Pflegeeinrichtungen: Direkterstattung von Energie-Mehrkosten analog zum Pflegeschutzschirm
Im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) wird ein neuer § 154 SGB XI „Ergänzungshilfen für voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen zum Ausgleich steigender Preise für Erdgas, Wärme und Strom“ eingefügt. Dieser neue „Rettungsschirm“ gilt nur für Strom, Erdgas und Fernwärme und nur für die Zeit vom 1. Oktober 2022 bis 30. April 2024. Bei anderen Energieformen wie z. B. Öl, Pellets oder Flüssiggas müssen die Kostensteigerungen weiterhin vom Bewohner:innen getragen werden. Erfasst sind nach SGB XI zugelassene Pflegeeinrichtungen der vollstationären Pflege einschließlich stationärer Hospize und der Kurzzeitpflege sowie der Tages- oder Nachtpflege.
Die ambulante Pflege ist hiervon ausgenommen. Ambulante Pflegeeinrichtungen sind vom Anstieg der Gas-, Fernwärme- und Strompreiskosten nicht in gleichem Umfang betroffen wie teil- und vollstationäre Einrichtungen. Deshalb werden sie in die Regelung des § 154 nicht einbezogen. Gleichwohl gelten für sie als kleine oder mittlere Unternehmen nach dem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 2. November 2022 die Strom- und Gaspreisbremse sowie die Übernahme der abschlägigen Vorauszahlung für Gas- und Fernwärme im Dezember 2022.
Phase 1 bis März 2023
In der ersten Phase im Zeitraum Oktober 2022 bis März 2023 soll für Pflegeeinrichtungen eine Direkterstattung von Energie-Mehrkosten analog zum Pflegeschutzschirm nach § 150 SGB XI erfolgen. Nachgewiesene Mehrkosten durch Energiepreissteigerungen werden übernommen.
Erstattungsfähig ist die Differenz zwischen den abschlägigen Vorauszahlungen für den Verbrauch des Monats März 2022 (Referenzmonat) und den jeweiligen laufenden monatlichen abschlägigen Vorauszahlungen für Erdgas, Fernwärme und Strom. Eine Spitzabrechnung soll am jeweiligen Ende der Pflegesatzperiode erfolgen.
Die im Dezember 2022 gewährte Soforthilfe wird bei allen nach § 72 SGB XI zugelassenen voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen stationäre Hospizen insoweit berücksichtigt, dass für den Dezember 2022 keine Ergänzungshilfe für leitungsgebundenes Gas und leitungsgebundene Wärme beantragt werden kann. Der Anspruch auf Ergänzungshilfen für leitungsgebundenen Strom für den Monat Dezember 2022 bleibt davon unberührt.
Hinweis: Verbot der Doppelfinanzierung
Zu beachten ist das Verbot der Doppelfinanzierung. Hier hat der Gesetzgeber insbesondere zwei Sachverhalte im Blick:
- Öffentliche Zuschüsse oder andere Unterstützungsmaßnahmen
- Energiekostensteigerungen sind bereits in den Pflegesätzen vorhanden
Phase 2 ab März 2023
In einer zweiten Phase kommt ab März 2023 bis 30. April 2024 die Gas- und Wärmepreisbremse hinzu. Die Differenz für Gaskosten (und andere Energieträger) werden nach o. g. Verfahren zur Umsetzung der Förderleistungen ausgeglichen. Die Mehrkosten durch die Differenz zwischen Gaspreis Frühjahr 2022 zu 12 ct/kWh ab März 2023 sowie zu den nicht gedeckelten 20% des Gasverbrauchs werden erstattet.
Soweit Kostensteigerungen von voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen (einschließlich der Hospize mit Versorgungsvertrag nach § 75 SGB XI) nicht vollständig durch die Erstattungen aus der Erdgas-, Wärme- und Strompreisbremse ausgeglichen werden, können zusätzlich die Hilfsprogramme in Anspruch genommen werden:
In der Gesamtbetrachtung ergibt sich somit ein mehrstufiges Verfahren:
- Stufe 1: Soforthilfe (Entfall Dezemberzahlung 2022)
- Stufe 2: Im Zeitraum Oktober 2022 bis März 2023 Ausgleich der Energie-Mehrkosten im Rahmen der Hilfsprogramme (Abgleich mit März 2022)
- Stufe 3: Ab März 2023 Automatische Entlastung im Rahmen des EWPBG durch Deckelung der Mehrkosten sowie Ausgleich verbleibender Energie-Mehrkosten im Rahmen der Hilfsprogramme (Abgleich mit März 2022)
Nachzahlungen aus Jahresabrechnungen
Nachzahlungen, die sich aus den jeweiligen Jahresabrechnungen der Versorger für den Zeitraum Oktober 2022 bis einschließlich April 2024 für leitungsgebundenes Erdgas, leitungsgebundene Fernwärme und leitungsgebundenen Strom ergeben, können die begünstigten Pflegeeinrichtungen und Hospize zusätzlich geltend machen. Rückzahlungen, die sich aus den jeweiligen Jahresabrechnungen der Versorger für den genannten Zeitraum ergeben, sind an die Pflegekassen weiterzuleiten. Die Jahresabrechnungen der Versorger haben die begünstigten Pflegeeinrichtungen und Hospize den Pflegekassen unverzüglich nach Erhalt vorzulegen. Bei Nichtvorliegen der für den finalen Zeitraum notwendigen Jahresabrechnung bis zum 30. August 2024 ist auf Nachzahlungen und Rückzahlungen zu verzichten.
Es ist zu beurteilen, ob und in welchem Umfang im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2022 bzw. 31. Dezember 2023 Abgrenzungen in Form von Nachzahlungen oder Rückzahlungen zu berücksichtigen sind.
Nachweisführung
Der Nachweis der gemachten Angaben hat durch entsprechende Dokumente des Versorgers zu erfolgen. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen legt in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit unverzüglich in Richtlinien das Nähere zum Zahlungsverfahren fest.
Hinweis: Pflicht zur Inanspruchnahme einer Energieberatung
Zugelassene voll- und teilstationäre Pflegeeinrichtungen, die einen Erstattungsbetrag nach § 154 Absatz 1 SGB XI erhalten, werden verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2023 eine Energieberatung durch einen Gebäudeenergieberater durchführen zu lassen.
Die begünstigten Pflegeeinrichtungen und Hospize sind verpflichtet, den Pflegekassen einen Nachweis über die erfolgte Beratung und die konkreten Maßnahmen zur Umsetzung der Empfehlungen zu übermitteln.
Wird der Nachweis bis zum 15. Januar 2024 nicht an die Pflegekassen übermittelt, wird der ausgezahlte Erstattungsbetrag für die Monate Januar 2024 bis einschließlich April 2024 um jeweils 20 % gekürzt.