Duale Führungsprinzip
Mittlerweile haben die meisten Unternehmen das duale Führungsprinzip mit klarer Trennung von Unternehmensleitung und Aufsichtsgremium in ihrer Unternehmensverfassung verankert. Während die Unternehmensleitung die operativen Geschäfte in eigener Verantwortung leitet, hat das Aufsichtsorgan die Aufgabe die Unternehmensleitung zu kontrollieren. Bei der Kontrolle durch den Aufsichtsrat unterscheidet man dabei die vergangenheitsbezogene Überwachung und die zukunftsbezogene Beratung.
Abgestufte Überwachungspflicht
Literatur und Rechtsprechung sind sich einig, dass der Umfang der Kontrolltätigkeiten von der jeweiligen Situation des Unternehmens abhängig ist und es demensprechend eine abgestufte Überwachungspflicht für das Aufsichtsorgan gibt. Das bedeutet, dass Dichte und Intensität der Überwachung durch das Aufsichtsorgan sich entsprechend der Krisenstadien anpassen müssen.
Bei einer normalen Geschäftsentwicklung reicht eine „begleitende Überwachung“ aus. Das Aufsichtsorgan wird hier im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung durch die Unternehmensleitung informiert und muss die Berichte der Unternehmensleitung sorgfältig prüfen und erörtern.
Bei einer einsetzenden Krise mit einhergehender Ergebnisverschlechterung verändert sich die „begleitende Überwachung“ in eine „unterstützende Überwachung“. Dabei muss sich das Aufsichtsorgan über die normale Berichterstattung hinaus mit den Ursachen der Ergebnisverschlechterung beschäftigen und die Intensität der Überwachung verstärken. Der Fokus der Aufsichtstätigkeit verschiebt sich dabei mehr in Richtung der zukunftsbezogenen Beratung der Unternehmensleitung.
Befindet sich das Unternehmen dagegen bereits in einer ausgewachsenen Krise ist eine „gestaltende Überwachung“ notwendig. Die Intensität der Aufsichtstätigkeit ist hier am höchsten. Der Focus liegt nun klar auf der zukunftsbezogenen Beratung der Unternehmensleitung. Er darf dabei aber nicht selbst zum operativ agierenden Krisenmanager werden.
Möglichkeiten zur Anpassung der Kontrollintensität
Das Aufsichtsorgan kann seine Kontrollintensität bzw. -dichte je nach Krisenstadium in unterschiedlichen Bereichen anpassen.
Die Regel-Berichterstattung der Unternehmensleitung an das Aufsichtsorgan reicht in Krisensituationen oftmals nicht mehr aus und muss erweitert werden. Dabei sollten sowohl der Berichtsrhythmus als auch die -inhalten angepasst werden. Es empfiehlt sich die Berichte um Frühwarnindikatoren, Liquiditätskennzahlen und das Krisencontrolling zu erweitert. Auch kann das Aufsichtsorgan von seinem Recht Gebrauch machen, leitende Mitarbeiter im Unternehmen direkt zu befragen, um zum Beispiel die Ursachen der Krise besser zu verstehen.
In Abhängigkeit vom Grad der Krise sollte auch der Austausch des Vorsitzenden des Aufsichtsorgans mit der Geschäftsführung intensiviert und generell die Sitzungsfrequenz des Aufsichtsorgans erhöht werden. Ziel muss es sein, fortlaufend ein genaues und aktuelles Bild von der Lage des Unternehmens zu erhalten.
Das Aufsichtsorgan hat in Krisensituationen auch die Möglichkeit externe Expertise einzubinden. Dies kann neben externen Beratern mit Erfahrung im Bereich der Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen auch der Abschlussprüfer des Unternehmens sein, der mit seiner Kenntnis des Unternehmens ebenfalls wichtige Impulse für die Tätigkeit des Aufsichtsorgans liefern kann.
Zur Vermeidung von Haftungs- und Reputationsschäden ist es insbesondere in Krisensituationen wichtig, dass das Aufsichtsorgan seine Tätigkeit entsprechend dokumentiert und Beschlüsse auf der Basis von angemessenen Informationen getroffen werden.
Weiterführende Informationen zu diesem und weiterer Themen rund um die Tätigkeit von Aufsichtsgremien, finden Sie in unserer Reihe „Curaconcept – Kompaktwissen für Aufsichtsgremien“, die Sie auf unserer Homepage kostenlos bestellen können. Mehr erfahren!