Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG), kurz Lieferkettengesetz, trat am 1. Januar 2023 in Kraft und führt bei den betroffenen Unternehmen zu dringendem Handlungsbedarf. Auch wenn die Frist zur Berichterstattung nun bis zum 31. Dezember 2024 verlängert wurde, können im Prüfungsfall jetzt schon Bußgelder gegen die Unternehmen ausgesprochen werden.
Überblick LkSG
Das Lieferkettengesetz verpflichtet Unternehmen dazu, die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer Lieferkette zu überwachen. Seit Januar 2024 treffen die Verpflichtungen des Gesetzes Unternehmen bereits dann, wenn sie insgesamt mindestens 1.000 Mitarbeitende beschäftigen.
Wird diese Arbeitnehmerzahl überschritten, gilt es, die eigenen Lieferketten zu kennen und zu überwachen, um wesentliche Risiken aus dem Bereich der Menschen- und Umweltrechte möglichst zu vermeiden. Um Menschen- und Umweltrechte zu schützen, sieht das LkSG vor, dass gewisse Sorgfaltspflichten in einem angemessenen Umfang eingehalten werden.
Sorgfaltspflichten und Reichweite
Konkret benennt das Gesetz folgende von den Unternehmen zu beachtende Sorgfaltspflichten:
- Regelmäßige Risikoanalysen (§ 5 LkSG)
- Einrichtung eines Risikomanagementsystems (§ 4 Abs. 1 LkSG)
- Verabschiedung einer Grundsatzerklärung (§ 6 Abs. 2 LkSG)
- Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens/Meldekanals (§ 8 LkSG)
- Dokumentation (§ 10 Abs. 1 LkSG)
- Berichtspflicht (§ 19 Abs. 2 LkSG)
Das LkSG begründet hierbei jedoch keine Erfolgs-, sondern lediglich eine „Bemühenspflicht“. Mithin garantiert das Unternehmen nicht, dass Menschenrechts- bzw. Umweltverstöße in jedem Fall verhindert werden, sondern vielmehr, dass das Unternehmen alles getan hat, um Risiken oder Pflichtverletzungen in seiner Lieferkette zu verhindern. Die Reichweite der Sorgfaltspflichten wird gemäß § 3 Abs. 2 LkSG anhand folgender Kriterien konkretisiert:
- Art und Umfang der Geschäftstätigkeit des Unternehmens
- Einflussvermögen des Unternehmens auf den unmittelbaren Verursacher eines menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Risikos oder auf die Verletzung einer menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflicht
- Zu erwartende Schwere der Verletzung, Umkehrbarkeit der Verletzung und Wahrscheinlichkeit der Verletzung einer solchen Pflicht
- Art des Verursachungsbeitrags des Unternehmens
Die Frage, ob ein Unternehmen den Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, entscheidet sich im Rahmen einer individuellen Risikobetrachtung und macht die Einbeziehung verschiedener Faktoren notwendig.
Berichtspflicht
Wie dargestellt ist die Berichtspflicht gemäß § 19 Abs. 2 LkSG eine der umzusetzenden Sorgfaltspflichten. Inhaltlich muss der Bericht nachvollziehbar Auskunft darüber geben,
- ob und welche menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken das Unternehmen identifiziert hat,
- was das Unternehmen zur Erfüllung seiner Sorgfaltspflichten unternommen hat,
- wie das Unternehmen die Auswirkungen und die Wirksamkeit der Maßnahmen bewertet und
- welche Schlussfolgerungen es aus der Bewertung für zukünftige Maßnahmen zieht.
Demnach ist es zwingend erforderlich, sich bereits mit der Umsetzung der Sorgfaltspflichten auseinandergesetzt zu haben, um der Berichtspflicht überhaupt in ausreichendem Maß nachkommen zu können.
Die Umsetzung der mit Inkrafttreten des Gesetzes bestehenden Berichtspflicht wurde bislang seitens des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) nicht überprüft. Dies sollte sich nun erstmalig zum 1. Juni 2024 ändern. Für alle Unternehmen, die bereits berichtspflichtig sind, hätte dies zur Folge gehabt, dass fällige Berichte spätestens bis zum 31. Mai 2024 hätten übersandt werden müssen. Die Frist zur Berichterstattung wurde nun bis zum 31. Dezember 2024 verlängert. Das BAFA wird folglich zum 1. Januar 2025 erstmalig das Vorliegen der Berichte sowie deren Veröffentlichung prüfen. Auch wenn die Übermittlung eines Berichts und dessen Veröffentlichung bereits vor diesem Zeitpunkt fällig waren, wird die Überschreitung der Frist nicht sanktioniert werden, vorausgesetzt der Bericht liegt spätestens zum 31. Dezember 2024 beim BAFA vor.
Dies führt jedoch nicht zu einer Entwarnung, denn die Umsetzungspflicht besteht dennoch. Die Erfüllung der übrigen Sorgfaltspflichten sowie deren Kontrolle und Sanktionierung werden von dieser Stichtagsregelung nicht berührt. Somit gewährt die Fristverlängerung den betroffenen Unternehmen zwar eine Schonfrist bei der Erstellung des Berichts, jedoch nicht bei der Umsetzung der sonstigen Sorgfaltspflichten.
Mithin können im Prüfungsfall unverändert Bußgelder drohen. Dass diese Gefahr nicht nur theoretisch ist, zeigt die Beratungspraxis. Bereits in diesem Jahr wurden mehrere Prüfungen gemeinnütziger Komplexträger durch das BAFA initiiert. Betroffene Unternehmen wurden im Rahmen der Prüfung aufgefordert, die Umsetzung verschiedener Sorgfaltspflichten detailliert nachzuweisen und eine entsprechende Dokumentation vorzulegen.
Bußgeld
Gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 12 LkSG handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, wenn ein Bericht nicht oder nicht rechtzeitige eingereicht wird, mit der Folge, dass ein Bußgeld verhängt werden kann. Dasselbe gilt, wenn die übrigen Sorgfaltspflichten nicht oder nicht angemessen umgesetzt werden. In diesem Fall drohen den Verantwortlichen Bußgelder von bis zu 800.000 Euro. Die Bußgelder erhöhen sich auf 8 Millionen Euro oder bis zu 2 Prozent des Jahresumsatzes, sofern sie sich gegen das Unternehmen als solches richten. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt allerdings nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, das Unternehmen von öffentlichen Ausschreibungen auszuschließen
FAZIT
Unabhängig von der Tatsache, dass das BAFA erstmals bis zum 31. Dezember 2024 die Übersendung von LkSG-Berichten verlangt, sollte den Verantwortlichen in Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden klar sein, dass die Umsetzung der obigen Sorgfaltspflichten zwingend erforderlich ist. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann bereits eine Ordnungswidrigkeit darstellen.
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