Interview
Die Notwendigkeit, sich als Unternehmen in der Sozialwirtschaft den krisenhaften Entwicklungen zu stellen und strategische Zukunftskonzepte zu entwickeln, ist den meisten Vorständen und Aufsichtsgremien bewusst. Wie geht ein Komplexträger an ein solches Vorhaben heran, was sind wesentliche Erfolgsfaktoren und welchen Beitrag kann eine externe Beratung hier leisten? Diese Fragen haben wir den beiden Vorständen des Caritasverbandes Alfred Frank und Andreas Steppberger für die Diözese Eichstätt gestellt.
Alle Informationen zum Caritasverband für die Diözese Eichstätt e.V. finden Sie hier: www.caritas-eichstaett.de
Katharina Menacher:
Herr Frank, Sie erstellen für den Caritasverband Eichstätt derzeit zusammen mit Curacon ein strategisches Zukunftskonzept. Was sind aus Ihrer Sicht die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen für Komplexträger wie den CV Eichstätt?
Alfred Frank:
Unser Schwerpunkt liegt in den Seniorenheimen. Da ist es entscheidend, dass wir eine vernünftige Auslastung haben, die wiederum beispielsweise abhängig von der Fachkraftquote ist. Und genau das ist in einigen unserer Einrichtungen eine große Herausforderung. Passt die Auslastung nicht, fehlen Erlöse, und zugleich kann der Fixkostenblock nicht so schnell daran angepasst werden. Diese Zusammenhänge sind sicherlich auch den Einrichtungsleitungen bekannt.
Jochen Richter:
Herr Steppberger, welche weiteren wesentlichen Herausforderungen sehen Sie für den CV Eichstätt?
Andreas Steppberger:
Die Entwicklung der Kosten insgesamt – gerade im vergangenen Jahr – hat uns vor enorme Herausforderungen gestellt. Dies auch im Hinblick auf eine in Teilbereichen vollkommen unzureichende Refinanzierung unserer Leistungen. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Ein Herzstück der Caritas ist die Allgemeine Sozialberatung in unseren Kreisstellen vor Ort, die stark nachgefragt wird. Diese Leistungen sind jedoch nicht refinanziert und werden aus Eigenmitteln des Verbands bezahlt. Ein weiteres Problem sind die Overheadkosten (indirekte oder Gemeinkosten), die ebenso nur in Teilen vom Kostenträger bezahlt werden, obwohl der Gesetzgeber in aller Regelmäßigkeit mit neuen Anforderungen und Auflagen kommt. So müssen wir den Spagat vollziehen, eine Verwaltung vorzuhalten, die die Vielzahl an Aufgaben auch erfüllt, zugleich aber möglichst wenig Kosten verursacht.
Das Thema „ausufernde Bürokratie“ ist bei uns allgegenwärtig. Auch die Personalkosten, welche in Sozialunternehmen den größten Kostenblock darstellen, haben sich durch tarifliche Steigerungen deutlich erhöht. Angemessene Gehälter und Löhne sind jedoch notwendig, auch vor dem Hintergrund, als Arbeitgeber attraktiv zu sein und gesuchte Fachkräfte an Bord zu halten. Nicht zuletzt sind auch rückläufige Kirchensteuermittel eine große Herausforderung. Bislang konnten wir von Kostenträgern nicht refinanzierte Leistungen damit gegenfinanzieren. Das wird in Zukunft deutlich schwieriger werden
Katharina Menacher:
Herr Frank, warum ist es aus Ihrer Sicht entscheidend, für den Träger ein strategisches Zukunftskonzept 2030 zu entwickeln?
Alfred Frank:
Wir haben das bereits vor zwei Jahren im Caritasrat eingebracht. Die wirtschaftliche Entwicklung deutete darauf hin, dass wir uns sehr konkret Gedanken machen müssen, wie den genannten Herausforderungen zu begegnen ist. Insbesondere der Rückgang der Kirchensteuermittel, und damit des Zuschusses, den wir von der Diözese bekommen, lässt es nicht mehr zu, einfach so weiterzumachen wie bisher. Heute können wir noch aus einer wirtschaftlichen Stärke heraus handeln.
Andere Träger in der Sozialwirtschaft sind in wesentlich schwierigeren Situationen und die Anzahl von Insolvenzen gibt sehr zu denken. Wir möchten als Vorstand und Caritasrat gewährleisten, unsere Angebote und Leistungen auch mittel- bis langfristig aufrechterhalten zu können, also unsere Existenz und Zukunft als Caritas nachhaltig zu sichern. Nicht zuletzt sind wir das auch unserer Mitarbeiterschaft schuldig. Und das geht nur, wenn man ein grundlegendes strategisches Zukunftskonzept entwickelt.
