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SodEG & „Einsatzerklärung“

BMF klärt Fragen zur Umsatzsteuer

Zahlreiche soziale Dienstleister, die aufgrund der Corona-Krise in ihrer Existenz gefährdet sind wie z. B. Werkstätten für Menschen mit Behinderung, deren Betrieb eingeschränkt wurde oder auch Inklusionsbetriebe nach § 215 SGB IX, können oder dürfen - wie zahlreiche weitere soziale Dienstleister - ihre Leistungen aktuell nicht oder nur eingeschränkt erbringen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber als Teil seines Sozialschutz-Pakets das sog. Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) verabschiedet.

Inhaltliche Reglungen des SodEG geben wir in unserem Beitrag Corona-Pandemie: Existenzsicherung für soziale Dienste und Einrichtungen“ wieder.

Hat der soziale Dienstleister dagegen Kurzarbeit angemeldet und möchten die Mitarbeitenden sich freiwillig z. B. bei einem anderen sog. systemrelevanten Unternehmen einbringen, besteht z. B. die Möglichkeit einer Arbeitnehmerüberlassung (AÜ) nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, die in der aktuellen Situation auch als erlaubnisfreie gelegentliche Arbeitnehmerüberlassung in Betracht kommen kann.

Die Bereitschaft der sozialen Dienstleister, Personal zur Bekämpfung der Krise im Rahmen des Zuschusses nach SodEG wie auch im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung gegen Entgelt bereitzustellen, wirft verschiedene steuerliche Fragen auf, die das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Schreiben vom 09. April 2020 teilweise unterschiedlich kommentiert haben und die wir nachfolgend aufgreifen.

1. Bereitstellung von Mitarbeitern und SodEG-Zuschuss

Für den Erhalt des Zuschusses nach § 3 SodEG ist eine sog. Einsatzerklärung abzugeben, um Personal zur Bewältigung der Krise in der Regel für systemrelevante Tätigkeiten zur Verfügung zu stellen. Der dafür nach dem SodEG zu gewährende Zuschuss ist nicht abhängig von Art und Umfang des bereitgestellten Personals im Hinblick auf die jeweilige Qualifikation und den zeitlichen Einsatz. Daher erscheint es nach unserer Auffassung vertretbar, den nach § 3 SodEG zu gewährenden Zuschuss umsatzsteuerrechtlich als sog. „echten Zuschuss“ im Sinne des § 10 UStG zu werten. Diese Wertung erfolgt hier vorbehaltlich einer vertieften Betrachtung der Regelungen zum Entgelt (UStAE 10.2, 1.1, Abs. 16). Sie führt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Bereitstellung von Personal, soweit dieses auf der Grundlage der Einsatzerklärung erfolgt, nach § 1 UStG als „nicht umsatzsteuerbare“ Leistung anzusehen ist.

Für derartige Leistungen sieht das Umsatzsteuerrecht mit § 3 Abs. 9a UStG allerdings einen sog. „Ersatz-Besteuerungstatbestand“ vor. Danach würde auch eine „unentgeltliche“ Personalüberlassung“ für Zwecke, soweit diese außerhalb des Unternehmens liegen, grundsätzlich der Umsatzbesteuerung unterliegen.  

Hier hat nun das BMF mit Schreiben vom 9. April 2020 unter Abschnitt VII folgende - aus unserer Sicht zu begrüßende - Billigkeitsregelung geschaffen:

Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von medizinischem Bedarf und unentgeltlichen Personalgestellungen für medizinische Zwecke durch Unternehmen an Einrichtungen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Corona-Krise leisten, wie insbesondere Krankenhäuser, Kliniken, Arztpraxen, Rettungsdienste, Pflege- und Sozialdienste, Alters- und Pflegeheime sowie weitere öffentliche Institutionen wie Polizei und Feuerwehr, wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen.“

2. Überlassung von Mitarbeitern nach AÜG

Haben soziale Dienstleister darüber hinaus Personal, das nicht von dem Sicherstellungsauftrag nach dem SodEG umfasst ist und für das bspw. Kurzarbeit gewährt wird, kann dieses Personal gegen Entgelt anderen Unternehmen überlassen werden.

Die entgeltliche Überlassung von Personal begründet bei steuerbegünstigten Sozialdienstleistern grundsätzlich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der nach § 64 AO mit etwaigen Überschüssen der Ertragsbesteuerung unterliegt.

Auch hierzu hat das BMF in seinem Schreiben eine Billigkeitsregelung ausgesprochen, wonach die Überlassung u. a. von Personal an Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime „sowohl ertragsteuerlich als auch umsatzsteuerlich dem Zweckbetrieb im Sinne des

§ 65 AO zugeordnet werden. Dies gilt unabhängig davon, welchen steuerbegünstigten Zweck die jeweilige Körperschaft, die Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen zur Verfügung stellt, satzungsmäßig befolgt.“

Erfreulich ist hierbei, dass die Zuordnung des Personaleinsatzes zum Zweckbetrieb nicht auf Geschäftsbereiche beschränkt wird, soweit diese unmittelbar den hilfsbedürftigen Personen zugute kommen, sondern es ausreicht, soweit das Personal für „Bereiche“ der oben genannten Einrichtungen zur Verfügung steht, die für die Bewältigung von Auswirkungen der Corona-Krise notwendig sind.

Damit dürfte nach unserem Verständnis auch die Personalüberlassung zum Beispiel für den administrativen Bereich von Krankenhäusern und Altenheimen dem Zweckbetrieb nach § 65 AO zugeordnet werden können.

Zur Frage der Umsatzbesteuerung bei der Überlassung von Personal, Sachmitteln und Räumlichkeiten äußert sich das BMF wie folgt:

„Die umsatzsteuerbaren Überlassungen von Sachmitteln und Räumen sowie von Arbeitnehmern können unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nummern 14, 16, 18, 23 und 25 UStG als eng verbundene Umsätze der steuerbegünstigten Einrichtungen untereinander umsatzsteuerfrei sein, wenn die überlassenen Leistungen insbesondere in Bereichen der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit, der Betreuung und Versorgung von Betroffenen der Corona-Krise dienen.

Anders als das BMAS es in seinen Schreiben 9. April 2020 (FAQ zum SodEG, Ziff. 11) darlegt, sind nach Auffassung des BMF bei einer Personalüberlassung für die Frage einer möglichen Umsatzsteuerbefreiung zunächst die Befreiungsnormen der § 4 N. 14, 16, 23 und 25 UStG zu prüfen, bevor die Rechtsnorm des § 4 Nr. 18 UStG zu prüfen ist. Hier gilt es nach unserer Auffassung zu erkennen, dass beispielsweise die Überlassung von Betreuungskräften bei Einrichtungen der Eingliederungshilfe an andere Unternehmen nach den Regelungen des § 4 Nr. 16 f oder h UStG befreit sein können und somit eine Umsatzsteuerbefreiung § 4 Nr. 18 UStG nicht bzw. nachrangig zu prüfen ist.

Zu beachten ist des weiteren, dass für die Personalüberlassung an andere Unternehmer die Umsatzsteuerbefreiung nicht greifen.

Wir beraten Sie auch in diesen beunruhigenden Zeiten gewohnt fundiert und kompetent. Nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!