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BFH-Verhandlung zum „doppelten Satzungserfordernis“

EU-Beihilferecht rückt in den Fokus

Doppeltes Satzungserfordernis beim planmäßigen Zusammenwirken voraussichtlich gekippt – EU-Beihilferecht wirft jedoch neue Fragen auf

In einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof (BFH) am 22. Mai 2025 ging es um die Frage, ob für das sogenannte „planmäßige Zusammenwirken“ nach § 57 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) tatsächlich beide beteiligten Körperschaften eine entsprechende Satzungsregelung benötigen – oder ob eine einseitige Satzungsbestimmung ausreicht. 

Hintergrund: Streit um das „doppelte Satzungserfordernis“

Ausgangspunkt war ein Urteil des Finanzgerichts Hamburg aus dem Jahr 2023 (Az. 5 K 11/23). Die Finanzrichter hatten entschieden, dass es für die Anwendung des § 57 Abs. 3 AO ausreicht, wenn allein die leistende Körperschaft in ihrer Satzung das planmäßige Zusammenwirken mit einer anderen steuerbegünstigten Organisation regelt. Die bisherige Verwaltungspraxis, wonach eine entsprechende Regelung auch bei der empfangenden Körperschaft notwendig ist, ergebe sich nicht aus dem Gesetz und widerspreche dem gesetzgeberischen Ziel, Kooperationen im gemeinnützigen Bereich zu fördern.

BFH-Verhandlung: EU-Beihilferecht rückt in den Fokus

Nach jüngsten Berichten tendiert der V. Senat des BFH dazu, der Argumentation des Finanzgerichts Hamburg zu folgen. Überraschend war jedoch, dass die Verhandlung wohl über weite Strecken dem europäischen Beihilferecht gewidmet war. Offenbar prüft der BFH, ob § 57 Abs. 3 AO in bestimmten Fallkonstellationen als staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts zu qualifizieren ist – mit potenziellen Folgen für die unionsrechtliche Zulässigkeit der Vorschrift.

Mögliche Vorlage an den EuGH

Dem Vernehmen nach erwägt der BFH nun, die Regelungen des § 57 Abs. 3 AO dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, um die beihilferechtlichen Fragen klären zu lassen. Sollte es dazu kommen, ist mit einer deutlichen Verfahrensverzögerung zu rechnen.

Praxisrelevanz für gemeinnützige Organisationen

Für gemeinnützige Einrichtungen, die arbeitsteilig organisiert sind oder Servicegesellschaften einsetzen, bleibt die Rechtslage somit weiter unklar. Zwar spricht vieles dafür, dass das „doppelte Satzungserfordernis“ bald der Vergangenheit angehört – gleichzeitig könnte das Verfahren durch die europarechtliche Dimension aber an Komplexität gewinnen und zusätzliche Unsicherheiten hervorrufen.

Erste beihilferechtliche Einordnung

Ob und inwieweit das planmäßige Zusammenwirken nach § 57 Abs. 3 AO womöglich als unzulässige staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV einzustufen ist, bleibt unklar. Nach dieser Vorschrift sind staatliche Begünstigungen, die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, grundsätzlich unzulässig. Der BFH prüft offenbar, ob der Katalog bestehender Steuerbefreiungen durch die neue Regelung unionsrechtswidrig ausgeweitet wird. Konkrete Anhaltspunkte zu den beihilferechtlichen Überlegungen des BFH sind aber bislang nicht öffentlich bekannt geworden. Teile der Literatur verneinen jedoch eine wettbewerbsverzerrende Wirkung und verweisen auf mögliche Rechtfertigungsgründe.

Wir beobachten den Ausgang des Verfahrens genau und informieren Sie über alle Entwicklungen. Eine endgültige Entscheidung in Form einer schriftlichen Urteilsveröffentlichung wird für die kommenden Wochen bzw. Monate erwartet. Sollten Sie vorab schon Fragen haben, kommen Sie gerne auf uns zu. Jetzt Kontakt aufnehmen!