Mit Beschluss vom 20.11.2024 entschied die Vergabekammer Baden-Württemberg (AZ: 1 VK 67/24) über den Nachprüfungsantrag eines Bieters betreffend den Ausschluss seines Angebots aufgrund fehlender Eignung.
Die Auftraggeberin formulierte verschiedene Eignungskriterien in Form von Referenzen für die Bieter einer Bauleistung. Eignungskriterien dienen im Vergaberecht dazu, die generelle Leistungsfähigkeit eines Unternehmens zu überprüfen. Der Antragsteller war – offenbar versehentlich – zum Verhandlungsverfahren zugelassen worden, obwohl er die Eignungskriterien nicht erfüllte und gab sodann das wirtschaftlichste Angebot ab.
Bevor der beabsichtigte Zuschlag erteilt werden konnte, gelang die Auftraggeberin aufgrund der Rüge eines Wettbewerbers zu der Erkenntnis, dass die Eignungskriterien durch den bedachten Bieter tatsächlich nicht erfüllt wurden. Es folgte der Angebotsausschluss.
Der Bieter, dessen Angebot ausgeschlossen wurde, argumentierte unter anderem, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig, weil der Teilnahmewettbewerb mit der Feststellung der Eignung bereits abgeschlossen sei. Darüber hinaus sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, sodass die Eignung nachträglich nicht anders beurteilt werden dürfe.
Dieser Argumentation folgte die Vergabekammer nicht, sondern verwies in ihrem Beschluss unter anderem auf den Wortlaut der zugrundeliegenden EU-Richtlinie, wonach die Auftraggeber vor Zuschlagserteilung zu einer erneuten Eignungsprüfung verpflichtet seien. Nach Unionsrecht sei daher eine Bindungswirkung durch die Beteiligung am Verhandlungsverfahren ausgeschlossen. Des Weiteren stellte die Vergabekammer klar, dass die bloße Mitteilung über den beabsichtigten Zuschlag an sich keinen Vertrauenstatbestand begründe, weil es ansonsten regelmäßig gar keinen Rechtsschutz geben könne.
Insoweit folgt die Vergabekammer nicht der Spruchpraxis des OLG Düsseldorf, welches im Jahr 2021 entschied, ein Wertungsausschluss eines Angebots aufgrund der Vorlage einer fehlerhaften Referenz komme nicht mehr in Betracht, nachdem der Auftraggeber die Eignung im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs bejaht und zum Verhandlungsverfahren zugelassen habe (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.03.2021, AZ: Verg 9/21).
Die Entscheidung der Vergabekammer Baden-Württemberg ist ein typisches Beispiel für die Rechtsunsicherheiten des Vergaberechts. Das sogenannte “Oberschwellenvergaberecht” wird durch EU-Richtlinien geprägt. Immer wieder entstehen aufgrund der erforderlichen Umsetzung in nationales Recht kleinere Abweichungen, die mitunter schwierige Rechtsfragen aufwerfen können.
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