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Realisierung von Neubauprojekten

Am Beispiel von Pflegeimmobilien

Der Bedarf in der Nutzungsklasse der Pflegeimmobilien und barrierereduzierten Wohneinheiten wird aufgrund der weiterhin stark ansteigenden Anzahl älterer Menschen deutlich zunehmen. Der starke Anstieg der Zahl der Pflegebedürftigen entwickelt sich regional jedoch mit unterschiedlicher Dynamik.

Status quo

Die Leistungsangebote, Immobilienstrukturen, Geschäftsmodelle wie auch die gesamte Angebotsarchitektur und die Investitionsstrategien der Anbieter stehen unter Veränderungsdruck. Eine Weiterentwicklung ist nicht nur aufgrund der veränderten Bedürfnisse von Senior:innen und des quantitativ weiter steigenden Bedarfs geboten, sondern auch wegen des Drucks, die der finanziellen und personellen volkswirtschaftlichen Ressourcen effizient einzusetzen. Im Dezember 2023 waren in Deutschland knapp 5,7 Mio. Menschen (Dezember 2021: ca. 5,0 Mio.) pflegebedürftig im Sinne des SGB XI. Die tatsächliche Zunahme der Zahl der Pflegebedürftigen um 730.000 geht zum Teil auf den weiter gefassten Pflegebegriff und eine größere Bereitschaft zur Inanspruchnahme bestehender Leistungsansprüche zurück. Ein Siebtel der Pflegebedürftigen (14 % bzw. 800.000) wurde bundesweit in Pflegeheimen vollstationär betreut. Die Heimquote hat sich somit gegenüber 16 % im Jahr 2021 noch einmal deutlich reduziert. In den Jahren 2007 und 2009 hatte sie sogar bei über 30 % gelegen. Dennoch kann für die weiterhin angespannte Versorgungslage auf dem Pflegemarkt aufgrund der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft im Rahmen des demografischen Wandels auch zukünftig nicht mit einer Entlastung gerechnet werden, im Gegenteil. Neben der bundesweit erforderlichen (energetischen) Modernisierung und qualitativen Anpassung der Bestandspflegeheime ist vielerorts auch der Neubau klassischer Pflegeheime zur Deckung des Bedarfs unabdingbar. Der Ausbau von Pflegeheimen mit Angeboten in der vollstationären Pflege stagniert jedoch seit Jahren. Im Jahr 2023 reduzierte sich das Angebot sogar um 3.300 Plätze. Die Ausweitung eines adäquaten Wohnangebots für ältere, zum Teil pflegebedürftigen Menschen hält dem steigenden Bedarf nicht stand. Auch in der Versorgung mobilitätseingeschränkter Haushalte mit barrierearmen Wohnungen gibt es in Deutschland ein Defizit; die Versorgungsquote liegt hier in allen Bundesländern außer Brandenburg bei unter 50 %.

Wie können neue Pflege- und Wohnangebote erfolgreich geschaffen werden?

Eine Zunahme auch an stationären Pflegeplätzen erscheint unumgänglich, wenngleich Wachstum aktuell insbesondere in den ambulant betreuten Wohnformen stattfindet.

Einbettung der Investitionsentscheidung in ein strategisches Gesamtkonzept

Entscheidungen zum Neubau oder zur Modernisierung von Pflegeeinrichtungen sollten als Anlass genutzt werden, die Zukunftsfähigkeit der Einrichtung grundsätzlich zu prüfen und geplante Investitionsmaßnahmen in ein strategisches Gesamtkonzept einzubetten.

Hürden bei der Realisierung von Neubauprojekten in der stationären Pflege

Investitionshemmnisse für das Angebot zusätzlicher stationärer Pflegeplätze liegen insbesondere im Personalmangel und in der ausufernden Steigerung der Heimkosten. Abschreckend wirkt aktuell auch, dass bei zahlreichen defizitären Pflegeeinrichtungen eine angemessene Betriebskostenfinanzierung nicht mehr sichergestellt ist. Aktuell ist auch zu beobachten, dass Neubauprojekte in der stationären Pflege u.a. in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und NRW bereits Investitionskostensätze von über 50 Euro pro Tag erreichen. Dies bedeutet, dass bei einem bundesweiten Median von ca. 15 Euro pro Tag eine derartige neue Einrichtung im Marktvergleich um rund 1.000 Euro höhere Heimkosten pro Monat aufweist.

Ambulant betreute Wohnformen mit dem größten Wachstumspotenzial

Für Servicewohnen oder betreutes Wohnen, ggf. in Verbindung mit einer Tagespflege bzw. ambulanter Pflege, sprechen zunächst die Präferenzen der zu versorgenden Klientel. Sie möchte möglichst lange selbstbestimmt und selbstständig in den eigenen vier Wänden leben. Zudem bestehen dabei neben einem geringeren Personalbedarf auch niederschwelligere ordnungsrechtliche Vorgaben. Der Bedarf für neue Pflege- und Wohnangebote sollte gestützt auf eine Markt- und Umfeldanalyse ermittelt werden. Um die Planungen zu konkretisieren, ist eine Kostenschätzung auf Basis grober Pläne durch einen Architekten zu kalkulieren. Des Weiteren ist die Finanzierung (Eigenmittel, Kredite, öffentliche Zuschüsse) zu betrachten. Der refinanzierungsfähige Rahmen der Baukosten ist für die stationäre Pflege entweder mit den Sozialhilfeträgern vorab abzustimmen oder aus den entsprechenden Kostenrichtwerten des jeweiligen Bundeslandes abzuleiten. Um die Tragfähigkeit von Neubau- oder Modernisierungsmaßnahmen zu beurteilen, empfiehlt es sich, eine mehrjährige Wirtschaftlichkeitsberechnung zu erstellen. Diese Mehrjahresbetrachtung stellt auch die Entscheidungsgrundlage für den Einsatz von Fremd- oder Eigenkapital zur Finanzierung des Bauvorhabens und für die Bewertung bestehender Handlungsoptionen zur Projektrealisierung (Eigentümer- versus Mietmodell) dar. Mit der Integrierten Planungsrechnung wird das Ziel verfolgt, die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Wirtschaftsplanung zu verbessern. Hierzu sollten eine mehrjährige Erfolgs-, Finanz- und Liquiditätsplanung sowie Bilanzplanung beitragen. Des Weiteren können im Rahmen von Stresstests unterschiedliche Szenarien betrachtet werden, u.a. in Bezug auf Verluste in der Anlaufphase oder zur Auslastung.

FAZIT

Deutschland droht in den kommenden Jahren ein Pflegenotstand. Die Gründe dafür sind der Personalmangel, fehlende Versorgungs- und Wohnangebote sowie eine finanzielle Überforderung der Pflegebedürftigen. Seit einigen Jahren besteht ein Ungleichgewicht, weil die Entwicklung der Pflege- und Versorgungsangebote (Personal und Immobilien) mit der stark wachsenden Zahl der Pflegebedürftigen immer weniger im Einklang steht. Der Gesetzgeber ist gefordert, Investitionshemmnisse abzubauen sowie Anreize für Neubauprojekte und die energetische Sanierung zu schaffen.

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