Die Umsetzung der CSRD-Richtlinie mit den Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in nationales Recht durch den deutschen Gesetzgeber war bis Ende 2024 erwartet worden. Mit dem Bruch der Ampel-Koalition ist dieses jedoch bis heute nicht erfolgt.
Ungeachtet dessen hat die EU-Kommission hat am 26. Februar 2025 im Rahmen des sog. Omnibus I zwei Richtlinien mit Vorschlägen zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung veröffentlicht. Es ist zu beachten, dass die Vorschläge der EU-Kommission noch kein finales EU-Recht sind. Sie müssen jeweils vom EU-Parlament und vom Rat der EU beschlossen werden. Schließlich muss auch noch eine Umsetzung in den Nationalstaaten erfolgen.
Zum Omnibus I gehört auch der Entwurf einer Delegierten Verordnung im Hinblick auf die EU-Taxonomie-Verordnung.
Erste Änderungs-Richtlinie
Die erste Änderungs-Richtlinie („Stop-the-clock“-Richtlinie) behandelt die Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte um zwei Jahre für solche Unternehmen, die eigentlich ab 2025 zur Berichterstattung verpflichtet wären. Das betrifft insbesondere große Kapitalgesellschaften oder Unternehmen, die freiwillig wie eine große Kapitalgesellschaft Rechnung legen. Diese Richtlinie wurde bereits vom am 3. April 2025 vom EU-Parlament beschlossen und der Rat der Europäischen Union hat am 14. April 2025 zugestimmt. Mit der anschließenden Veröffentlichung im EU-Amtsblatt ist diese Richtlinie am 15. April 2025 in Kraft getreten. Die Mitgliedsstaaten sollen diese Richtlinie bis zum 31. Dezember 2025 umsetzen, so dass die Verschiebung rechtzeitig vor dem ursprünglichen Erstanwendungszeitpunkt gilt.
Es ist davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber bis zum 31. Dezember 2025 ein entsprechendes CSRD-Umsetzungsgesetz beschließen wird. Damit sollten die aufgrund der Nicht-Umsetzung aktuell bestehenden Rechtsunsicherheiten beseitigt werden.
Zweite Änderungs-Richtlinie
Mit der zweiten Änderungs-Richtlinie werden inhaltliche Änderungen an der Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgeschlagen.
Änderungen zum Anwendungsbereich der CSRD
Die zentrale Änderung betrifft den Anwendungsbereich der CSRD. Künftig sollen nur noch große haftungsbeschränkte Unternehmen (Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften) mit mehr als durchschnittlich 1.000 Beschäftigten im Geschäftsjahr zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der CSRD verpflichtet werden. Durch die Kombination der festen Größenklasse von 1.000 Beschäftigten mit der Größenklasse „groß“ soll die Pflicht nur noch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einer Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. € oder für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und Umsatzerlösen von mehr als 50 Mio. € gelten. Die gleichen Grenzen gelten auch für konzernrechnungslegungspflichtige Unternehmensgruppen. Daher ist eine mögliche Berichterstattungspflicht auf beiden Ebenen zu prüfen.
Nach Aussagen der EU-Kommission soll sich die Anzahl der berichterstattungspflichtigen Unternehmen mit dieser Änderung um 80% reduzieren. Im personalintensiven Bereich der Gesundheits- und Sozialwirtschaft werden unseres Erachtens jedoch deutlich mehr als 20% der ursprünglich berichterstattungspflichten Unternehmen/Konzerne auch künftig in den CSRD-Anwendungsbereich fallen.
Zudem gehen wir davon aus, dass viele nicht von der Regulatorik betroffene Unternehmen eine freiwillige Berichterstattung andenken. Hiermit soll den Anforderungen von Banken, Mitarbeitern, Geschäftspartnern etc. begegnet werden und die unternehmerische Verantwortung in Zeiten des Klimawandels zum Ausdruck gebracht werden. Die EU-Kommission plant die Annahme eines freiwillig anwendbaren Standards, der auf dem im Dezember 2024 veröffentlichten VSME-Standard basieren wird.
