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Umsatzsteuerbefreiung für Schönheitsoperationen

Auch rekonstruktive Maßnahmen können Heilbehandlung sein

Sie ist ständiger Streitpunkt zwischen Leistungserbringern im Gesundheitswesen sowie der Finanzverwaltung: 

Die Frage, ob eine plastische Maßnahme als umsatzsteuerpflichtige Schönheits-OP oder umsatzsteuerfreie Heilbehandlung einzuordnen ist. 

Mit Urteil vom 25. September 2024 – XI R 17/21 hat der Bundesfinanzhof einen Fall einer Haartransplantation in Folge einer Alopezie gewürdigt und Abgrenzungskriterien für die umsatzsteuerliche Behandlung ästhetischer Leistungen konkretisiert.

Wie bei allen Behandlungsleistungen im Gesundheitswesen ist dabei entscheidend, ob die Tätigkeit einem therapeutischen Zweck folgt. Die Auslegung muss stets unter Beachtung des Sinn und Zwecks der Umsatzsteuerbefreiung, nämlich die Senkung der Kosten ärztlicher Heilbehandlung, begutachtet werden. 

Ein therapeutischer Zweck kann aus Sicht des BFH unter Beachtung dieser Grundsätze im Fall von ästhetischen Behandlungen immer dann vorliegen, wenn aufgrund einer Krankheit, einer Verletzung oder aufgrund eines angeborenen körperlichen Mangels ein Eingriff notwendig wird. 

Demnach muss ein Behandlungsbedarf vorliegen, welcher sich aus einem anormalen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand ergibt. 

Das Fehlen der Haare, oder jede andere Einschränkung, die durch einen ästhetischen Eingriff behoben werden kann, muss als anormaler Zustand anzusehen sein, welcher den betroffenen derart beeinträchtigt, dass er nach herrschender medizinischer Auffassung einer Behandlung bedarf.

Am Beispiel der Alopezie bedeutet das, dass eine Haartransplantation nicht per se behandlungsbedürftig ist. Vielmehr muss für den Einzelfall geprüft werden, ob die Krankheit oder der körperliche Mangel als anormaler Zustand anzusehen ist. Daher ist aus Sicht des BFH eine hereditäre oder vernarbende Alopezie regelmäßig behandlungsbedürftig, die androgenetische – Haarausfall im Alter kommt aus Sicht des BFH typischerweise vor – hingegen aber nicht. Behandlungsbedürftig ist neben der entstellenden Wirkung auch eine psychische Erkrankung, die auf der “Entstellung” basiert.

Unabhängig davon, welche Form der Erkrankung vorliegt, trägt der leistende Unternehmer die Beweislast für die oben beschriebene Notwendigkeit der Behandlung. Der BFH stellt in seinem Urteil klar, dass dafür nicht eine Selbstbescheinigung des transplantierenden oder operierenden Arztes ausreicht. 

Vielmehr ist für die Steuerbefreiung eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung, die beispielsweise eine Beurteilung des Krankheitsbildes und Darstellung der medizinischen Folgen enthält.

Der BFH befasste sich in dem Verfahren mit dem sehr eingegrenzten Fall der Haartransplantation in Folge verschiedener Formen der Alopezie. Die Prinzipien der Urteilsfindung lassen sich grundsätzlich auf alle anderen ästhetischen Eingriffe anwenden. So können die Abgrenzungskriterien beispielsweise auch auf Behandlungen in Folge von schweren Tumoreingriffen, Narbenkorrekturen oder chronischen Schmerzen angewendet werden. 

Entscheidend für die Anwendung der Steuerbefreiung ist dann die therapeutische Notwendigkeit und nicht zuletzt die dahingehende medizinische Dokumentation des Falls. Gerne unterstützen wir Sie dabei. Kommen Sie gerne auf uns zu. Jetzt Kontakt aufnehmen!