Jochen Richter:
Herr Steppberger, warum ist es so wichtig, tatsächlich mittel- bis langfristig in die Zukunft zu denken und eine Strategie auch für einen Komplexträger in der Sozialwirtschaft zu haben? Wie sieht der Caritasverband Eichstätt aus Ihrer Sicht in zehn Jahren aus?
Andreas Steppberger:
Ich denke, da muss man den Blick sicherlich auch auf die rückläufigen Zuschüsse lenken. Neben den schon genannten kirchlichen Zuschüssen sind dies in gleichem Maße die Mittel, die wir von der öffentlichen Hand – Kommunen, Bezirken und Regierungen – bekommen. Auch hier werden aufgrund der politischen Rahmenbedingungen Mittelzuweisungen reduziert. Die Rahmenbedingungen werden sich auch zukünftig weiter verändern.
Eine Steuerung „auf Sicht“ und nur reaktiv ist da zu kurz gedacht. Das heißt, wir müssen jetzt und heute die Weichen für die Zukunft stellen, denn wir wollen auch weiterhin unserer Aufgabe als Sozialverband nachkommen. Dafür sind Priorisierungen z. B. bei Investitionen notwendig. Der CV muss sich stärker fokussieren und Kostenstrukturen an neue Rahmenbedingungen anpassen. Das geht nur mit strategischen Planungen. Ich sehe den CV Eichstätt auch in zehn Jahren als verlässlichen und wirtschaftlich arbeitenden Partner mit einem breiten Leistungsangebot in den verschiedenen Lebenssituationen für die Menschen in der Region.
Alfred Frank:
Der CV Eichstätt hat bereits heute einen überaus guten Ruf, den es zu erhalten gilt. Hierfür ist es erforderlich, noch stärker in der Öffentlichkeit zu werben und darzustellen, was wir tun. Denn das, was wir tun, wäre eigentlich Aufgabe der öffentlichen Hand, die jedoch nur Teile davon finanziert. Und das muss auch der Öffentlichkeit bewusst gemacht werden, um so auch hoffentlich eine bessere Finanzierung zu erreichen. Es ist darüber hinaus wichtig, den Schulterschluss mit der Diakonie oder auch mit anderen Wohlfahrtsverbänden zu suchen.
Katharina Menacher:
Was sind die wesentlichen Erfolgsfaktoren für ein solches Strategieprojekt?
Andreas Steppberger:
Für uns war von Anfang an klar, dass so ein Zukunftskonzept 2030 nur gelingen kann, wenn wir das Vorhaben und die Ziele im Verband transparent machen. Die Mitarbeiterschaft sollte in solch ein Projekt, bei dem es ja um die Zukunft des gesamten Unternehmens geht, frühzeitig mit eingebunden werden. Die Caritasfamilie ist hier vor Ort präsent und ich glaube, das macht es am besten deutlich.
Wenn wir die Caritasfamilie sind, dann sollten wir so ein wichtiges Projekt auch in der Familie beraten und in der Familie angehen und a packen. Hierfür ist eine gute Kommunikation während der Konzepterstellung nötig, um Veränderungen zu begründen und Auswirkungen aufzuzeigen. Entscheidend ist, die vereinbarten Maßnahmen dann auch konsequent umzusetzen, sonst werden die gesetzten Ziele nicht erreicht.
Jochen Richter:
Sie haben sich dafür entschieden, den Strategieprozess durch eine Unternehmensberatung begleiten zu lassen. Welche Vorteile erhoffen Sie sich dadurch?
Andreas Steppberger und Alfred Frank:
Die Einbindung einer externen Beratung hat aus unserer Sicht einige Vorteile. Zum einen verfügt ein Berater über umfangreiche Erfahrungen aus vergleichbaren Projekten und kann daraus Impulse, Ideen und Wissen in die Strategieentwicklung einbringen. Zum anderen offenbart die externe Sicht oftmals Dinge, die man selbst im Unternehmen nicht immer direkt sieht.
Mit dem erfahrenen Blick von außen ist es vielleicht auch leichter, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verbesserungsvorschläge vorzustellen und dann letztendlich auch umzusetzen. Wir haben uns für Curacon als Berater entschieden, da sie über die entsprechende Branchenexpertise verfügt. Wir hatten auch zusammen mit dem Caritasrat von Anfang an den Eindruck, dass die Chemie stimmt, was für uns eine sehr große Bedeutung hat.
Jochen Richter und Katharina Menacher:
Wir bedanken uns für das Gespräch.
Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!
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