Interview
In einer Zeit tiefgreifender Veränderungen in der Sozialwirtschaft sind strategische Führung, Digitalisierung und eine offene Organisationskultur entscheidende Erfolgsfaktoren. Wie kann diesen Herausforderungen erfolgreich begegnet werden? Und was kann eine externe Beratung hier leisten? Mit Ansgar Funcke, gegenwärtig stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes Düsseldorf e. V., haben wir über seine Erfahrungen in diesem Kontext gesprochen.
Alle Informationen zum Caritasverband für die Diözese Eichstätt e.V. finden Sie hier: www.caritas-eichstaett.de
Curacon:
Herr Funcke, Sie können auf einen umfassenden Erfahrungsschatz in kaufmännischen Vorstandspositionen zurückblicken. Welche Anforderungen sehen Sie heute an die Rolle eines kaufmännischen Vorstands?
Ansgar Funcke:
Die Rolle des kaufmännischen Vorstands hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Aus der Rolle des Zahlenverwalters wird zunehmend die eines strategischen Impulsgebers, der aktiv zur Zukunftsfähigkeit der Organisation beiträgt. Neben betriebswirtschaftlicher Steuerung sind heute Transparenz, Kommunikation und ein integratives Führungsverständnis gefragt. Themen wie Digitalisierung, Fachkräftemangel und regulatorische Anforderungen prägen die tägliche Arbeit und erfordern ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit.
Curacon:
Wie sind Sie konkret in Ihre jeweilige Rolle gestartet? Gab es bestimmte Schwerpunkte oder Maßnahmen, zum Beispiel wirtschaftliche, prozessuale oder organisatorische Analysen, die Sie zur Gewinnung eines raschen Überblicks gesetzt bzw. getroffen haben?
Ansgar Funcke:
Was bei einer solchen Verantwortungsrolle von hoher Relevanz ist, ist das Zuhören. Ziel ist es, die Organisation zu verstehen, Schmerzpunkte zu erkennen und gemeinsam tragfähige Lösungen zu entwickeln. Beim Einstieg in die Organisation sollte somit ein Fokus auf dem offenen Dialog mit Mitarbeitenden und Führungskräften liegen, um Vertrauen aufzubauen sowie zentrale Themen frühzeitig zu identifizieren. Daneben ist eine Finanzstrukturanalyse ebenfalls ein wesentliches Instrument der initialen Standortbestimmung. Nicht nur als Ausgangspunkt für die Neuausrichtung bzw. nachhaltige Ausgestaltung der Organisation ist sie ein elementarer Bestandteil, vielmehr macht sie auch kurzfristige Risiken sichtbar, stärkt die Transparenz und erhöht die Planungssicherheit. Dabei werden neben den konkreten wirtschaftlichen Ergebnissen auch mögliche prozessuale Entwicklungspotenziale sichtbar. Entscheidend ist dabei, Mitarbeitende frühzeitig einzubinden, ihre Perspektiven ernst zu nehmen und Veränderungen gemeinsam mit ihnen zu gestalten – nicht über ihre Köpfe hinweg. Zwei Beispiele für daraus abgeleitete Maßnahmen sind die Neuausrichtung des Berichtswesens sowie die Entwicklung strategischer Steuerungsinstrumente.
Curacon:
Wie stehen Sie zum Thema Digitalisierung? Und welche Rolle spielt sie aus Ihrer Sicht bei der Fortentwicklung von Organisation?
Ansgar Funcke:
Ein zentrales Thema in jedem Organisationsprozess ist definitiv die Digitalisierung – jedoch nicht im Sinne von „Papier in PDF“, sondern als echte, strukturelle Prozessdigitalisierung. In vielen Bereichen finden sich oftmals historisch gewachsene Strukturen sowie ein fehlender, interdisziplinär harmonisierter Austausch. Wissen ist häufig personenabhängig und wenig systematisch verankert. Umso wichtiger ist es, dieses Wissen schrittweise aus den Köpfen in verlässliche, standardisierte Prozesse zu überführen. Konkrete Beispiele sind die Einführung eines zentralen Rechnungseingangs oder eines umfassenden Dokumentenmanagementsystems. Mit deren Einführung haben wir eine nachhaltige Standardisierung und eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit erreicht.
