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BVerfG stärkt das kirchliche Arbeitsrecht

Verfassungsbeschwerde des Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 29. September 2025 – 2 BvR 934/19 die schon seit langem mit Spannung erwartete Entscheidung in der Sache Egenberger getroffen. In der Sache hatte eine Bewerberin auf Schadensersatz geklagt, weil sie aufgrund der fehlenden Kirchenmitgliedschaft nicht zu einem Bewerbungsgespräch bei einem diakonischen Arbeitgeber eingeladen wurde. 

Sie machte eine Diskriminierung aufgrund der Religion geltend. Nachdem der Fall durch alle Instanzen einschließlich des EuGH gegangen ist und die Klägerin beim BAG letztendlich eine entsprechende Entschädigungszahlung zugesprochen bekam, hatte der diakonische Arbeitgeber Verfassungsbeschwerde erhoben. 

Das BVerfG hat nun dieses Urteil aus dem Jahr 2018 (8 AZR 501/14) aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Bundesarbeitsgericht (BAG) zurückverwiesen.

Der zweite Senat des BVerfG sah durch das Urteil des BAG den Arbeitgeber in seinem religiösen Selbstbestimmungsrecht verletzt. Innerhalb der Güterabwägung des BAG bei der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nach § 9 Abs. 1 AGG sei dem verfassungsrechtlich gebotenen Umfang des religiösen Selbstbestimmungsrechts des Arbeitgebers nicht in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden. 

Dabei stellte das BVerfG ausdrücklich klar, dass das Unionsrecht bei der Auslegung des nationalen Rechts Vorrang genieße und damit auch die Vorgaben des EuGH in der Sache berücksichtigt werden müssten. Allerdings habe das BAG bei Anwendung der europäischen Gleichbehandlungsrichtlinie die verbleibenden Spielräume nicht ausreichend berücksichtigt. 

„Mit dieser Argumentation stellt das Bundesarbeitsgericht sein eigenes Verständnis einer glaubwürdigen Vertretung des kirchlichen Ethos nach außen im vorliegenden Zusammenhang an die Stelle des Verständnisses des Beschwerdeführers.“

Im Rahmen der Berücksichtigung des religiösen Selbstbestimmungsrechts, sei es also Sache der kirchlichen Arbeitgeber, die Wesentlichkeit und die Rechtfertigung der eigens formulierten berufliche Anforderung (Kirchenzugehörigkeit) plausibel darzustellen. An dieser Stelle dürfe aufgrund des grundgesetzlich verankerten religiösen Selbstbestimmungsrechts kein von außen herangetragenes objektives Verständnis zu diesen Punkten auferlegt werden. Vielmehr sei das Verständnis des kirchlichen Arbeitgebers maßgeblich. 

Seit einigen Jahren schien die Rechtsprechung von EuGH und BAG die Reichweite der kirchlichen Selbstverwaltung im Arbeitsrecht immer weiter einzuschränken. Das BVerfG stärkt nunmehr mit dieser Entscheidung die Grundsätze des deutschen Sonderwegs im kirchlichen Arbeitsrecht, die auch unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben Anwendung finden.

Abzuwarten bleibt allerdings, wie das BAG in dieser Sache nun die Vorgaben des BVerfG bei der erneuten Entscheidungsfindung umsetzen wird. Und auch beim EuGH liegen weitere Fälle zum kirchlichen Arbeitsrecht in Deutschland zur Entscheidung.

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