Änderungen im Hinblick auf die ESRS
Die ESRS-Standards sollen überarbeitet werden, mit dem Ziel, die Anzahl der Datenpunkte zu reduzieren, als unklar erachtete Bestimmungen klarzustellen und die Kohärenz mit anderen Rechtsvorschriften zu verbessern. Konkrete Vorschläge müssen noch erarbeitet werden, sie sind nicht Teil der Änderungs-Richtlinien. Die zunächst in naher Zukunft vorgesehenen branchenspezifische ESRS sollen vollständig entfallen.
Änderungen zur Prüfung
Die Pflicht zur Prüfung des Nachhaltigkeitsberichtes bleibt bestehen. Jedoch sollen die Prüfungen dauerhaft nur noch mit begrenzter Sicherheit durchgeführt werden. Die Prüfung mit hinreichender Sicherheit, wie bei der Prüfung des Jahresabschlusses, soll nicht weiter verfolgt werden. Der Grad der Prüfungstiefe wird damit deutlich verringert.
Das Gesetzgebungsverfahren für die zweite Änderungs-Richtlinie hat erst begonnen und wird deutlich länger dauern als bei der ersten Änderungs-Richtlinie. Die politische Einigung bei den inhaltlichen Änderungen wird sicherlich komplex und damit zeitintensiver als bei der ersten Änderungs-Richtlinie sein.
EU-Taxonomie-Verordnung
Eine weitere regulatorische Vorgabe betrifft die EU-Taxonomie-Verordnung. Auch hier sind Erleichterungen vorgesehen. Hinsichtlich des Anwendungsbereiches gehen diese sogar über die Vorschläge für die CSRD hinaus. Künftig sollen nur solche Unternehmen, die in den (neuen) Anwendungsbereich der CSRD fallen und zugleich mehr als 450 Mio. € Umsatzerlöse erzielen, im Rahmen der EU-Taxonomie berichten müssen. Da dann sowohl die Grenze von 1.000 Beschäftigten als auch die Schwelle von 450 Mio. € Umsatzerlösen überschritten sein muss, werden auch im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens viele Unternehmen bzw. Konzerne aus dem Anwendungsbereich fallen. Des Weiteren sollen u.a. durch die Einführung von Minimumschwellen Vereinfachungen für die weitere berichtspflichtigen Unternehmen erreicht werden.
Bewertung der Vorschläge
Die Vorschläge können erhebliche Erleichterungen für die Unternehmen bringen. Mit der Verschiebung des Erstanwendungszeitpunktes bleibt mehr Zeit zur Vorbereitung. Diese Zeit sollte genutzt werden, um (wenn nicht bereits erfolgt) mit dem Umsetzungsprojekt zu beginnen, die doppelte Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen und revisionssicher zu dokumentieren und einen Probebericht zu erstellen. Es empfiehlt sich, den Abschlussprüfer regelmäßig einzubeziehen, damit z.B. die doppelte Wesentlichkeitsanalyse als zentraler Ausgangspunkt der Nachhaltigkeitsberichterstattung frühzeitig beurteilt werden kann und Anmerkungen umgesetzt werden können.
Auch Aufsichtsgremien müssen sich im Rahmen ihrer Überwachungstätigkeit unbedingt mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung beschäftigen und die gesetzlichen Vorgaben kennen. Die zeitliche Verschiebung bietet die Gelegenheit, sich zeitnah mit der Regulatorik zu befassen, um dann mit der Geschäftsleitung die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens und die Ergebnisse des Umsetzungsprojektes abstimmen zu können. Gerne unterstützen wir sie dabei.
Die finalen inhaltlichen Änderungen bleiben abzuwarten. Die Vorschläge der EU-Kommission können zu Erleichterungen führen, sie werden unternehmensindividuell zu beurteilen sein.
Wir werden Sie hierzu auf dem Laufenden halten. Und sollten Sie vorab schon Fragen oder Beratungsbedarf haben, kommen Sie gerne auf uns zu. Jetzt Kontakt aufnehmen!