Das aktuelle Urteil des BFH (Urteil v. 8. Mai 2024, VIII R 9/21) zur steuerlichen Behandlung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Aufsichtsratstätigkeiten in kommunalen Gesellschaften hat Auswirkungen auf die steuerliche Praxis. Das Kernproblem bestand darin, dass bisher Unsicherheit darüber herrschte, ob solche Vergütungen nach
§ 3 Nr. 26a EStG steuerfrei sind. Der BFH hat nun klargestellt, dass diese Zahlungen tatsächlich in voller Höhe steuerfrei sein können, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Der BFH argumentiert in seiner Entscheidung, dass bei Tätigkeiten im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts keine weiteren Voraussetzungen hinsichtlich des Förderzwecks erfüllt sein müssen.
Diese Auslegung stützt das Gericht auf mehrere Aspekte. Zum einen wird festgestellt, dass der Wortlaut des Gesetzes in dieser Hinsicht nicht eindeutig ist und einen weiten Interpretationsspielraum zulässt. In der systematischen Betrachtung fällt dem BFH auf, dass § 3 Nr. 26a EStG im Gegensatz zu § 3 Nr. 26 EStG keinen Katalog begünstigter Tätigkeiten enthält, was demnach für eine weite Auslegung spricht.
Der Zweck der Norm, nämlich die Förderung ehrenamtlichen Engagements, wird nach Ansicht des BFH unabhängig vom spezifischen Zweck der Tätigkeit für eine juristische Person des öffentlichen Rechts erfüllt. Schließlich lässt sich aus der Gesetzesbegründung keine Einschränkung auf bestimmte Förderzwecke bei Tätigkeiten für juristische Personen des öffentlichen Rechts ableiten. Basierend auf diesen Überlegungen kommt der BFH zu dem Schluss, dass die Steuerbefreiung auch für Aufsichtsratstätigkeiten in kommunalen Gesellschaften gilt, selbst wenn diese nicht unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördern.
Laut dem Urteil des BFH müssen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26a EStG folgende Voraussetzungen vorliegen:
- Die Tätigkeit muss nebenberuflich ausgeübt werden
- Die Tätigkeit muss im Dienst oder Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgen, die ihren Sitz in einem EU-Mitgliedstaat oder EWR-Staat hat
- Es muss ein förmlicher Bestellungsakt vorliegen, durch den der Steuerpflichtige nach außen für die juristische Person des öffentlichen Rechts als deren Vertreter auftritt
- Die Einnahmen dürfen insgesamt 720 € im Jahr nicht übersteigen
Dabei gilt folgendes zu beachten:
- Die Tätigkeit muss nicht zwingend gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördern, wenn sie im Auftrag einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erfolgt
- Es ist unerheblich, aus welchem Vermögen das Entgelt für die begünstigte Tätigkeit entrichtet wird. Es muss dabei nicht aus dem Vermögen der auftraggebenden juristischen Person des öffentlichen Rechts stammen
- Die Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen der vertretenen juristischen Person und dem Vertreter (z. B. Weisungsgebundenheit) ist für die steuerliche Beurteilung nicht relevant
Ehrenamtlich tätige Aufsichtsratsmitglieder und deren Auftraggeber im kommunalen Umfeld erhalten durch das Urteil mehr Rechtssicherheit bezüglich der steuerlichen Behandlung ihrer Aufwandsentschädigungen. Dies könnte das ehrenamtliche Engagement in kommunalen Gremien attraktiver machen und fördern.
Für die Praxis bestand bisher das Risiko, dass die Aufwandsentschädigungen fälschlicherweise als steuerpflichtig behandelt, oder im Falle einer Betriebsprüfung mit Steuernachzahlungen konfrontiert wurden. Dies führte zu finanziellen Unsicherheiten und potenziellen steuerlichen Belastungen.
Bei darüberhinausgehenden Tätigkeiten ist für jeden Einzelfall zu prüfen, ob eine Zuordnung zur Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 26a EStG in Frage kommt oder doch eine steuerpflichtige Tätigkeit vorliegt. Gerne stehen wir Ihnen hierbei zur Seite. Jetzt Kontakt aufnehmen!