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Überstundenzuschläge bei Teilzeit

Geschlechterdiskriminierung in tariflichen Regelungen zu Überstundenzuschlägen

Während das Bundesarbeitsgericht in der Vergangenheit die Auffassung vertreten hat, dass eine sogenannte Vollzeitquote bei Überstundenzuschlägen rechtmäßig ist, musste es diese Rechtsprechung nach einer entsprechenden Vorabentscheidung des EuGH nun aufgeben (Az.: 5 Sa 436/19).

Zunächst der Fall: Ein Tarifvertrag enthielt die Regelung, dass Überstundenzuschläge erst dann gewährt werden, wenn die reguläre Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschritten wird. Das bedeutet, dass auch Teilzeitbeschäftigte so lange keine Überstundenzuschläge erhalten, wie sie mit der Arbeitszeit weiterhin unterhalb der “Vollzeitquote” liegen, obwohl sie persönlich Überstunden/Mehrarbeit erbringen. 

Nach der entsprechenden Entscheidung des EuGH hat nunmehr das BAG entschieden, dass eine solche tarifliche Regelung wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam ist. Das Gesetzt sieht in § 4 Abs. 1 TzBfG vor, dass Teilzeitbeschäftigte im Grundsatz einen Anspruch auf die anteiligen Leistungen der Vollzeitbeschäftigten haben. Die Grenze zum Zuschlagsanspruch hätte also pro rata temporis reduziert sein müssen. 

Zwar ist eine Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung grundsätzlich möglich, allerdings nur “wenn sich ihr Grund aus dem Verhältnis von Leistungszweck und Umfang der Teilzeitarbeit herleiten lässt”.

Die Unwirksamkeit der tariflichen Regelung führt zu einem Anspruch auf die in dem Verfahren eingeklagten Zeitgutschriften. Das bedeutet, dass die Regelungen zu Überstundenzuschlägen bei Vollzeitmitarbeitenden auch uneingeschränkt auf die Teilzeitbeschäftigten anzuwenden sind. 

Darüber hinaus wurde der Klägerin im konkreten Verfahren eine Entschädigungszahlung zugesprochen. Beim beklagten Arbeitgeber sind 90 % der Teilzeitbeschäftigten weiblich, sodass durch die Schlechterstellung der Teilzeitbeschäftigung eine mittelbare Benachteiligung der Frauen stattgefunden hat. gem. § 15 Abs. 2 AGG wurde der Klägerin daher eine Entschädigung des immateriellen Schadens zugesprochen. 

Dieses Urteil wird Folgen für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen haben. Die Folgen der Entscheidung auf die Anwendbarkeit von Tarifregelungen sind jedoch individuell anhand des konkreten Tarifvertrages zu prüfen. Ggf. wären auch weitere Ungleichbehandlungen von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung auf ihre Rechtfertigung hin zu beurteilen. Gerne unterstützen wir Sie bei einer Bewertung der Vereinbarungen und auch beim Umgang mit einer ggf. festgestellten unzulässigen Benachteiligung. 

Und sollten Sie darüber hinaus zu anderen Bereichen des Arbeitsrechts Fragen haben, unterstützen wir gerne mit einer kompetenten Beratung und Begleitung. Denn gerade mit Blick auf den Fachkräftemangel und den Wettbewerbsdruck kommt dem Arbeitsrecht im Sozial- und Gesundheitswesen eine besondere Bedeutung zu. Die Gestaltungsspielräume zu kennen und zu nutzen, aber auch die Risiken im Blick zu behalten, ist unerlässlich. Jetzt Kontakt aufnehmen!