APG DVO NRW – Modernisierungskosten im Eigentümermodell

Wir beantworten die Fragen, die durch das Inkrafttreten der Durchführungsverordnung zum Alten- und Pflegegesetz NRW (APG DVO NRW) und den damit verbundenen Änderungen in der Finanzierung von Pflegeeinrichtungen in NRW entstanden sind.

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Refinanzierung von Modernisierungskosten im Eigentümermodell

In welcher Form sind die Baukosten bei Modernisierungsmaßnahmen in der Abgrenzung von Pflicht- und freiwilligen Maßnahmen seitens des Einrichtungsträgers, der beauftragten Architekten, darzustellen (§ 10 Abs. 6 APG i.V.m. § 3 Abs. 1 APG DVO)?

Die Aufwendungen sind getrennt nach ihrer Veranlassung (zwingend gesetzlich vorgeschriebene = „must have“ oder Kann-Maßnahme = „nice to have“) nachzuweisen. Idealerweise sollte daher bereits in der Phase der Planung eine Darlegung der geplanten Aufwendungen erfolgen (z.B. wie teuer würde ein Anbau zur Erreichung der 80 % Einzelzimmerquote, wie teuer würde ein größerer Anbau zur Erreichung der 100 % Einzelzimmerquote?). Bei Baumaßnahmen ohne vorherige verbindliche Abstimmung der voraussichtlichen Kosten ginge das Risiko, dass nach der Baumaßnahme später baufachlich eine für den Bauherrn ungünstigere Zuordnung der Kosten erfolgt, zu Lasten des Trägers. Es wäre dann nachträglich zu schätzen, was ein Anbau, der zur Erreichung der gesetzlichen Quote erforderlich gewesen wäre, gekostet hätte. In Fällen der Überschreitung der Angemessenheitsgrenze könnten die übersteigenden Kosten gar nicht berücksichtigt werden.

Ist es möglich, ab Inbetriebnahme mit vorläufigen Baukosten zu operieren und diese dann später auf Basis endgültig nachgewiesener Baukosten zu korrigieren (§ 10 Abs. 2 APG)?

Ja, die Möglichkeit besteht. Es können aber nur vorliegende Belege bzw. tatsächlich gezahlte Rechnungen über die entstandenen Aufwendungen in die Abrechnung eingezogen werden. Schätzungen werden nicht berücksichtigt. Gemäß § 12 Abs. 3 APG DVO ist, wenn die Kostennachweise vollständig sind, ein vorzeitiger Antrag auf Neufestsetzung erforderlich.

Aufgrund von Mängeln einbehaltene Zahlungen könnten erst dann in die Abrechnung einbezogen werden, wenn die Zahlung tatsächlich erfolgt ist. Insofern kann ein vorläufiger Bescheid erteilt werden, der bei Vorlage der Schlussrechnung durch einen endgültigen Bescheid ersetzt wird.

Wie geht man zukünftig mit der Inbetriebnahme nach einzelnen Bauabschnitten vor? Können die Baukosten einzelner Bauabschnitte vorläufig bis zur Inbetriebnahme nach Abwicklung aller Baumaßnahmen auf bestehende Investitionskostensätze aufaddiert werden?

Ja, Voraussetzung ist aber, dass die fertiggestellten Bauabschnitte den Bewohnerinnen und Bewohnern tatsächlich zur Nutzung zur Verfügung stehen. Erst dann können sie abgerechnet werden. Die Bescheide ergehen unter Vorbehalt.

Welche Angemessenheitsgrenzen gelten für 2022?

Einrichtungen ohne Zentralküche

  • Als betriebsnotwendig werden in 2022 Aufwendungen anerkannt, die zusammen mit den Aufwendungen für die erstmalige Herstellung oder Anschaffung sonstiger Anlagegüter nach § 4 APG DVO einen Gesamtbetrag von 2.554,40 Euro je qm Nettoraumfläche (Angemessenheitsgrenze) nicht übersteigen.

