Mittel nach § 4 APG DVO wird auf Ebene der einzelnen Pflegeeinrichtung zu bewerten sein, ob eine Umstellung der Refinanzierung auf die tatsächlich entstandenen investiven Aufwendungen für das sonstige Anlagevermögen mit finanziellen Nachteilen verbunden sein kann.
Modifikation Bestandsschutz für Mietmodelle
Die Bestandsschutzregelung des § 8 Abs. 9 APG DVO NRW für Mietverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der APG DVO NRW am 02.11.2014 bestanden haben, ist zu verbessern. Hierzu wird auf den Bericht des MAGS vom 17.06.2019 zum Thema „Anpassung des Bestandsschutzes für die Pflegeeinrichtungen, die ihre Gebäude gemietet haben“ verwiesen (Vorlage-Nr.: 17/2203). Im Ergebnis des Berichts des MAGS vom 17.06.2019 besitzen von 1.313 bisher beschiedenen Mieteinrichtungsanträgen 781 Einrichtungen einen Bestandsschutz (Stand: 31.05.2019).
Es wird erwartet, dass bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen (vor allem Streichung Refinanzierung 4%-Afa-Regelung sowie weiterhin niedriges Zinsniveau am Kapitalmarkt) von diesen nach heutigem Stand rund 800 Einrichtungen bei knapp 400 Einrichtungen bei Wegfall des Bestandsschutzes am 31.12.2020 ein Verlust im Vergleich zur GesBerVO entstehen wird.
Der Verlust der bisher beschiedenen Einrichtungen würde sich insgesamt auf eine Summe von rund 37,7 Mio. € pro Jahr beziffern. Dabei variiert die Höhe des Verlustes nach Analysen des MAGS stark zwischen den einzelnen Heimen. Im Mittel verliert eine hiervon betroffene Einrichtung etwa € 96.000 p.a.
Die bestehenden Handlungsoptionen sind durch die betroffenen Träger zu bewerten. Es ist davon auszugehen, dass für eine Vielzahl von Betreibern im Mietmodell Verschlechterungen in der Refinanzierung drohen. Soweit bei Pflegeeinrichtungen Lücken in der Refinanzierung der Mieten/Pachten weiterhin bestehen sollten, sind diese nach den Vorschriften in § 249 HGB handelsrechtlich dazu verpflichtet, für sich abzeichnende, aber noch nicht realisierte Verluste aus sogenannten schwebenden Geschäften in der Handelsbilanz Rückstellungen zu bilden.
Lösung für die Betriebsüberlassungsverträge im kirchlichen Bereich offen
Es sollte eine Lösung für die Betriebsüberlassungsverträge im kirchlichen Bereich geben, um bei Mietmodellen Härten in der Anwendung der konkreten Vergleichsberechnung (§ 8 Abs. 11 APG DVO) abzufedern. Hier bleibt der Entwurf des MAGS zur Novellierung der APG DVO abzuwarten.
Kritisch bewertet wird bei Anwendung der konkreten Vergleichsberechnung auch die Praxis der Landschaftsverbände, wonach das Tatsächlichkeitsprinzip doppelt (Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen gemäß §§ 2 -7 APG DVO sowie zusätzlich Abgleich mit den tatsächlichen Kosten auf aus Miete und den vom Betreiber getragenen investiven Aufwendungen) abgeprüft wird.
Fazit
Trotz einiger positiver Ansätze stellen die Vorschläge des MAGS zur Novellierung von APG und APG DVO nicht den erhofften „großen Wurf“ dar. Offensichtlich wird das Ziel verfolgt, die Sozialhilfeträger soweit wie möglich vor Kostenbelastungen („Kostenneutralität“) zu schützen. Das propagierte „Denken vom Menschen“ statt des „Denkens vom Geld her“ scheint hierbei in den Hintergrund zu treten. Es bleibt zu hoffen, dass noch Verbesserungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren, das im Mai 2020 abgeschlossen werden soll, zu erreichen sein werden.
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