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Erleichterungen für steuerbefreite Grundstücke in NRW

Grundsteuerreform

I. Überblick

Auf den Stichtag 1. Januar 2022 sind für alle wirtschaftlichen Einheiten des Grundbesitzes auf der Grundlage des reformierten Grundsteuer- und Bewertungsrechts Grundsteuerwerte gesondert festzustellen. Gegen Ende März 2022 werden vs. alle Grundstückseigentümer durch öffentliche Bekanntmachung dazu aufgefordert, über die Steuer-Onlineplattform ELSTER in dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. Oktober 2022 entsprechende Steuererklärungen elektronisch einzureichen. Auf dieser Basis erfolgt sodann die Hauptfeststellung der neuen Grundsteuerwerte, die der Grundsteuer ab dem Kalenderjahr 2025 zugrunde gelegt werden. Zu weiteren allgemeinen Fragen informieren Sie sich gern über unsere Beiträge (Grundsteuer – Neubewertung von Grundstücken und Gebäuden).

Die Finanzverwaltung in NRW hat nun für wirtschaftliche Einheiten, die vollständig in NRW belegen sind, eine Befreiung von der Abgabepflicht für nach den §§ 3 bis 7 GrStG steuerbefreite Grundstücke ausgesprochen. Über Details zu den Regelungen informiert Sie der nachfolgende Beitrag.

II. Besonderheiten für gemeinnützige Körperschaften

Der Grundbesitz einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer gemeinnützig oder mildtätig anerkannten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse ist von der Grundsteuer befreit, soweit der Grundbesitz für gemeinnützige, mildtätige oder für andere in den §§ 3, 4 GrStG genannten Zwecke genutzt wird. Diese Steuerbefreiung gilt jedoch grundsätzlich nicht, sofern es sich bei dem Grundbesitz um eine Wohnung i.S.d. Bewertungsrechts handelt oder Gebäude vorliegen, die, ggf. anteilig im Rahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, verwendet oder an Dritte (Personen oder gewerbliche Unternehmen) zu deren Nutzung überlassen werden.

Das Finanzministerium NRW (FM NRW) hat in einer aktuellen Information für Grundstücke, die vollständig in Nordrhein-Westfalen belegen sind und die in vollem Umfang nach den §§ 3 bis 7 GrStG steuerbefreit sind, mitgeteilt, dass auf die Abgabe einer Steuererklärung verzichtet wird.

Stattdessen reicht es aus, wenn der Eigentümer dem Belegenheitsfinanzamt bis zum 31. Oktober 2022 eine Auflistung dieser Einheiten nach einem festgelegten Muster einreicht, aus der der Grund für die vollständige Steuerbefreiung hervorgeht. Danach sind in der Liste u. a das EW-Aktenzeichen (falls vorhanden), die Belegenheit, Gemeinde/Gemarkung, Flur, Flurstück-Nr. die Nutzung bzw. Art des Gebäudes sowie die konkrete Angabe der Befreiungsvorschrift des Grundsteuergesetzes einzutragen. Ein entsprechendes Muster findet sich auf der Internetseite des FM NRW. 

Dem Vernehmen nach wurde der Dispens von der Abgabepflicht ausgesprochen, um insbesondere Eigentümer von historischen Gebäuden, für die in der Regel keine Aufzeichnungen über Nutzflächen vorliegen, vor einem unverhältnismäßigen Bürokratieaufwand zu bewahren. Uns liegen aktuell Informationen vor, dass andere Bundesländer diese Regelung nicht übernehmen wollen. Somit dürfte es für Immobilien außerhalb von NRW dabei bleiben, dass auch für steuerfrei genutzte Grundstücke eine Grundsteuerwerterklärung abzugeben ist.

Diese Regelung ist aus Sicht steuerbegünstigter Unternehmen sicherlich zu begrüßen, soweit diese über Immobilien verfügen, die leicht und einwandfrei einer vollständigen steuerbegünstigten Nutzung i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG zugeordnet werden können und für die folglich ein listenmäßiger Nachweis in der o. g. Form genügt.