Einrichtungen mit Zentralküche

  • Bei Errichtung einer der täglichen Vollversorgung der gesamten Bewohnerschaft dienenden Zentralküche innerhalb der Einrichtung ist die Angemessenheitsgrenze unter Maßgabe der Einhaltung der Flächenkennwerte nach § 2 Absatz 3 APG DVO, um 100 Euro brutto je qm Nettoraumfläche zu erhöhen.
  • Gleiches gilt für dezentralisierte Küchen in Wohnbereichen innerhalb einer Einrichtung, die ebenfalls der täglichen Vollversorgung dienen.
  • Geförderte Vollversorgerküchen i. S. d. § 2 Abs. 2 S. 2 APG DVO NRW sollen dazu beitragen, den Bewohnerinnen und Bewohnern den Vorteil von vor Ort frisch zubereiten Speisen zu bringen. Bei der Cook & Chill-Verpflegung erfolgen Speisenzubereitung und Speisenverteilung räumlich und zeitlich voneinander losgelöst. Die Einrichtungen werden mit den vorbereiteten Speisen beliefert und wärmen diese lediglich vor Ort auf. Es handelt sich damit nach Auffassung des MAGS um eine ganz überwiegend externe Verpflegung, die nach dem Willen des Verordnungsgebers nicht gesondert gefördert werden soll. Im Fall einer Cook & Chill-Verpflegung erhöht sich der Flächenkennwerte nach § 2 Absatz 3 APG DVO, somit nicht um 100 Euro brutto je qm Nettoraumfläche.

Der Betrag der Angemessenheitsgrenze gilt ab dem 01.01.2022 und wird nach den Preisindizes für Wohngebäude (Bauleistungen am Bauwerk) in Nordrhein-Westfalen (Basisjahr 2015=100) für die Folgejahre jeweils auf Basis des Mai-Index des Vorjahres fortgeschrieben und jährlich von der obersten Landesbehörde durch Erlass festgesetzt.

Nach § 21 Abs. 1 APG DVO NRW ist in 2022 für teilstationäre Pflegeeinrichtungen abweichend von § 2 Absatz 2 APG DVO ein maximaler Gesamtbetrag von 2.092,37 Euro je qm Nettoraumfläche als Angemessenheitsgrenze anzuwenden.

Aufwendungen für Instandhaltung und Instandsetzung von langfristigen Anlagegütern nach § 6 APG DVO sind in Höhe von jährlich 22,83 Euro je qm der berücksichtigungsfähigen Nettoraumfläche anerkennungsfähig.

Wie ist mit Baukostenüberschreitungen oberhalb der Abstimmungsbescheinigung, aber im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen umzugehen?

Eine Baukostenüberschreitung ist der WTG-Behörde zwar mitzuteilen und zu begründen, jedoch spricht grundsätzlich nichts gegen eine Anerkennung von Baukostenüberschreitungen oberhalb der Abstimmungsbescheinigung, aber im Rahmen der Angemessenheitsgrenzen der Baukostenobergrenze.

Welche Kriterien sind bei der Prüfung der Anerkennung eines Vorhabens als „Ersatzneubau“ von Bedeutung?

Nach der Begründung zu § 3 APG DVO sind folgende Kriterien zu erfüllen:

  • Wirtschaftlichkeit
  • Aufgabe der bisherigen Nutzung
  • Einrichtungsidentität
  • Räumlicher Bezug
  • Standardwahrung

Gilt bei einem Ersatzneubau im Sinn von § 3 APG DVO eine Baukostenobergrenze?

Der Begründung zu § 3 APG DVO ist hierzu folgendes zu entnehmen: Da sich die Zulässigkeit eines Ersatzneubaus aus dem Wirtschaftlichkeitsvergleich mit einer Modernisierung ergibt und für diese Modernisierung die Angemessenheitsgrenzen des § 2 Absatz 2 und 3 APG DVO nicht gelten, bemisst sich auch die Anerkennungsfähigkeit eines Ersatzneubaus grundsätzlich nicht unmittelbar an der Einhaltung dieser Angemessenheitsgrenzen. Allerdings hat auch ein Ersatzneubau für sich genommen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu erfüllen. Hier könnten Baukosten jenseits der Angemessenheitsgrenze jedenfalls Anlass für eine vertiefte Prüfung sein.

Sind bei einem Ersatzneubau Kosten eines Ausweichquartiers refinanzierungsfähig?

Nach der Begründung zu § 3 APG DVO sind bei einem Ersatzneubau auch die Kosten eines Ausweichquartiers nach dem Tatsächlichkeitsgrundsatz refinanzierbar, sofern die Baumaßnahme ohne den Leerzug des Gebäudes nicht umsetzbar ist.

Sind bei einem Ersatzneubau Restwerte nach § 1 Abs. 6 APG DVO refinanzierungsfähig?

Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit erfolgt eine Vergleichsberechnung zwischen den Kosten einer Modernisierungsmaßnahme und eines Ersatzneubaus. Hierbei kommt es darauf an, welcher Aufwand insgesamt nach Umsetzung der Maßnahme für die Zukunft noch anerkannt werden muss bzw. müsste. Daher ist bzgl. der Maßnahme nach § 10 Absatz 6 Satz 1 APG den eigentlichen Maßnahmenkosten (Modernisierungsaufwand) der zum Zeitpunkt der Modernisierung noch bestehende Restwert nach § 1 Absatz 6 APG DVO hinzuzurechnen. Dies gilt ebenfalls für die anerkannten Aufwendungen nach § 4 APG DVO.

