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§ 68 SGB XII – Soziale Wohnraumagenturen

Win-win für Wohnungssuchende und Sozialunternehmen?

Hintergrund

Mit der Überschrift „Wohnungskrise in NRW spitzt sich zu“ zitiert der Mieterverein Gelsenkirchen in einer Pressemitteilung vom 26. August 2025 den Münsteraner Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz „Mit großer Sorge sehen wir die wachsende Zahl der Wohnungslosen. Wir brauchen ein flächendeckendes Netz an Fachberatungsstellen und soziale Wohnraumagenturen.“

Eine Bestandserhebung aus dem Jahr 2016 gibt zu erkennen, dass es in Deutschland lediglich rund sieben soziale Wohnraumagenturen mit mehr als 50 Wohneinheiten gab (Masterarbeit_Axel Steffen (SWA in Deutschland - Eine Ersterhebung). Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die Zielsetzung und rechtlichen Grundlagen sozialer Wohnraumagenturen und soll Interesse bei Sozialunternehmen wecken, dieses Leistungsangebot der Wohnungshilfe zu prüfen.

Erschließung von zusätzlichem Wohnraum – Soziale Wohnraumagenturen

Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW (MAGS) weist diesbezüglich in seiner Praxishilfe „Wohnungsnotfallhilfen vorausschauend planen und präventiv handeln.“ (mags_praxishilfe._web.pdf) unter Pkt. 7.1 auf das Modell der „Sozialen Wohnraumagenturen“ hin.

Soziale Wohnraumagenturen oder auch Soziale Wohnraumhilfe sind intermediäre Organisationen, die sich zur Aufgabe gesetzt haben, für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Haushalte Wohnraum zu akquirieren, der ihnen dauerhaft weitervermietet wird. In der Regel übernehmen die Sozialen Wohnraumagenturen dabei die Funktion des Zwischenvermieters, der Vertrag wird aber nicht, wie vielfach in der Praxis des „Betreuten Wohnens“ in Trägerwohnungen, auf die Dauer einer Betreuungsmaßnahme befristet, sondern unbefristet abgeschlossen. Manche Wohnraumagenturen haben auch eigene Wohnungsbestände, die sie an die Zielgruppe vermieten. Soziale Wohnraumagenturen sind in der Regel gemeinnützige Träger, die keine Renditeabsichten verfolgen und häufig in engem Kontakt oder auf Initiative von Trägern entstanden, die wohnbegleitende Hilfen für (ehemals) Wohnungslose anbieten.

Die besondere Stärke der Sozialen Wohnraumagenturen liegt jedoch darin, dass sie auch und insbesondere Wohnungslose mit offenkundigem Bedarf an wohnbegleitenden Hilfen dauerhaft versorgen, die häufig ansonsten vom regulären Wohnungsmarkt weitgehend ausgeschlossen sind. Einzelevaluationen und die Berichte der Träger zeigen, dass sie dabei recht erfolgreich sind und nur ein geringer Prozentsatz der Mietverhältnisse scheitert. Wohnungseigentümerinnen und -eigentümern bieten die Sozialen Wohnraumagenturen zumeist eine garantierte Miete bzw. langfristige Pacht, sie übernehmen alle Bestandteile des Vermietungsgeschäfts (einschließlich der Abrechnung von Nebenkosten und der Übernahme von Mietausfällen und notwendigen Renovierungen), kümmern sich bei Problemen im Mietverhältnis und bei Störungen des Hausfriedens um Lösungen und haben ein enges Verhältnis zu Anbietern wohnbegleitender Hilfen. 

Soziale Wohnraumagenturen verwalten sowohl geförderten als auch frei finanzierten und privat vermieteten Wohnraum. In der o. g. Praxishilfe des MAGS NRW werden bundesweite Praxisbeispiele von Wohnraumagenturen genannt. So kooperiert die Soziale Wohnraumhilfe Hannover mit Wohnungsunternehmen, unterstützt diese beim Grundstückserwerb sowie bei der Planung und Finanzierung und schließt dann längerfristige Pachtverträge über die geschaffenen Wohngebäude ab, ohne selbst Eigentümerin zu werden. Dagegen tritt die Ambulante Hilfe in Stuttgart selbst als Bauträger auf, baut Sozialwohnungen „in Serie“ und vermietet den Wohnraum anschließend vorwiegend an Klientinnen und Klienten mit besonderen sozialen Schwierigkeiten, die zuvor ambulant beraten worden waren.

Ein wesentliches Problem für die Gründung und den Betrieb Sozialer Wohnraumagenturen in Deutschland besteht darin, dass es keine strukturelle Lösung für die Finanzierung der Regiekosten (Geschäftsführung, Wohnungsverwaltung, Hausmeisteraufgaben) gibt. Soziale Wohnraumagenturen könnten bei entsprechender Förderung durch die Kommunen eine stärkere Rolle dabei einnehmen, dieses Potenzial auch zur Versorgung von Haushalten in Wohnungsnotlagen zu nutzen.

Soziale Wohnraumagenturen – steuerliche und gemeinnützigkeitsrechtliche Implikationen

Soziale Wohnraumagenturen können nach §§ 51 f. AO (auch) als steuerbegünstigte Körperschaft, z. B. als gGmbH, errichtet werden mit dem Ziel, Wohnraum für die nach § 68 SGB XII zu unterstützende Personengruppe im ambulanten Setting zu beschaffen bzw. bereitzustellen. Die Leistungen sind nach hier vertretener Auffassung als mildtätige Leistungen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege (§ 66 AO) einzuordnen. Um etwaigen Fehlbelegungen (Wegfall der Anspruchsgrundlage nach § 68 SGB XII) vorzubeugen kann es sich anbieten, die Satzung derartiger steuerbegünstigter Körperschaften um die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke nach § 52 Abs. 2 Nr. 27 AO zu erweitern. Als Gesellschafter derartiger Wohnraumagenturen kommen neben Kommunen auch steuerbegünstigte Sozialunternehmen, die bereits in entsprechenden Hilfefeldern tätig sind, in Betracht. 

Die Finanzierung von Gesellschaftereinlagen und für die Betriebsführung erforderliche liquide Mittel können dabei auch aus zeitnah zu verwendenden Mitteln der Gesellschafter erfolgen. Sozialunternehmen bietet sich damit die Möglichkeit, die Beschaffung und Bewirtschaftung von Wohnangeboten für ihre Klienten auf derartige Wohnraumagenturen outzusourcen bzw. zu professionalisieren. So könnten beispielsweise auch Bestandsimmobilien über Kooperationen/Pachtverträge mit den Wohnraumagenturen unter Berücksichtigung von erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen kostendeckend vermietet werden. 

Fazit

Vor dem Hintergrund steigender Mieten und schwindender Sozialwohnungen stellt das Thema „Bezahlbares Wohnen“ aktuell eine bedeutsame gesellschaftliche Aufgabe dar. Menschen mit besonderen Erschwernissen, die Anspruch auf Leistungen nach § 68 SGB XII haben und wohnungslos sind, können über Soziale Wohnraumagenturen Leistungsangebote bereitgestellt werden. Auf der Grundlage eines Berichtes des MAGS NRW zeigen sich in einzelnen Bundesländern erfolgreiche Modelle derartiger Wohnraumagenturen. Die Regelungen des Gemeinnützigkeitsrechts bieten zudem verschiedene Möglichkeiten, Wohnraumagenturen als nach der AO steuerbegünstigte Unternehmen zu betreiben, um Leistungsangebote zu professionalisieren. 

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