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Pflegekompetenzgesetz

Referentenentwurf mit guten Ansätzen, aber wenig Konkretem

Sehr lange war es angekündigt und sollte schon längst beschlossene Sache sein: Mit großer Verzögerung hat das Bundesministerium für Gesundheit nun Anfang September den Referentenentwurf zum Pflegekompetenzgesetz (PKG) vorgestellt. Neben einer Stärkung der Kompetenzen von Pflegefachpersonen sollen auch zahlreiche Veränderungen im Leistungsrecht der sozialen Pflegeversicherung kommen, etwa auch die von vielen sehnsüchtig erwartete Versorgungsform „stambulant“. Die Verbände und Berufsorganisationen können ihre Stellungnahmen bis zum 30. September 2024 abgeben. Die Verbändeanhörung ist für den 2. Oktober geplant, bevor das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren beginnt. Erfahrungsgemäß kommt es in diesem Zuge noch zu Veränderungen. 

Die Regelungen zu dieser neuen Versorgungsform – bisher nur als Modellprojekt in Deutschland getestet – befinden sich im neuen §45j SGB XI. Die Idee ist, die Lücke zwischen den in häuslicher Versorgung bestehenden ambulanten Versorgungsformen und der klassisch vollstationären Pfleg zu schließen. Dies gilt nicht für Einrichtungen wie Krankenhäuser oder die Eingliederungshilfe. Grundlage ist der Abschluss eines Vertrags zwischen den Pflegekassen und den Pflegediensten in dem Pflegemaßnahmen, Betreuungsleistungen und auch die Qualitätssicherung vereinbart werden müssen. Eingebunden werden können (und sollen möglichst) Engagement von Angehörigen sowie ehrenamtlichen Helfern. Ein Kritikpunkt ist hierbei, dass der Referentenentwurf zwar die Versorgungsform „stambulant“ nunmehr ermöglicht, Einzelheiten aber offenbleiben und weitergehender Regelungen vonseiten der Vertragsparteien bzw. der Pflegeselbstverwaltung bedürfen. 

Weitere Aspekte des PKG sind u. a.: 

  • Die bislang berufsrechtlich geregelten Vorbehaltsaufgaben von Pflegefachpersonen solle künftig auch im Rahmen der leistungsrechtlichen Vorschriften gelten.
  • Im Rahmen der leistungsrechtlichen Vorschriften sollen Pflegefachpersonen heilkundliche Leistungen erbringen dürfen.
  • Pflegefachpersonen können künftig Pflegehilfsmittel und Hilfsmittel nach §40 SGB XI empfehlen. Entsprechende Richtlinien dazu sollen bis Ende 2025 kommen.
  • Es wird künftig eine Beauftragte oder einen Beauftragten der Bundesregierung für Pflege geben. Die beauftragte Person soll darauf hinwirken, dass die Anliegen pflegebedürftiger Menschen, ihrer An- und Zugehörigen und der beruflich Pflegenden im Pflegesystem wahrgenommen und beachtet werden. Der oder die Beauftragte soll bei allen Gesetzes-, Verordnungs- und sonstigen wichtigen Vorhaben, soweit sie Fragen der Pflege behandeln oder berühren, von den Bundesministerien beteiligt werden.
  • Zur Vereinheitlichung der Berufsbezeichnungen sollen Personen mit einer Erlaubnis nach §1 Pflegeberufegesetz (PflBG) als Pflegefachperson bezeichnet werden; Pflegefachkräfte gehören in dieser Betitelung damit der Vergangenheit an.
  • Die Kommunen werden in ihrer Rolle und Verantwortung im Hinblick auf eine bedarfsgerechte und regional abgestimmte Versorgung pflegebedürftiger Menschen gestärkt. Zudem wird die Zusammenarbeit von Pflegekassen und Kommune mit Blick auf die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung verbessert. 

Pflegesatzvefahren und Vergütungsvereinbarungen 

Darüber hinaus sollen einige Änderungen für Pflegesatzverfahren und den Abschluss entsprechender Vergütungsvereinbarungen erfolgen. Zukünftig kann auf Betreiben beider Seiten ein Schiedsstellenantrag auch gemeinsam von den Vertragsparteien vor Ablauf von sechs Wochen gestellt werden. Festsetzungen der Schiedsstelle werden, sofern keine Festlegung erfolgt ist, rückwirkend mit dem Tag wirksam, an dem der Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. Falls während des Schiedsstellenverfahrens der Antrag geändert wurde, ist auf den Tag abzustellen, an dem der geänderte Antrag bei der Schiedsstelle eingegangen ist. 

Und es wird deutlich noch einmal klargestellt: Unzulässig ist, Vergütungen für die Zeit vor diesem Stichtag rückwirkend zu vereinbaren oder festzusetzen. 

Pflegesatzanträge sollen rechtzeitig vor Beginn desangestrebten Pflegezeitraums bei den Kostenträgern eingereicht werden. Diese bestimmen umgehend eine bevollmächtigte Person als verbindliche Ansprechperson und teilen diese unverzüglich dem Träger der Pflegeeinrichtung mit. Nachweisforderungen zur Darlegung der prospektiven Aufwendungen sind zeitnah nach Antragseingang zu stellen und zu bedienen. Die bevollmächtigte Person ist befugt, die schriftliche Vertragserklärung mit Wirkung für und gegen die beteiligten Kostenträger unverzüglich nach der Einigung abzugeben.

Wichtig für künftige Verhandlungen

Die der Pflegesatzvereinbarung zugrunde gelegte maßgeblichen Annahmen und Werte sind derart zu hinterlegen oder auszuweisen, dass diese bei künftigen Anpassungen – auch in vereinfachten Verfahren – für die Parteien leichter zugänglich sind.

Die Pflegesatzkommissionen oder vergleichbar Gremien im Land sowie die Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 können entsprechende Empfehlungen für pauschale Anpassungsverfahren für die Pflegvergütung beschließen. Um effiziente und bürokratiearme Verfahren mit dem Ziel des Abschlusses weitsichtiger Pflegesatz- und Pflegevergütungsvereinbarungen zu unterstützen, sind auf Bundesebene Empfehlungen hierzu spätestens neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes abzugeben.

FAZIT 

Insgesamt lassen sich gute Ansätze in dem Entwurf finden, doch bleiben die konkreten Umsetzungen leider teilweise im Dunkeln. Man darf gespannt sein auf die weiteren Diskussionen und Änderungen im Gesetzgebungsverfahren.

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