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Voraussetzung für Steuerbefreiung

von Leistungen des Betreuten Wohnens

Angesichts einer stetig steigenden Nachfrage sind die Voraussetzungen zur Umsatzsteuerbefreiung für Betreiber von Einrichtungen und Anbietern von Leistungen im Bereich Betreutes Wohnen von besonderer Bedeutung. Hier erläutern wir die Voraussetzung für eine Steuerbefreiung. 

Betreutes Wohnen als Wachstumsmarkt

Das Betreute Wohnen ermöglicht es Menschen mit Hilfebedarf, eigenständig zu leben und je nach Bedarf gewisse Serviceleistungen wie etwa Notrufsysteme, Raumreinigung oder Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen zu nutzen.

Das zwischen 2018 und 2024 verzeichnete Wachstum von 35 % spiegelt die hohe Nachfrage nach Angeboten des Betreuten Wohnens (auch bekannt als „Service-Wohnen“) wider, wobei die aktuelle Deckung des Bedarfs bei unter 70 % liegt (pflegemarkt.com 30.05.2024). Es ist daher mit einer Fortsetzung des Booms in diesem Bereich zu rechnen. 

Umsatzsteuerliche Einordnung der Leistungen 

Das Bundesfinanzministerium (BMF) sieht die Überlassung von Wohnräumen als gesonderte, nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Leistung an. Die häufig von gemeinnützigen Einrichtungen angebotenen Serviceleistungen sind als weitere gesonderte Leistungen zu werten, die nur unter den folgenden Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 UStG steuerfrei sein können:

  • Empfänger der Leistungen sind körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftige Personen.
  • Leistungen sind eng mit der Betreuung oder Pflege dieses Personenkreises verbunden.
  • Leistungen werden von einer begünstigten Einrichtung (§ 4 Nr. 16 S. 1 UStG) im Rahmen der Anerkennung (§ 4 Nr. 16 S. 2 UStG) erbracht.
  • Für eine erfolgreiche Umsatzsteuerbefreiung muss die Vergütung der Betreuungs- oder Pflegeleistungen zudem in 25 % der Fälle überwiegend durch Sozialhilfeträger (§ 4 Nr. 16 Buchst. n UStG) erfolgen. Zahlungen der privaten Krankenversicherung, der Beihilfe oder aus Eigenmitteln fallen nicht unter diese „Sozialquote“ (Wäger/Wüst § 4 Nr. 16 Rn. 118)

Aktuelle Rechtsprechung

Nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11. Dezember 2023 (15 K 448/20 U) sind Betreuungsleistungen nur im Rahmen einer konkrete sozialrechtlichen Vereinbarung begünstigt. Die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung müssen sich jeweils auf die konkrete Leistung beziehen, damit die Zahlungen der Sozialversicherungsträger der Betreuungspauschale zugeordnet werden können. Die Bereiche „stationäre Altenhilfe“ und „ambulante Pflege“ sind dabei gesondert zu bewerten.

Das Unternehmen hat die Kostenerstattung durch den Sozialversicherungsträger stets nachzuweisen. Ist dem Leistungsempfangenden eine Pflegestufe bzw. ein Pflegegrad im Sinne des § 15 SGB XI zuerkannt, kann vereinfacht von dieser Kostentragung ausgegangen werden (vgl. BFH, Urteil v. 03.08.2017). 

FAZIT

Die Angebote des Betreuten Wohnens bergen großes Wachstumspotenzial. Entscheidendes Erfordernis für eine Steuerbefreiung ist die Erfüllung der Mindestvergütungsquote (Sozialquote), d. h. die Betreuungs- oder Pflegekosten müssen zu 25 % überwiegend durch die Sozialtträger vergütet werden. Im Einklang mit den Maßstäben jüngster Rechtsprechung empfiehlt es sich, die den Bewohnerinnen und Bewohnern zuerkannten Pflegegrade sorgfältig zu dokumentieren und etwaige weitere Anerkennungen nach dem Sozialgesetzbuch nachzuhalten.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!