Sachverhalt
In dem Verfahren des Bundesfinanzhofs (Aktenzeichen II R 4/22) wurde von einem durch drei Kommunen gebildeten Zweckverband Klage gegen eine festgesetzte Grunderwerbsteuer erhoben. Bei diesem Zweckverband handelte es sich um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben gehört es, ein künftiges Gewerbegebiet mit einer Größe von etwa 24 Hektar zu planen, zu erschließen und die hierfür notwendigen Grundstücke zu erwerben und zu vermarkten. Der Zweckverband hatte vor der später erfolgten Umlegung selbst kein Grundstückseigentum im Zweckverbandsgebiet.
Der Zweckverband leitete ein Umlegungsverfahren gemäß §§ 45 ff. des Baugesetzbuches (BauGB) ein, in das die Gemeinden und die Privateigentümer ihre Grundstücke einbrachten. Nachdem der Kläger dem zuständigen Finanzamt den Umlegungsplan übersandt hatte, setzte das Finanzamt mittels Bescheid Grunderwerbsteuer fest. Als Bemessungsgrundlage legte es die vom Kläger geleisteten Ausgleichszahlungen zugrunde.
Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde durch das Finanzamt im Rahmen eines ersten Verfahrens als unbegründet zurückgewiesen. Auch die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolglos, sodass die Rechtssache dem Bundesfinanzhof im Rahmen der Revision vorgelegt wurde.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof urteilte mit Entscheidung vom 15. Mai 2024, dass der Eigentumserwerb an den Grundstücken durch den Zweckverband im Rahmen einer Umlegung nicht von der Grunderwerbsteuer befreit ist, da der Zweckverband nicht als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks am Umlegungsverfahren teilgenommen hat.
Der Grundstückserwerb des Zweckverbandes ist daher nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b, § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) oder aufgrund der wertenden Zusammenschau der Vorschriften steuerfrei zu stellen.
Gründe
Der Grunderwerbsteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG der Übergang des Eigentums, wenn kein Rechtsgeschäft vorausgegangen ist, dass den Anspruch auf Übereignung begründet und es keiner Auflassung bedarf. Der Erwerb des Eigentums an einem Grundstück im Rahmen eines Umlegungsverfahrens nach dem Baugesetzbuch (BauGB) ist von dieser Regelung nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 2 Buchst. b GrEStG ausgenommen, wenn der neue Eigentümer an diesem Verfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks beteiligt ist.
Die im Umlegungsgebiet belegenen Grundstücke waren jedoch vor Durchführung der Umlegung den Privateigentümern und den Gemeinden zuzurechnen. Der Umstand, dass die an dem Kläger beteiligten Gemeinden selbst Grundstücke in das Umlegungsverfahren eingebracht haben, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Der Kläger ist als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein eigenständiges Rechtssubjekt. Daher ist er auch in grunderwerbsteuerrechtlicher Hinsicht als selbständiger Rechtsträger zu betrachten.
Für eine Zurechnung der Grundstücke der beteiligten Gemeinden an den Kläger fehlt die Rechtsgrundlage. Die nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift für eine Befreiung von der Grunderwerbsteuer erforderliche Voraussetzung, dass der Erwerber an dem Umlegungsverfahren als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks teilgenommen haben muss, war im Streitfall nicht erfüllt.
Auch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 GrEStG, wonach der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person öffentlichen Rechts von der Besteuerung ausgenommen wird, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische Person übergeht, war in diesem Fall nicht einschlägig.
Die Steuerbefreiung kommt nur in Betracht, wenn sowohl der Grundstücksveräußerer als auch der Grundstückserwerber eine juristische Person des öffentlichen Rechts sind. Daran fehlte es im Streitfall schon deswegen, weil es vorliegend um die Steuerbefreiung des Grundstückserwerbs des Zweckverbands von den Privateigentümern ging.
Ferner war der Grundstückserwerb auch nicht aufgrund einer Zusammenschau der Befreiungstatbestände von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 GrEStG steuerfrei zu stellen. Die Zusammenschau kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb als abgekürzter Leistungsweg darstellt und die unterbliebenen Zwischenerwerbe, wenn sie durchgeführt worden wären, ebenfalls steuerfrei wären. Laut Bundesfinanzhof lag in diesem Fall jedoch kein abgekürzter Leistungsweg, sondern vielmehr eine andere Sachverhaltsgestaltung vor, die für die Besteuerung grundsätzlich außer Betracht zu bleiben hat.
Fazit
Das Urteil des Bundesfinanzhofs zeigt, dass bei öffentlichen Umlegungsverfahren unbedingt ein Augenmerk auf die Zurechnung der Grundstücke für eine grunderwerbsteuerfreie Übertragung zu legen ist. Die Zurechnung der Steuerbefreiung ist hierbei sehr eng auszulegen. Dabei sollte die grunderwerbsteuerliche Prüfung möglichst vor dem Beginn des Umlegungsverfahrens erfolgen, um Gestaltungsspielräume auszuschöpfen und eine mögliche Belastung mit Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
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