Korruption im Gesundheitswesen ist kein Randphänomen. Vielmehr gehört die Gesundheitswirtschaft zu den sensibelsten und korruptionsanfälligsten Bereichen. Mit dem Inkrafttreten der §§ 299a, 299b StGB („Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“) wurde ein klares strafrechtliches Signal gesetzt: Kooperationen, Vorteilsgewährungen und Zuweisungen stehen seitdem unter besonderer Beobachtung der Strafverfolgungsbehörden.
1. Was fällt unter „Korruption“ im Gesundheitswesen?
Korruption bezeichnet den Missbrauch der eigenen Vertrauensstellung, um für sich oder Dritte einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen, auf den kein rechtmäßiger Anspruch besteht.
Der § 299a StGB verbietet Ärzten und anderen Angehörigen von Heilberufen Vorteile dafür anzunehmen, zu fordern oder sich versprechen zu lassen, dass sie bei der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial einen anderen im Wettbewerb unlauter bevorzugen oder eine berufsrechtliche Pflicht zur Wahrung der heilberuflichen Unabhängigkeit verletzen.
§ 299b StGB ist das „Gegenstück“ und stellt denjenigen unter Strafe, der einem Heilberufsangehörigen einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, als Gegenleistung dafür, dass dieser bei der Verordnung, Abgabe oder Zuweisung von Leistungen pflichtwidrig seine Stellung ausnutzt.
Häufige Risikokonstellationen sind insbesondere:
Kick-back-Zahlungen oder umsatzbezogene Honorare für Zuweisungen
Schein-Kooperationen ohne echte Gegenleistung
Industrieunterstützung bei Fortbildungen, Veranstaltungen oder Gerätekauf
Sponsoring oder Einladungspraxen ohne Dokumentation
2. Die Geschäftsleitung in der Pflicht
Im Visier stehen aber nicht nur ärztliche Akteure. Auch Geschäftsführer, Verwaltungsleiter und Inhaber medizinischer Einrichtungen können etwa wegen Organisationsverschulden, unterlassener Aufsicht oder unternehmerischer Mitverantwortung strafrechtlich belangt werden. Die Anforderungen an „Corporate Compliance“ sind gestiegen:
Wer trägt welche Verantwortung im Unternehmen?
Gibt es klare Regeln für Zuwendungen, Sponsoring, Verträge?
Wie wird das Verhalten von Mitarbeitenden überwacht und kontrolliert?
3. Prävention als rechtlicher Schutz
Ein funktionierendes Anti-Korruptions- und Compliance-System ist heute ein Muss – nicht nur zur Vermeidung von Ermittlungen, sondern auch als Haftungsschutz für Entscheidungsträger.
Folgende Elemente sind dabei zentral:
Verhaltenskodizes und interne Leitlinien
Schulungen für ärztliches und nicht-ärztliches Personal
Vertragsprüfung mit Blick auf strafrechtliche Risiken
Interne Hinweisgebersysteme
Dokumentation und Überwachung von Zuwendungen
Wichtig ist, dass nicht nur das Vorhandensein solcher Maßnahmen zählt, sie müssen auch gelebt werden und nachweisbar sein.
4. Die (Anti-) Korruptionsrichtlinie
Eine verbindliche Korruptionsrichtlinie ist das zentrale Steuerungsinstrument zur Vorbeugung strafbarer Handlungen im Gesundheitswesen. Sie schafft klare Regeln für alle Mitarbeitenden und definiert, was erlaubt ist und was nicht. Gerade im Umgang mit externen Partnern wie Pharmaunternehmen, Medizintechnikfirmen oder anderen Leistungserbringern hilft eine solche Richtlinie, Graubereiche zu vermeiden und Rechtssicherheit im Alltag zu gewährleisten.
Für die Geschäftsführung ist die Richtlinie zudem ein wichtiges Mittel zur Erfüllung ihrer Organisations- und Überwachungspflichten. Sie zeigt gegenüber Aufsichtsbehörden, Staatsanwaltschaften oder Kooperationspartnern, dass Korruptionsprävention ernst genommen und aktiv gelebt wird. In Ermittlungsverfahren kann eine gut implementierte Richtlinie sogar entlastend oder strafmildernd wirken.
5. Nächste Schritte
Wer sich frühzeitig mit Anti-Korruptionsmaßnahmen befasst, schützt nicht nur seine Organisation, sondern auch sich selbst. Für Entscheidungsträger im Gesundheitswesen ist es essenziell, die eigene Organisation auf Risiken hin zu überprüfen und gegebenenfalls nachzusteuern.
Dabei unterstützen wir Sie: von der Vertragsprüfung über Compliance-Schulungen bis hin zur Einführung eines vollständigen Compliance-Systems. Jetzt Kontakt aufnehmen!