Interne Dienstleistungszentren zur gemeinsamen Nutzung von Ressourcen innerhalb eines Unternehmens, auch Shared Service Center (SSC) genannt, spielen eine Schlüsselrolle in der Optimierung von Unternehmensprozessen und tragen damit zu einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere auch gemeinnütziger Leistungserbringer bei. Damit entstehende Synergieeffekte nicht durch steuerrechtliche Restriktionen kompensiert werden, zeigen wir Ihnen die wesentlichen Gestaltungspotenziale.
Die Vorteile von Shared Service Centern liegen auf der Hand: Leistungserbringer können solche Einheiten nutzen, um interne Dienstleistungen wie Personalverwaltung, Rechnungswesen oder IT effizienter und kostengünstiger zu gestalten. Dazu werden Prozesse identifiziert, die ein hohes Standardisierungspotenzial haben. Diese Prozesse werden in einem SSC gebündelt, sodass sie nicht nur schneller und effizienter werden, sondern ein hoher Grad an Spezialisierung bei den Mitarbeitenden auch zu einer höheren Prozessqualität führt.
Die damit verbundenen Herausforderungen bei der Umsetzung, das Zielbild und organisatorische Fragestellungen haben wir bereits in der Curacontact 04/2023 vorgestellt.
Insbesondere gemeinnützige Körperschaften müssen sich bei der Nutzung von SSC mit tiefgreifenden steuerrechtlichen Fragestellungen beschäftigen. Eine sorgfältige Planung und Analyse sind erforderlich, um steuerliche Risiken zu minimieren und Compliance sicherzustellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn auch kleinere Einheiten von den Synergiepotenzialen, die SSC bieten, profitieren und sich innerhalb oder außerhalb von Verbundstrukturen zusammenschließen möchten.
Planmäßiges Zusammenwirken
In SSC werden regelmäßig Leistungen erbracht, die nicht unmittelbar der gemeinnützigen Zweckverfolgung dienen. Es handelt sich um Leistungen des tertiären Bereichs, die eben nicht unmittelbar beispielsweise der Betreuung und Pflege von Patienten und Klientinnen dienen. Sofern das SSC innerhalb eines Steuersubjekts (beispielsweise eines Vereins, einer Stiftung oder einer GmbH) betrieben wird und ausschließlich Bereiche in diesem Steuersubjekt versorgt, entstehen mangels entgeltlicher Leistungserbringung insoweit keine gemeinnützigkeitsrechtlichen Probleme. In Verbundstrukturen beschränkt sich die Leistungserbringung hingegen nicht auf ein einzelnes Steuersubjekt, sondern erfolgt auch gegenüber anderen Unternehmen im Verbund. Solche Konstellationen sind kritisch zu betrachten, da die Leistungserbringung mangels Unmittelbarkeit nicht dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zugeordnet werden kann. Sie stellt dann einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dar. Einen Ausweg aus der Zuordnung zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bietet das planmäßige Zusammenwirken gem. § 57 Abs. 3 AO. Durch Aufnahme des planmäßigen Zusammenwirkens als Art der Zweckverwirklichung können auch Leistungen eines SSC dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zugeordnet werden, sodass sich eine Besteuerung vermeiden lässt. Hinsichtlich der Art und Weise, wie im Rahmen des planmäßigen Zusammenwirkens kooperiert werden kann, machen weder Gesetzgeber noch Finanzverwaltung Einschränkungen. So können auch Verwaltungsleistungen, IT-Services oder die Energieversorgung gemeinnützig ausgestaltet werden. Übrigens gilt das planmäßige Zusammenwirken nicht nur in der eigenen Verbundstruktur. Auch Leistungen an außerhalb des Verbundes stehende gemeinnützige Körperschaften können bei entsprechender Gestaltung dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zugeordnet werden.
Umsatzsteuer
Das ungleich höhere steuerliche Risiko besteht hinsichtlich der Umsatzsteuer. Wenn die Leistungs beziehung nicht entsprechend gestaltet wird, kann eine Steuerbelastung bis zu 19 % entstehen – in vielen Fällen ein echter Deal Breaker für die Vorteilhaftigkeit eines SSC.