Curacon:
Mit Blick auf unsere bisherigen Interviewimpulse – wie haben Sie solche Projekte jeweils bei Ihnen in der Organisation gesteuert?
Ansgar Funcke:
Der Schlüssel liegt bei einem zentral aufgesetzten Projektmanagement, das nicht nur für Struktur und Verlässlichkeit im Vorgehen sorgt, sondern auch den regelmäßigen Austausch zwischen den Beteiligten stärkt. Es fördert eine Kultur des Lernens und eröffnet Raum für einen konstruktiven Umgang mit Fehlern. Eine externe Projektbegleitung wurde dabei als Unterstützung auf Augenhöhe wahrgenommen – als Mediator, Sparringspartner und Impulsgeber. Diese Begleitung half, Perspektiven zu erweitern, Inhalte zu strukturieren und den Prozess intern gut anschlussfähig zu gestalten.
Curacon:
Gab es weitere Schlüsselerkenntnisse im Rahmen der Organisationsanalysen?
Ansgar Funcke:
Wissensmanagement und Weiterbildung sind weitere zentrale Erfolgsfaktoren für eine nachhaltige und langfristige Transformation. Die kontinuierliche Weiterbildung von Mitarbeitenden gewinnt oft zu wenig Aufmerksamkeit. Eine nachhaltige Transformation der Organisation behält nur Substanz, wenn Mitarbeitende befähigt werden, in und mit den neuen Abläufen und Strukturen den Alltag zu gestalten. Niederschwellige Formate, wie etwa kurze Videos auf Lernplattformen, haben sich hier als sehr hilfreich erwiesen, um Wissen aufzufrischen. Wissensmanagement wurde so zu einem integralen Bestandteil der Personalentwicklung.
Curacon:
Welche Empfehlung geben Sie für den Umgang mit den Herausforderungen bei einer Organisationsentwicklung?
Ansgar Funcke:
Da würde ich gerne die Thematik des Change Management nennen. Veränderung ist kein Projekt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Kommunikation und die Beteiligung der Mitarbeitenden sind dabei entscheidend. Der Vorstand sollte nicht die Rolle des Allwissenden einnehmen, sondern aktiv als Moderator einen gemeinsamen Lernprozess gestalten. Diese Haltung baut Vertrauen auf, ermöglicht nachhaltige Veränderung – sie setzt darauf, was funktioniert, statt in Konzepten zu verharren.
Curacon:
Eine letzte Frage noch an Sie, Herr Funcke, wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Curacon und die von Curacon entwickelten Impulse bewerten?
Ansgar Funcke:
Die Begleitung durch einen externen Partner in umfassenden Transformationsprozessen war nicht nur fachlich, sondern auch persönlich bereichernd. Die externe Perspektive half, Schwachstellen aufzudecken und diese gemeinsam anzugehen. Für die Zukunft sind Agilität, digitale Formate und eine klare Haltung zentrale Erfolgsfaktoren – insbesondere in der Pflege, wo Digitalisierung Freiräume für mehr Menschlichkeit schaffen kann. Das gemeinsame Projekt zeigt, wie durch gezielte Analyse, partizipative Führung und externe Impulse nachhaltige Veränderungen möglich sind. Für mich ist entscheidend, Probleme früh zu erkennen und sofort zu handeln! Wichtig ist, das umzusetzen, was tatsächlich funktioniert, und nicht in Konzepten stecken zu bleiben.
Jede Lösung muss einem Realitätstest standhalten.
Curacon:
Vielen Dank, Herr Funcke, für das Gespräch.
Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!