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Einführung einer Viertagewoche

Ein Must-Have oder ein No-Go?

Die Einführung einer Viertagewoche, wie sie derzeit in den Medien oftmals gefordert wird, bringt nicht nur Fragen und Probleme in der praktischen Umsetzung mit sich. Auch die arbeits- und gemeinnützigkeitsrechtlichen Aspekte sollten nicht vernachlässigt werden.

Die Implementierung einer Viertagewoche ist in den vergangenen Monaten und Jahren in aller Munde. Vielerorts hört man die Rufe nach einer solchen Verkürzung der Arbeitswoche. Insbesondere wird vonseiten der Beschäftigten eine solche Veränderung gefordert. Dabei geht es nicht nur um die Verbesserung der Work-Life-Balance, sondern auch um gesundheitliche Aspekte, die Steigerung der Produktivität, ökologische Aspekte oder einfach die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Letztlich wird jede Branche und jeder Arbeitgeber für sich bewerten müssen, welcher dieser Aspekte in der eigenen Einrichtung tatsächlich zum Tragen kommt oder welche Nachteile damit einhergehen. Dies gilt insbesondere in Betreuungs- und Pflegebereichen.


Dessen ungeachtet sind bei der Einführung einer Viertagewoche seitens des Arbeitgebers auch verschiedene arbeitsrechtliche Aspekte zu beachten. Zunächst stellt sich die Frage, auf welche Weise die Viertagewoche umgesetzt werden soll. Dafür gibt es drei Möglichkeiten:

  • Verteilung der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 4 statt 5 Arbeitstage
  • Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit mit vollem Lohnausgleich
  • Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit mit entsprechender Lohnkürzung

Reduzierung der Arbeitszeit mit Lohnkürzung

Dieser Fall entspricht wohl nur selten dem, was medial in Bezug auf die Viertagewoche gefordert wird, handelt es sich dabei doch letztlich um nichts anderes als eine Teilzeitvereinbarung. Entsprechend gelten hier die Regelungen, die bei der Vereinbarung von Teilzeit zu beachten sind.

Umverteilung der Arbeitszeit

Dieser Fall gestaltet sich schon etwas schwieriger. Der Arbeitgeber kann eine solche Umverteilung der Arbeitszeit nur dann einseitig anordnen, wenn der Arbeitsvertrag bzw. der anzuwendende Tarifvertrag oder die geltenden Arbeitsvertragsrichtlinen (AVR) dies auch zulassen, darin also keine Verteilung auf 5 Tage fixiert ist. Darüber hinaus sind die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten sowie Pausen- und Ruhezeiten nach dem Arbeitszeitgesetz zu beachten, die der Erhöhung der Arbeitszeit an den verbleibenden Arbeitstagen ihrerseits eine Grenze setzen. 

Weiterhin muss klar sein, dass durch die werktägliche Erhöhung der Arbeitszeit die Möglichkeit zur Leistung von Überstunden erheblich eingeschränkt wird. Sie könnten i. d. R. allenfalls noch am freien Arbeitstag erbracht werden. Falls die vertraglichen Vereinbarungen eine Neuverteilung der Arbeitszeit zulassen, so kann der Arbeitgeber die Verteilung im Rahmen seines Weisungsrechts unter Berücksichtigung des billigen Ermessens (§ 106 GewO) anordnen.

Lassen die vertraglichen Grundlagen eine einseitige Weisung nicht zu, ist zu prüfen, ob eine Vereinbarung zur Umverteilung der Arbeitszeit durch eine einvernehmliche Vertragsänderung oder eine Änderungskündigung möglich ist. Stehen der Tarifvertrag oder die Arbeitsvertragsregelungen einer solchen Verteilung entgegen, ist zu prüfen, ob es Öffnungsklauseln gibt, die eine Neuorganisation der Arbeitszeit zulassen. 

Möglicherweise bestehen Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die betriebliche Vorgaben zur Arbeitszeitgestaltung enthalten, die entweder berücksichtigt oder aber geändert werden müssen.

Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich

Eine Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich klingt für Beschäftigte zunächst gut und unproblematisch. Allerdings müssen auch hier die oben genannten Aspekte berücksichtigt werden, wenngleich es in diesem Zusammenhang wohl nur selten zu Widerstand aus der Arbeitnehmerschaft kommen wird.

Was gilt es in jedem Fall zu beachten?

  • Keine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten (§ 4 TzB-fG). Im Übrigen gilt der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz, also keine willkürliche Ungleichbehandlung der Beschäftigten insgesamt.
  • Beteiligungsrechte von Betriebsrat bzw. Mitarbeitervertretung.
  • Für besondere Personengruppen, wie Schwangere oder Jugendliche und Auszubildende, gelten abweichende Höchstarbeitszeiten pro Arbeitstag.
  • Reduzierung des Urlaubsanspruchs pro rata temporis (zeitanteilig); ggf. ausdrückliche Regelung in Bezug auf übergesetzlichen Urlaubsanspruch.

In einem solchen Modell sollten gemeinnützige Körperschaften auch den Selbstlosigkeitsgrundsatz in den Blick nehmen. Das Drittbegünstigungsverbot im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO verlangt, dass gemeinnützige Körperschaften keine Personen – eben auch keine Mitarbeitenden – durch zweckfremde Ausgaben oder unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Daher ist bei den für die Mitarbeitenden günstigen Arbeitszeitmodellen mit voller Vergütung stets zu prüfen, ob die betreffenden Personen durch diese Vorteile unverhältnismäßig bevorteilt werden. Zu dieser Frage gibt der Anwendungserlass zur Abgabenordnung, der die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs umgesetzt hat, Aufschluss. 

Demnach liegt eine unverhältnismäßige Bevorteilung vor, wenn die Vorteile einem Fremdvergleich nicht standhalten, wenn also eine andere Organisation ihren Mitarbeitenden entsprechende Vorteile nicht gewähren würde. Für die gemeinnützigkeitsrechtliche Beurteilung der obenstehenden Arbeitszeitmodelle ist daher zu evaluieren, wie vergleichbare Unternehmen ihre Mitarbeitenden behandeln. Dabei sind nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht nur gemeinnützige Organisationen in den Fremdvergleich einzubeziehen, sondern auch andere, gewerblich tätige Unternehmen. Hintergrund ist, dass gemeinnützige Organisationen hinsichtlich des Personalmarketings und der Personalakquise selbstverständlich auch zu gewerblichen Unternehmen in Konkurrenz stehen.

Da nach einer Umfrage des ifo-Instituts aus dem Jahr 2024 bislang nur eine absolute Minderheit der Arbeitgeber eine Reduzierung der Arbeitszeit bei vollem Gehalt anbietet, sollten gemeinnützige Organisationen in der Umsetzung zurückhaltend sein. Die oben dargestellte Umverteilung der Arbeitszeit hingegen unterliegt unter den dargestellten Grundsätzen keiner gemeinnützigkeitsrechtlichen Einschränkung.

FAZIT

Vor der Einführung der Viertagewoche sind nicht nur praktische, sondern auch (gemeinnützigkeits-)rechtliche Erwägungen anzustellen und eine Prüfung der rechtlichen Grundstrukturen vorzunehmen. Möglicherweise bietet es sich auch an, die Viertagewoche im Rahmen eines Pilotprojekts für einen begrenzten Zeitraum oder eine begrenzte Einheit in der Einrichtung zu testen, um auf dieser Basis über die umfassende dauerhafte Einführung entscheiden zu können.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!