Umsatzsteuerliche Organschaft
In der Regel werden gemeinnützige Verbünde umsatzsteuerrechtlich als Organschaft ausgestaltet sein. Ist dies der Fall, sind auch die Leistungen des SSC nicht umsatzsteuerbar – eine Belastung findet nicht statt. Bei Neugründungen von SSC sollte daher von Beginn an darauf geachtet werden, die Eingliederungsvoraussetzungen für die Organschaft zu erfüllen.

Leistungen außerhalb der Organschaft
Besonderes Augenmerk verlangen Leistungen, die an Leistungsempfänger außerhalb der umsatzsteuerlichen Organschaft erbracht werden und daher grundsätzlich steuerbar sind. Denkbar sind hier Konstellationen, in denen Leistungen an gewerbliche Unternehmen oder an gemeinnützige Unternehmen erbracht werden. Für die Leistungserbringung gegenüber gewerblichen Unternehmen wird man regelmäßig zu dem Ergebnis kommen, dass für Leistungen aus dem SSC keine Befreiungen oder sonstige Vergünstigungen anwendbar sind und daher der Regelsteuersatz in Höhe von 19 % anzuwenden ist. Damit geht selbstverständlich auch ein etwaiger Vorsteuerabzug aus korrespondierenden Eingangsleistungen einher. Handelt es sich hingegen um gemeinnützige Leistungsempfänger, könnte auch für diesen Fall das planmäßige Zusammenwirken die entscheidende Lösung darstellen. Sofern die satzungsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind und die Tätigkeiten dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zugeordnet werden können, ist hier unseres Erachtens der ermäßigte Steuersatz in Höhe von 7 % anzuwenden. Dieser gilt nach Auslegung der Auffassung der Finanzverwaltung immer dann, wenn Leistungen im Rahmen eines Zweckbetriebs nicht zur Erzielung zusätzlicher Einnahmen dienen oder in unmittelbarem Wettbewerb zu Leistungen von Unternehmern stehen, die dem Regelsteuersatz unterliegen. Eine Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt auch dann in Betracht, wenn mit den Leistungen die steuerbegünstigten Zwecke selbst verwirklicht werden. Zu diesen Zweckbetrieben gehören unter anderem Einrichtungen der Wohlfahrtspflege gem. § 66 AO, Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 68 Nr. 1 AO oder auch Krankenhäuser gem. § 67 AO. Sofern also im Rahmen des planmäßigen Zusammenwirkens solche Zweckbetriebe verwirklicht werden, unterliegen die Leistungen dem ermäßigten Steuersatz – übrigens bei vollem Vorsteuerabzug. Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit stellt § 4 Nr. 29 UStG dar.
So können Leistungen eines Personenzusammenschlusses gegenüber den Mitgliedern des Personenzusammenschlusses steuerbefreit werden. Voraussetzung ist die unmittelbare Nutzung dieser Leistungen für Tätigkeiten, die dem Gemeinwohl dienen (Steuerbefreiungen gem. § 4 Nr. 14 ff. UStG), gegen exakte Kostenerstattung.
Zwingende Voraussetzung ist also, dass ein Rechtssubjekt gegründet wird, das Leistungen gegenüber seinen Mitgliedern erbringen kann – zum Beispiel eine GmbH an ihre Gesellschafter, ein Verein oder eine Genossenschaft an ihre Mitglieder oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) an ihre Beteiligten. Außerdem wäre eine Systematik zu entwickeln, mit der eine genaue Kostenerstattung vorgenommen und gegenüber dem Finanzamt dargelegt werden könnte. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, welche Leistungen „unmittelbar“ für Zwecke, die dem Gemeinwohl dienen, erbracht werden. Die Finanzverwaltung zeigt hier ve schiedene Inkonsistenzen. IT-Dienstleistungen gelten beispielsweise als „unmittelbare“ Leistung, rudimentäre Verwaltungstätigkeiten hingegen nicht. Insofern ist die Anwendung von § 4 Nr. 29 UStG auf Grundlage des geplanten Leistungskonvoluts immer mit dem zuständigen Finanzamt abzustimmen.
FAZIT
Shared Service Center bieten vielfältige Möglichkeiten, unternehmensinterne Prozesse effizienter und qualitativ hochwertiger zu gestalten. Da mit Shared Service Centern häufig Kooperationen – sowohl innerhalb als auch außerhalb des eigenen Verbundes – einhergehen, sind steuerrechtliche Implikationen bei den vertraglichen Gestaltungen und der Auswahl der Leistungsbeziehungen unbedingt zu berücksichtigen und ihre Potenziale zu nutzen.
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