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ESG-Kriterien

Wie Sie zukünftig das Kreditgeschäft beeinflussen

Gastbeitrag von Ruth Kalden, Abteilungsleitung Vertriebsstab der Evangelischen Bank eG und Robert Becker, Generalbevollmächtigter und Direktor des Vertriebs der Evangelischen Bank eG

Während die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur nicht-finanziellen Berichtserstattung den meisten Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft geläufig sein dürfte, werden nur die wenigsten die zukünftigen Anforderungen der Bankenaufsicht für Kreditinstitute kennen. Trotzdem sind diese Vorgaben auch für sie wichtig. Die Banken sind mit der 7. Novelle der MaRisk (Mindestanforderungen an das Risikomanagement) künftig verpflichtet, ESG-Kriterien umfassend bei der Kreditgewährung und Risikosteuerung zu berücksichtigen. Die neuen Anforderungen haben somit mittelbar erhebliche Auswirkungen auf die Unternehmen.

Kern der siebten MaRisk-Novelle ist die Integration der Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht für die Kreditvergabe und Überwachung sowie die Aufnahme von Nachhaltigkeitseinflussfaktoren in das Risikomanagement von Banken. Daneben wird das Immobiliengeschäft von Kreditinstituten noch stärker reglementiert.

Das Herzstück der Novelle bilden die Anforderungen aus der Richtlinie zum Kreditgeschäft. Ziel dieser Richtlinie ist es, die Kreditvergabepraxis der Banken zu verbessern, die Qualität der Kredite zu erhöhen, sprich: die Ausfallwahrscheinlichkeit zu senken und die Banken damit robuster sowie zukunftssicherer aufzustellen. Die Vorgaben umfassen das gesamte Rahmenwerk für das Kreditgeschäft, von strategischen und risikopolitischen Zielen über den Kreditvergabeprozess, die Prüfung der Kreditwürdigkeit bis zur Steuerung der Kreditrisiken. Flankiert werden die neuen Regelungen durch ein Konditions-Framework, das darauf abzielt, sämtliche Risiken einschließlich der ESG-Einflussfaktoren bei der Festlegung der Kreditkonditionen zu berücksichtigen.

Neben den oben beschriebenen EBA-Guidelines für das Kreditgeschäft beinhaltet die Novelle auch die neuen ESG-Kriterien. Mit Blick auf die Kreditvergabe sind Banken zukünftig verpflichtet, ESG-Faktoren konsequent in ihre Kreditrisikostrategie zu integrieren, die Kreditprozesse beispielsweise um einen ESG-Risiko-Score zu ergänzen sowie die ESG-Einflussfaktoren bei der Bewertung der finanziellen Lage bzw. Kapitaldienstfähigkeit eines Kreditnehmers zu berücksichtigen.

Banken haben folglich sicherzustellen, dass ESG-Kriterien bei der Ermittlung des Kreditrisikoappetits, der Ableitung der Kreditrisikostrategie sowie Aufstellung der Vergaberichtlinien ganzheitlich berücksichtigt werden. Im Rahmen der Sicherheiten müssen Kreditinstitute zudem eine konsequente Einbeziehung von ESG-Faktoren gewährleisten – zum Beispiel über die Berücksichtigung des CO₂-Fußabdrucks einer Immobilie, des Standorts und der Klimaresistenz von Objekten.

Erhebung von zusätzlichen Daten erforderlich

Um eine angemessene Beurteilung, Steuerung und Überwachung von (Kredit-)Risiken einschließlich der ESG-Risiken jederzeit sicherzustellen, benötigen Banken neben den bekannten Bonitätsunteragen wie Bilanzen und den Erfolgsrechnungen zukünftig somit Daten zur Nachhaltigkeitsleistung sowohl auf Ebene des Unternehmens als auch der Sicherungsobjekte. Diese Datengrundlage ist für Banken essenziell, mit der Folge, dass sie die notwendigen Informationen aufgrund der rechtlichen Verpflichtung mit Nachdruck bei ihren Kunden einfordern müssen.

Oder kurz: Die bisher angeforderten Unterlagen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen werden konsequent um die ESG-Daten erweitert.

Aber welche Informationen brauchen die Banken zur Kreditvergabe nun wirklich? Die Antwort ist simpel und paradox zugleich: Banken benötigen – mit Inkrafttreten der MaRisk-Novelle voraussichtlich Mitte 2023 – im Grunde einen umfassenden CSRD-Bericht von ihren Kunden, den diese in der Regel aber erst 2025 verpflichtend aufstellen müssen. Die Rolle der Banken ist klar. Sie sollen als Katalysator fungieren. Indem sie durch die neue Regulatorik verpflichtet werden, die Finanzströme konsequent in nachhaltige Investitionen und weg von klimaschädlichen Aktivitäten zu lenken, erhöhen sie gleichzeitig den Druck auf die Kreditnehmer, sich nachhaltig zu verändern.

Umfassende Nachhaltigkeitsstrategie erforderlich

Betrachtet man den Lebenszyklus eines Kredits im Detail, sind Banken bei der Anbahnung eines Kreditgeschäfts gehalten, die erforderlichen ESG-Daten zu erheben sowie die Geschäftsmodelle der Einrichtungen und das Finanzierungsobjekt unter ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten zu würdigen. Sie benötigen folglich eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie von Seiten der Einrichtungen.

Anschließend müssen Kreditinstitute im Rahmen der sogenannten Bonitätsanalyse die Kapitaldienstfähigkeit und damit die Zukunftsfähigkeit der Einrichtung unter Einbezug von physischen und transitorischen Risiken prüfen und neben dem Bonitätsrating einen individuellen ESG-Risiko-Score ermitteln. Dieser Score beeinflusst zukünftig die Kreditkonditionen.

Oder kurz: Je schlechter die Nachhaltigkeitsleistung eines Unternehmens, desto höher der Kreditzins.

Ferner werden die ESG-Faktoren auch bei der Bewertung der Sicherheiten unter anderem in Form von ESG-Objektratings bzw. von Sicherheitsabschlägen berücksichtigt. Auch wird sich die Vertragsgestaltung und die Mittelverwendungskontrolle verändern. ESG-Covenants und ESG-bezogene Auszahlungsgrundsätze werden künftig die Regel sein.

Im Bestandsgeschäft werden Banken ihre Datengrundlage im Hinblick auf die ESG-Faktoren ebenfalls grundlegend erweitern (müssen). Zur Überprüfung des individuellen ESG-Risiko-Scores und im Rahmen der Überprüfung der Sicherheiten werden sie gezwungen sein, regelmäßig beispielsweise den CO2-Fußabdruck des Unternehmens bzw. der Sicherungsobjekte anzufordern.

Einrichtungen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft sind deshalb nachdrücklich gehalten, sich auf die neuen Rahmenbedingungen bei der Kreditgewährung einzustellen: Sie müssen bereits jetzt damit beginnen, eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, Nachhaltigkeitsziele zu definieren, ein ESG-Management in ihren Einrichtungen zu implementieren, und sie müssen schnellstmöglich über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten in geeigneter Weise berichten.

Fazit 

Die neuen regulatorischen Rahmenbedingungen für Kreditinstitute – kurz MaRisk genannt – haben eine Katalysatorwirkung auf die Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Die Einrichtungen, Unternehmen, aber auch viele Banken müssen mit der Transformation umgehend starten und konsequent ESG-Kriterien in ihren Geschäftsmodellen verankern. Klar ist auch: In Zukunft werden nicht-nachhaltige Unternehmen immer mehr Schwierigkeiten haben, eine Finanzierung zu adäquaten Konditionen zu finden.

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