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Das KHVVG

Eine Reform im Blindflug

In stürmischen Zeiten rast die Reformwelle bedrohlich auf die Krankenhäuser zu: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) hat eine hitzige Diskussion über die zukünftige Sicherstellung der Versorgung und den Fortbestand kleiner, aber bedarfsnotwendiger Krankenhäuser ausgelöst. Akteure kritisieren die – grundsätzlich notwendige – Krankenhausreform jedoch als Blindflug.

Das KHVVG ist ein Rundumschlag 

Kernthema des KHVVG ist die Einführung von Leistungsgruppen als Krankenhaus-Planungsinstrument nach dem Vorbild von NRW. Die Leistungsgruppen bieten die Möglichkeit, das medizinische Angebot im Krankenhaus bundeseinheitlich zu strukturieren. Ihre Vergabe an die Krankenhäuser ist überdies an bundesweit einheitliche Qualitätskriterien und Mindestvorhaltezahlen, also eine zu erbringende Mindestfallzahl je Leistungsgruppe (LG), gekoppelt. Im Ergebnis wird dadurch die Krankenhausplanung auf neue Beine gestellt, weg von der Planung nach Betten hin zu einer Planung nach medizinischen Leistungsbereichen. Dies eröffnet grundsätzlich die Möglichkeit zur Steuerung und damit Konzentration von Leistungen. Ein sinnvoller Ansatz, solange er die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung nicht beeinträchtigt. 

Dabei gilt es, den Anforderungen von Ballungsräumen ebenso gerecht zu werden wie denen von gering besiedelten Gebieten.

Der Gesetzgeber sieht vor, die Finanzierung der Leistungen an die Vergabe von Leistungsgruppen zu koppeln. Hierzu wird das DRG-System weiter aufgeweicht, dafür werden 60 % der Kosten (inklusive Pflegebudget) ausgegliedert und in ein Vorhaltebudget überführt, welches die Fixkosten der Krankenhäuser, die für die Erbringung der jeweiligen LG anfallen, finanzieren soll. Jedoch ist der Umfang des Vorhaltebudgets davon abhängig, wie viele Leistungsgruppen einem Krankenhaus zugestanden werden – und dies erfolgt leistungsabhängig! Hinzu kommt, dass eine fallzahlabhängige Anpassung des Vorhaltebudgets alle 2 bis 3 Jahre vorgesehen ist. Der Effekt einer „echten Vorhaltefinanzierung“ mit einem Schutz für unwirtschaftliche Strukturen ist nicht vorgesehen.

Die Gesundheitsminister:innen, aber auch andere Akteure positionieren sich klar gegen das Gesetz – zu Recht, denn es gibt einige Problembereiche. Exemplarisch zeigen wir drei davon auf:

Reform im Blindflug

Welche Auswirkungen das KHVVG auf die Versorgungssituation haben wird, ist nicht absehbar. Umso überraschender ist, dass keine Auswirkungsanalyse im Vorfeld des Gesetzes vorgesehen ist. Die tatsächlichen Folgen des Gesetzes bleiben somit bis zur Umsetzung unbekannt. Eine erste Evaluation des Gesetzes ist erst für Ende 2028 vorgesehen: Erst dann sollen die Konzentrationswirkungen, die Auswirkungen auf die medizinische Versorgungssituation sowie die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser evaluiert werden. Dieser Zeitpunkt wird für einige Häuser zu spät kommen. 

Vorhaltefinanzierung gefährdet kleine Häuser

Die Krankenhausreform verstärkt das Ungleichgewicht zwischen großen und kleinen Versorgern. Die Leistungsgruppen sind mit einheitlichen Strukturkriterien verknüpft, die für kleinere Häuser eine Herausforderung darstellen. Mit den Mindestvorhaltezahlen kommt eine zusätzliche Hürde hinzu. Um als Planungsinstrument in dicht besiedelten Gebieten zu funktionieren, ist davon auszugehen, dass die Mindestvorhaltezahlen hoch angesetzt werden, sodass ländlichere Regionen Schwierigkeiten bekommen werden. Kleine Häuser werden so Leistungsgruppen und somit entsprechende Vorhaltebudgets nicht erhalten, was die finanzielle Situation weiter belastet.

 

Bedeutung von Level 1i

Eine weitere Säule des KHVVG soll die Ausgestaltung der sektorenübergreifenden Einrichtungen (Level-1i-Krankenhäuser) sein. Die Umstrukturierung kleiner Krankenhäuser zu sektorenübergreifenden Einrichtungen könnten ein probates Mittel sein, um die Grundversorgung in der Fläche zu sichern und einen finanziell gangbaren Weg für die kleinen Häuser zu finden.

Die Ausgestaltung bleibt jedoch vage: Das KHVVG macht keine abschließenden Aussagen darüber, welche Leistungen in Level-1i-Krankenhäusern erbracht werden können. Zur Finanzierung der Leistungen sind nicht näher definierte Tagesentgelte geplant. Dies sind jedoch notwendige Informationen, die der Einführung von Leistungsgruppen und der Reform der Finanzierung vorgeschaltet werden müssten. Nur dann hätten kleinere Häuser die Chance, ambulante Strukturen aufzubauen, bevor das kleine Krankenhaus schließen muss.  

FAZIT

Die KHVVG-Welle kommt näher und wird es vielen Krankenhäusern nicht einfach machen, sie zu bewältigen. Geprägt ist diese Reform von finanzieller Ungewissheit, Risiken für die medizinische Versorgung (in der Fläche) und politischem Sprengstoff. Gute und sinnvolle Ansätze zur Lösung der wirtschaftlich schwierigen Situation der Krankenhäuser bietet das KHVVG kaum, vielmehr birgt es Risiken und mögliche Fehlanreize. Wesentliche Fragen zur konkreten Umsetzung und zu langfristigen Auswirkungen auf die Versorgungssituation bleiben offen.

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