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"Gewinnverbot“ bei Katalogzweckbetrieben?

Erweiterung des sog. „Gewinnverbot“ auf die Flüchtlingshilfe

Die Finanzverwaltung hat im Gefolge des sog. Rettungsdienst-Urteils des BFH vom 27.11.2013 ihre Sicht zur Auslegung des sog. Gewinnverbots in der Wohlfahrtspflege gem. § 66 Abs. 2 AO mit Schreiben vom 6.12.2017 konkretisiert. Im Rahmen der durch das Jahressteuergesetz 2020 eingeführten Reform des Gemeinnützigkeitsrechts wird nunmehr erstmalig das sog. Gewinnverbot auf den neuen Katalogzweckbetrieb der Flüchtlingshilfe nach § 68 Nr. 1c AO ausgeweitet.

Schädliches Gewinnstreben

Seit dem Veranlagungszeitraum 2017 müssen steuerbegünstigte Einrichtungsträger, die auch einen Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege i.S.d. § 66 AO betreiben, prüfen, ob ggf. Gewinne angestrebt werden, die den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs übersteigen.

Werden insoweit in drei aufeinanderfolgenden Veranlagungszeiträumen Gewinne erwirtschaftet, die über den konkreten Finanzierungsbedarf der „wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre“ hinausgehen, soll (widerlegbar) von einer schädlichen Erwerbsabsicht ausgegangen werden. Folge daraus wäre die Aberkennung der Zweckbetriebseigenschaft gem. § 66 AO und die volle Ertragsteuerpflicht für diesen Geschäftsbetrieb.

Quersubventionierung iRd wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre

In der praktischen Umsetzung der verwaltungsseitigen Vorgaben hat sich gezeigt, dass sich das sog. Gewinnverbot zu einem bürokratischen Monster entwickelt hat und viele Unwägbarkeiten beinhaltet. Die von Seiten der Finanzverwaltung erfolgte begriffliche Neuerfindung der sog. wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre und die damit verbundene Möglichkeit der Quersubventionierung zwischen bestimmten Zweckbetrieben, führt in der Praxis zwar regelmäßig zu günstigen Ergebnissen. Mithin kann im Rahmen der darauf bezogenen Berechnungssystematik in den allermeisten Fällen eine schädliche Erwerbsabsicht negiert werden. Dennoch schwebte in diesem Kontext latent die Frage im Raum, ob die Finanzverwaltung die Prüfung nach dem „schädlichen Erwerbsstreben“ i.S.v. § 66 Abs. 2 AO – quasi durch die Hintertür – zukünftig auch bei anderen Zweckbetriebsvorschriften einführen möchte.

Erweiterung des Gewinnverbots

Einen ersten Schritt in diese Richtung ist nunmehr der Gesetzgeber in § 68 Nr. 1c AO (Zweckbetrieb der Flüchtlingshilfe) gegangen. In dem Gesetzestext heißt es nunmehr:

„Zweckbetriebe sind auch: Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen. Die Voraussetzungen des § 66 Absatz 2 sind zu berücksichtigen.“

Mit dieser gesetzlichen Neuregelung wird erstmalig das sog. Gewinnverbot auf einen Katalogzweckbetrieb gem. § 68 AO ausgeweitet. Droht insoweit auch eine steuerliche Zeitenwende?  

Gesetzesbegründung klärt auf

Unter Zugrundelegung der Gesetzesbegründung zum JStG 2020 kann aus unserer Sicht davon ausgegangen werden, dass mit der gesetzlichen Anpassung in § 68 Nr. 1c AO keine grundlegende Neuausrichtung des gesetzgeberischen Willens verbunden ist. Mithin wird sich die Prüfung des schädlichen Erwerbsstrebens zukünftig ausschließlich auf Zweckbetriebe der Flüchtlingshilfe beziehen. Denn im Kern der Regelung wird vielmehr eine Erleichterung für Einrichtungsträger, die sich im Rahmen der Flüchtlingshilfe engagieren, geschaffen.

Nachweiserfordernisse fallen weg

Flüchtlingshilfe war bereits vor der gesetzlichen Novellierung regelmäßig als Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege gem. § 66 AO anerkannt und unterlag insoweit auch – zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung – bereits dem aus § 66 Abs. 2 AO entwickelten Gewinnverbot. Im Rahmen des Wohlfahrtszweckbetriebes musste jedoch auch stets ein Nachweis darüber vorgehalten werden, dass die Empfänger der Leistungen entsprechend (persönlich oder wirtschaftlich) hilfsbedürftige Menschen i.S.d. § 53 AO sind. Mit der Einordnung der Flüchtlingshilfe als Katalogzweckbetrieb entfällt nunmehr das vorbezeichnete Nachweiserfordernis. Mithin werden dadurch bürokratische Hürden beseitigt und die Arbeit in der Flüchtlingshilfe zumindest steuerrechtlich erleichtert. Vor diesem Hintergrund wird auch die Verweisklausel in § 68 Nr. 1c S. 2 AO auf § 66 Abs. 2 AO und die damit verbundene Reglementierung des Erwerbsstrebens eher nachvollziehbar.

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