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Zeitenwende im Gemeinnützigkeitsrecht?

Erhebliche steuerliche Erleichterungen sind möglich

Alle guten Dinge sind – zwei!

Im zweiten Anlauf wurde die Reform des Gemeinnützigkeitsrechts gegen Ende letzten Jahres im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 verabschiedet. Bei genauerer Inaugenscheinnahme fällt auf, dass wesentliche der bereits für das Jahressteuergesetz 2019 geplanten Änderungen übernommen und einzelne ergänzende Regelungen vorgenommen wurden.

Erweiterung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes

Die zentrale Änderung des Gemeinnützigkeitsrecht ist in der Ergänzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes gem. § 57 Abs. 3 und Abs. 4 AO zu sehen. Danach wird ein satzungsmäßiges planmäßiges Zusammenwirken zwischen steuerbegünstigten Körperschaften i.S.d. §§ 51 ff. AO zur Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke dem steuerbegünstigten Bereich zugeordnet werden können. Zudem können sog. Holdinggesellschaften bereits durch das ausschließliche Halten von Beteiligungen an steuerbegünstigten Körperschaften selbst den Status als steuerbegünstigte Körperschaften erreichen.

Risiken erkennen und Potentiale heben

Erst bei genauerer Betrachtung und Auslegung der beiden neuen Vorschriften wird das enorme Potential der Änderungen deutlich und kann durch strategische Entscheidungen nutzbar gemacht werden. Denn nach unserer derzeitigen Sichtweise können Leistungsbe-ziehungen zwischen steuerbegünstigten Körperschaften, die vormals dem ertragsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder der Vermögensverwaltung zugeordnet wurden, regelmäßig eine steuerbegünstigte Zweckbetriebstätigkeit darstellen. Zudem können gewerbliche Konzerngesellschaften, die ihre Leistungen im Wesentlichen an steuerbegünstigte Konzerngesellschaften abgeben, in die Gemeinnützigkeit überführt werden. Daraus entstehen steuerliche Vorteile, die in einer niedrigeren Steuerbelastung und einer Lockerung des Mittelverwendungsgrundsatzes zum Ausdruck kommen können.

Unsicherheitsfaktor Finanzverwaltung

Die Finanzverwaltung hat sich bis dato noch nicht offiziell zu den gesetzlichen Änderungen positioniert. Aus vereinzelten inoffizielle Quellen bei der Finanzverwaltung wird indes die gewollte Reichweite der Gemeinnützigkeitsrechtsreform überwiegend bestätigt. Erste Veröffentlichungen in Fachmedien durch Vertreter der Finanzverwaltung (in nicht dienstlicher Eigenschaft) deuten in die gleiche Richtung. Ein offizielles BMF-Schreiben wird für Mitte des Jahres erwartet.

Struktureller Nutzen

Die steuerlichen Begünstigungen werden sich insbesondere bei der Errichtung bzw. Umstrukturierung von Konzernstrukturen und internen Leistungsverflechtungen, aber auch bei strategischen Kooperationen mit fremden Dritten positiv auswirken. Von daher gilt es sich frühzeitig mit dem gesamten Potential der Gemeinnützigkeitsreform auseinanderzusetzen und die wesentlichen Leitlinien für die zukünftige Zusammenarbeit innerhalb von Konzernstrukturen oder mit externen steuerbegünstigten Körperschaften vorzubereiten. Dabei sind auch die formellen Erfordernisse zu berücksichtigen. Mithin wird es für die Anwendbarkeit der neuen Regelungen entsprechender satzungsmäßiger Änderungen bedürfen.