Die Verbundbildung mit anderen Rechtsträgern ermöglicht auch in Sozialunternehmen eine Ressourcenoptimierung und stärkt die Verhandlungsposition. Oft bleibt der Wunsch danach aber unerfüllt, da die Mitgliedschaft in verschiedenen Zusatzversorgungskassen einen Strich durch die Rechnung macht.
Zusatzversorgung in der Sozialwirtschaft
Arbeitgeber der Sozialwirtschaft, seien es kirchliche oder freigemeinnützige, gewähren ihren Mitarbeitenden mehrheitlich eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung. Die Verpflichtung hierzu ergibt sich entweder aus den tarifvertraglichen Regelungen oder den entsprechenden kirchlichen Arbeitsvertragsrichtlinien. Sichergestellt wird diese Form der betrieblichen Altersversorgung über eine Mitgliedschaft bei einer Zusatzversorgungskasse. Der Markt der Zusatzversorgungskassen ist dabei recht überschaubar. Es gibt verschiedene Kassen für evangelische und katholische Arbeitgeber sowie auch diverse kommunale Versorgungskassen und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).
Unterschiedliche Finanzierungssysteme der Zusatzversorgungskassen
Schon immer war es nicht unproblematisch, wenn Fusionspartner bei verschiedenen Zusatzversorgungskassen waren. Schließt sich beispielsweise ein Rechtsträger mit kommunaler Zusatzversorgung oder der VBL mit einem Rechtsträger mit kirchlicher Zusatzversorgung zusammen, treffen zwei Finanzierungssysteme aufeinander, die nur bedingt kompatibel sind.
Zum Hintergrund: Die kommunalen Kassen sind, ebenso wie die VBL, in ihrem Abrechnungsverband I noch immer umlagefinanziert, heißt in gebotener Kürze: Hier finanziert noch der junge Einzahlende den alten Mensch in Rente – genau wie im gesetzlichen Rentenversicherungssystem. Die Kirchlichen Zusatzversorgungskassen (KZVK) indes folgen einem kapitalgedeckten System; beim Kapitaldeckungsprinzip wird das Vermögen angehäuft und auf dem freien Kapitalmarkt angelegt, um später daraus eine Renten- oder Kapitalleistung zu beziehen.
Die umlagefinanzierten Kassen sind aus diesem Grund auch weitaus störanfälliger: Fallen neue Einzahlende weg, rüttelt dies an der Sicherheit der gesamten Solidargemeinschaft – genau wie der Rückgang der Geburten in Deutschland die Sicherheit der Renten der geburtenstarken Boomer-Jahrgänge gefährdet.
Lösungsansätze für die betriebliche Altersversorgung nach Umstrukturierungen
Dieses Problem allein lässt sich freilich häufig lösen, denn in der Regel arbeiten die Kassen sehr zielorientiert an einer Lösung mit, wenn sie denn frühzeitig eingeschaltet werden. An anderer Stelle lauert indes häufig ein Problem, das sich teilweise als buchstäblicher Showstopper entpuppt: Oftmals ist mit Umstrukturierungen und Zusammenschlüssen die Notwendigkeit verbunden, dass die Zielgesellschaft eine neue Beteiligung mit einer der Zusatzversorgungskassen begründet.
Nehmen wir als simplen Ausgangsfall zunächst die (einfache) Ausgliederung eines Betriebes eines Vereins auf eine Tochtergesellschaft, um im Anschluss ggf. weitere Kooperationen zu ermöglichen. Im Zuge der Ausgliederung werden auch Mitarbeitende auf die Tochtergesellschaft übergehen (§ 613a BGB). Gehen wir davon aus, dass der Verein seinen Mitarbeitenden eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung in Form einer Mitgliedschaft in einer Zusatzversorgungskasse gewährt hat. Dann bestehen für den Verein in erster Linie folgende Möglichkeiten:
- Er beendet, bezogen auf die übergehenden Mitarbeitenden, die Versicherung bei der bisherigen Zusatzversorgungskasse und die Tochtergesellschaft kümmert sich um eine wertgleiche alternative Altersversorgung.
- Die Tochtergesellschaft wird Mitglied derselben Zusatzversorgungskasse; die Versicherungsverhältnisse werden fortgeführt.
Variante eins wird – und zwar unabhängig davon, bei welcher Zusatzversorgungskasse der Verein Mitglied ist – unweigerlich dazu führen, dass der Verein eine Ablösesumme an die Zusatzversorgungskasse zu zahlen hat, weil er Mitarbeitende bei der Kasse abmeldet. Je nach Kassentyp wird es entweder teuer oder sehr teuer – abhängig vom Grad der Ausfinanzierung der Kasse und vom Finanzierungssystem. In aller Regel besteht daher der Wunsch, die Variante zwei zu realisieren: Die Tochtergesellschaft schließt eine eigene Beteiligungsvereinbarung bzw. begründet eine Mitgliedschaft mit derselben Zusatzversorgungskasse. Doch das liest sich einfacher, als es ist.
Insolvenzabsicherung als zentrale Herausforderung
So sind beispielsweise die kommunalen Zusatzversorgungskassen in NRW seit 2015 gesetzlich und satzungsgemäß verpflichtet, es für eine juristische Person des privaten Rechts zur Voraussetzung der Mitgliedschaft zu machen, dass die Folgen einer Insolvenz gegenüber der Zusatzversorgungskasse als abgesichert angesehen werden. Dieser Umstand führt dazu, dass faktisch jede Neumitgliedschaft davon abhängig ist, dass eine entsprechende Sicherheit gestellt wird. Die Höhe des Sicherheitsbedarfs wiederum hängt davon ab, welche Belastungen mit der neuen Mitgliedschaft zusammenhängen. Werden – wie in unserem Fall – Pflichtversicherte auf die Gesellschaft übertragen, kann das Sicherheitserfordernis schnell einen dreistelligen Millionenbetrag erreichen. Die Kosten hierfür sind in der Regel so hoch, dass die Transaktion bzw. Umstrukturierung scheitert.
Dieses Problemfeld ist mittlerweile nicht mehr nur auf die kommunalen, umlagefinanzieren Kassen beschränkt. Teilweise machen auch die Kirchlichen Zusatzversorgungskassen neue Vollbeteiligungen grundsätzlich davon abhängig, dass eine Insolvenzsicherung gewährleistet wird. In aller Regel sind hier zwar die aufgerufenen Beträge deutlich geringer, weil der Ausfinanzierungsgrad der kirchlichen Kassen besser ist, aber auch ein ein- bis zweistelliger Millionenbetrag fällt ins Gewicht.
FAZIT
Bei einer geplanten Verbundbildung ist ein Sozialunternehmen gut damit beraten, die Umstrukturierung im Vorfeld mit der Zusatzversorgungkasse abzustimmen. Denn das schönste Zielbild wird wertlos, wenn es letztlich wegen der damit verbundenen Kosten für die Zusatzversorgung nicht umsetzbar ist. Und so kommt es, dass die Zusatzversorgung nicht selten das gesellschaftsrechtliche Zielbild vorgibt.
Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!