Sind bei einem Ersatzneubau auch im Zusammenhang mit Restwerten nach § 1 Abs. 6 APG DVO noch bestehende Restdarlehen refinanzierungsfähig?

Bei einem Ersatzneubau sind auch im Zusammenhang mit Restwerten nach § 1 Abs. 6 APG DVO noch bestehende Restdarlehen bzw. die entsprechenden Finanzierungsaufwendungen refinanzierungsfähig. Dies gilt ebenfalls für etwaige Eigenmittel.

Sind bei einem Ersatzneubau auch Abrisskosten refinanzierungsfähig?

Soweit ein „Ersatzneubau“ den Abriss der bisherigen nicht mehr angemessenen Einrichtung voraussetzt, sind nach dem Tatsächlichkeitsgrundsatz auch Abrisskosten refinanzierungsfähig.

Wie sind Förderungen der KfW-Bank für energieeffizientes Bauen zu berücksichtigen?

Zahlreiche Träger befassen sich mit Überlegungen Förderungen der KfW-Bank für energieeffizientes Bauen in Anspruch zu nehmen.

Nach Rückfrage bei den zuständigen Landschaftsverbänden erhalten die Träger die Rückmeldung, dass eine allgemeine Aussage bzw. Zusage, dass die evtl. öffentliche Zuschüsse aus der KfW-Förderung nicht bei den maximal anerkennungsfähigen Aufwendungen, sondern bei den tatsächlichen Kosten zu kürzen sind, grundsätzlich nicht möglich sei; vielmehr handelt es sich immer um Einzelfallentscheidungen.

Den KfW-Förderzielen ist u.a. zu entnehmen, dass die Förderung auch die finanziellen Belastungen durch die Bau- und Heizkosten reduzieren und diese für den Nutzer langfristig kalkulierbarer machen. Im Einzelfall kann ggf. auch durch die baufachliche Stellungnahme gestützt werden, dass die Erfüllung der Vorgaben für die KfW-40 plus Förderung entsprechende Mehrkosten versursacht.

Zu klären wäre grundsätzlich auch, ob der neue energetische Standard in den Angemessenheitsgrenzen enthalten ist oder nicht.

In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass für eine energetische Sanierung kein gesicherter gesetzlicher Refinanzierungsanspruch besteht, da es sich nach § 3 APG DVO um eine „nice-to-have“-Maßnahme handelt.

Ob und in welchem Umfang sind Baumaßnahmen bei Pflegeeinrichtungen refinanzierungsfähig, die bereits die WTG-Vorgaben vollständig erfüllen?

Baumaßnahmen bei Pflegeeinrichtungen, die bereits die WTG-Vorgaben vollständig erfüllen, fallen alle unter § 10 Abs. 6 Satz 2 APG NRW. Sie können im Rahmen der Angemessenheitsgrenze für Neubauten anerkannt werden, wenn die Maßnahme einen Vorteil für die Nutzer*innen der Einrichtung bringt. Derartige Maßnahmen sind im Vorfeld mit der zuständigen Kommune abzustimmen. Diese entscheidet, ob ein Vorteil vorliegt. Solange es sich um Maßnahmen zur Erreichung des Neubaustandards (z.B. 100%-Einbettzimmerquote) nach WTG handelt, dürfte dieser Vorteil bestehen.

 

Das genaue Verfahren der nicht gesetzlich zwingenden Maßnahmen ist in der Begründung zu § 3 Abs. 1 und 2 APG DVO hinterlegt. Die Anerkennung von nicht zwingend umzusetzende Maßnahmen („Kann-Maßnahmen“) i. S. d. § 10 Absatz 5 Satz 2 APG hängt davon ab, inwieweit die sich aus den zusätzlichen Maßnahmen ergebenden Vorteile die Belastungen überwiegen bzw. in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufwendungen stehen. Zu berücksichtigen hierbei sind vor allem konkrete Einsparungen insbesondere bei den laufenden Kosten, die durch die Maßnahme erzielt werden (z.B. bei energetischer Sanierung durch die Verminderung von Heizkosten). Ein Grund für die Anerkennung von Aufwendungen bei nicht zwingenden Modernisierungsmaßnahmen ist auch, dass Mittel im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung des Landes eingesetzt werden. Werden aufgrund einer solchen Förderung bauliche Qualitätsstandards über die zwingend vorgeschriebenen hinaus erfüllt, so werden die Aufwendungen hierfür anerkannt. Dies ist gerechtfertigt, da aufgrund der günstigen Darlehenskonditionen geringere Aufwendungen für die Finanzierung anzusetzen sind.