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Nicht so lax mit virtuellen Versammlungen

Nichtigkeitsrisiko verhindern

An den Gedanken, Versammlungen unter Nutzung von ton- und bildübertragenden Technologien abzuhalten, hat man sich in der Praxis inzwischen gewöhnt. Der Wunsch, diese Möglichkeiten hemdsärmelig, ohne allzu viel Aufwand zu nutzen, kann sich aber – trotz neuer gesetzlicher Grundlage – als Fehler herausstellen.

Historisch stand die Rechtsprechung Organbeschlüssen unter Abwesenden mithilfe technischer Mittel kritisch gegenüber und urteilte restriktiv. Wo Satzungen solche Wege eröffneten, wurde das zwar akzeptiert, Fragen, zu denen (knappe) Satzungsregelungen schwiegen, wurden aber gleichfalls „streng“ beantwortet. 

Durch die Covid-19-Pandemie kam Bewegung in die Thematik. Viele Organisationen passten ihre Satzungen an. Für Vereine reagierte der Gesetzgeber schließlich mit einer unbefristeten, aber knappen Regelung in § 32 Abs. 2 BGB. Diese unterscheidet zwischen hybriden (die elektronische Teilnahme der Mitglieder wird zugelassen) und virtuellen (alle Mitglieder müssen elektronisch teilnehmen) Versammlungen. Nur hybride Versammlungen sind grundsätzlich zulässig. Bei der Berufung muss angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Mit Urteil vom 27. Juni 2024 – 3 C 78/24 – hat das AG Spandau die Nichtigkeit der Beschlüsse einer hybriden Mitgliederversammlung festgestellt, weil bei der Berufung (teils ungeschriebene) Anforderungen nicht erfüllt wurden. Um die Möglichkeit der virtuellen Teilnahme zu nutzen, musste eine Anmeldung binnen einer einige Tage vor der Versammlung ablaufenden Frist erfolgen, was Vorbereitungen und Unterstützung erlauben sollte.

Nach Ansicht des Gerichts war die Berufung fehlerhaft, weil erstens ausreichende Angaben fehlten, wie die Mitglieder ihre Rechte elektronisch ausüben könnten (die Angabe der Abstimmungssoftware war nicht ausreichend) und zweitens eine Frist zur An-meldung für die virtuelle Teilnahme ohne Satzungsgrundlage nicht hätte gesetzt werden dürfen.

FAZIT

Weiterhin gibt die Rechtsprechung Mitgliederrechten gegenüber praktischen Bedürfnissen bei Einberufung und Durchführung hybrider und virtueller Versammlungen strikt den Vorrang. Ausdifferenziert sind ihre Anforderungen noch nicht. Mangels Sat-zungsvorgaben sind entsprechende Berufungen mit großer Sorgfalt zu gestalten. Gerade bei Vereinen ist dies wichtig, da hier fehlerhafte Beschlüsse nicht nur anfechtbar, sondern grundsätzlich nichtig sind.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!