Die Regelung der Information des FM NRW ist allerdings wörtlich zu lesen: „Sofern Sie davon ausgehen, dass wirtschaftliche Einheiten die vorstehenden Voraussetzungen (Anmerkg.: „sie ist in vollem Umfang nach §§ 3 bis 7 GrStG steuerbefreit“) erfüllen, reicht es aus, wenn…

Eigentümer von im vorgenannten Sinne steuerbefreit genutzten Immobilien, haben folglich für die Frage, ob für die jeweilige Immobilie eine Grundsteuerwert-Erklärung zu erstellen ist oder lediglich eine bloße Auflistung von Grundstücksdaten nach dem o. g. Muster genügt, vorab eine Wertungsentscheidung zu treffen, ob die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach den §§ 3 bis 7 GrStG für die jeweilige Immobilie in vollem Umfang gegeben sind. Erfahrungsgemäß setzt diese Entscheidung eine genaue Kenntnis bzw. das Verständnis der entsprechenden Rechtsvorschriften voraus, zumal bei einer bloßen Auflistung die konkrete Angabe der zutreffenden Befreiungsnorm des Grundsteuergesetzes dezidiert zu benennen ist.

Am nachfolgenden Beispiel der Nutzung einer Immobilie für Zwecke der Altenhilfe (Wohnzwecke) wird die Komplexität dieser Fragestellung deutlich. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG ist Grundbesitz von der Grundsteuer befreit, soweit dieser von einer nach der AO steuerbegünstigten Körperschaft für gemeinnützige oder mildtätige Zwecke genutzt wird. Diese dem Grunde nach angelegte Steuerbefreiung ist im Beispielsfall - mit Verweis auf die entsprechende Rechtsvorschrift - zu konkretisieren in Bezug auf die Frage, ob der Grundbesitz zugleich Wohnzwecken dient. Insoweit gilt die Steuerbefreiung nur, wenn es sich hierbei um „Wohnräume handelt, und der steuerbegünstigte Zweck „….nur durch ihre Überlassung erreicht werden kann (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 GrStG).“

Mit Blick auf die Vorschrift des § 5 Abs. 2 GrStG („Wohnungen sind stets steuerpflichtig, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen“) wird deutlich, dass den o. g. Wertungsentscheidungen der steuerbegünstigten Unternehmen/Körperschaften (liegen Wohnräume oder Wohnungen vor?) eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist.

Hierbei gilt es außerdem zu beachten, dass Betreuungsverhältnisse auf der Grundlage des WBVG unter weiteren Voraussetzungen ggf. als wertendes Kriterium für eine Steuerbefreiung einzubeziehen sein können.

Fazit und weitere Schritte

Das erste Halbjahr 2022 ist für alle Grundstückseigentümer im Hinblick auf die anstehende Erstellung von Steuererklärungen für ihren Grundbesitz von besonderer Bedeutung.

Die aktuelle Erlassregelung des Finanzministeriums NRW, vollständig steuerfrei genutzte Immobilien, soweit sie in NRW belegen sind, zugunsten eines bloßen Listennachweises von der Pflicht zur Abgabe entsprechender Feststellungserklärungen zu befreien, ist zunächst zu begrüßen. Dies bedarf allerdings einer möglichst rechtssicheren Zuordnungs- bzw. Wertungsentscheidung durch die steuerbegünstigten Unternehmen/Körperschaften. Das Beispiel einer Immobiliennutzung für Wohnzwecke in der Sozialwirtschaft zeigt die Komplexität der Rechtsvorschriften, die es dabei zu beachten gilt. Die Befreiung von de Abgabepflicht gilt im Übrigen nicht für gemischt genutzte Immobilien.

Steuerbegünstigte Unternehmen sind daher gut beraten, dem Thema „Deklaration des Immobilienbestandes für Zwecke der Grundsteuer“ in nächster Zeit eine hohe Aufmerksamkeit zu widmen. Derzeit bereiten die Finanzministerien der Länder Informationen bzw. Portale vor, Immobilieneigentümern für die Steuerdeklaration erforderliche Grundstücksdaten ab Mai 2022 als individuelles Schreiben zur Verfügung zu stellen.

Möchten Sie zu diesem Thema mehr erfahren, nutzen Sie gern unsere Webinare, die wir im März und April 2022 anbieten. Haben Sie Interesse an digitalen Lösungen zur Erhebung Ihrer Immobiliendaten oder weitere Fragen im Hinblick auf die Steuerdeklaration, sprechen Sie uns gern jederzeit an.

Weitere Informationen finden Sie auch in unserem Beitrag Grundsteuer – Erklärungsabgabe vorbereiten!