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EU-Taxonomie

Ein erster Überblick

Gemeinsam mit der Verpflichtung, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, kommt für die gesetzlich dazu verpflichteten Unternehmen auch die Anforderung einer technischen Meldung bestimmter Kennzahlen an die EU. Dieser Sachverhalt wird unter dem Stichwort EU-Taxonomie geführt und ist ein weiteres, sehr herausforderndes Projekt.

EU-Taxonomie, was ist das?

Dem Wort nach bedeutet Taxonomie erst einmal nur die Einordnung in ein bestimmtes System. Bei der EU-Taxonomie soll es konkret darum gehen, Finanzprodukte anhand ihrer Nachhaltigkeit zu kategorisieren. Die EU-Taxonomie ist also ein Regelwerk zur Definition von Nachhaltigkeit. In einem ersten Schritt gilt die EU-Taxonomie nur für kapitalmarktorientierte Unternehmen. Diese können bis zu 100 Punkte erhalten – je nachdem, wie sehr sie mit der Taxonomie im Einklang stehen. Auf diese Weise sollen EU-Bürger und Investoren genaue Informationen darüber erhalten, welche wirtschaftlichen Aktivitäten auch nachhaltig sind.

Die EU-Taxonomie wird benötigt, da die EU mit ihrem Green Deal das Ziel ausgegeben hat, bis 2050 klimaneutral zu werden. Dafür werden schätzungsweise rund 350 Mrd. Euro Investitionen benötigt. Die Taxonomie soll dazu beitragen, dass Anleger ihr Geld eher in umwelt- und klimafreundliche Wirtschaftsbereiche investieren. Mit einem gewissen Vorlauf sollen nach den kapitalmarktorientierten Unternehmen nun auch andere große Unternehmen dazu verpflichtet werden, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen und gleichzeitig auch die Anforderungen der EU-Taxonomie zu erfüllen. Die Anforderung an große Unternehmen, ab dem Jahr 2025 einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, ist mittlerweile flächendeckend bekannt. Außer Acht gelassen wird jedoch häufig, dass damit auch die Verpflichtung einhergeht, die EU-Taxonomie anzuwenden.

Wofür wird die EU-Taxonomie benötigt?

Die EU-Taxonomie schafft die Voraussetzungen für standardisierte Nachhaltigkeitsberichte mit vorgegebenen Kennzahlen. Der erste Schritt in diese Richtung ist die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive), die eine Reihe nichtfinanzieller Kennzahlen als verpflichtend für das Nachhaltigkeits-Reporting festlegt. Damit die Daten branchen und länderübergreifend nutzbar und zweckdienlich sind, müssen sie vergleichbar und zuverlässig sein. Darüber hinaus müssen die Daten maschinenlesbar sein, um in eine zentrale europäische Datenbank eingespeist werden zu können. Was muss gemeldet werden? Es hört sich so einfach an: In einem ersten Schritt müssen nur drei Prozentzahlen gemeldet werden, die jeweils den „grünen“, nachhaltigen Anteil an einer Kennzahl darstellen:

  • %-Satz der Umsatzerlöse
  • %-Satz der Investitionen (sog. Capex) und
  • %-Satz der Betriebsausgaben (sog. Opex)

Die Ermittlung dieser prozentualen Anteile ist allerdings nicht ohne. Hierfür muss jeder einzelne Euro, der im Unternehmen umgesetzt wird, untersucht werden. Und zwar nach einem bestimmten Schema, das man sich bildlich vorstellen kann wie einen Trichter oder ein Sieb. Zunächst wird geschaut, ob der umgesetzte Euro für eines der sechs Umwelt-Hauptziele der EU (z. B. den Klimaschutz oder die Anpassung an den Klimawandel) relevant ist. Wirtschaftsaktivitäten werden daran gemessen, ob bzw. inwieweit sie sich an diesen Zielen orientieren. Die Aktivitäten laufen dann durch einen gedanklichen dreistufigen Trichter.

Vorgehen zur Bewertung der Aktivitäten und Ermittlung des ökologisch nachhaltigen Anteils

Auf der ersten Ebene wird geprüft, ob die Wirtschaftsaktivität direkt einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung eines Umweltziels leistet. Gleichzeitig darf sie aber auch nicht ein anderes der sechs Umweltziele wesentlich beeinträchtigen. Und sie muss darüber hinaus einen Mindestschutz für Arbeitssicherheit und Menschenrechte gewährleisten. Aktivitäten, die diese Kriterien kumulativ erfüllen, sind „ökologisch nachhaltig“ im Sinne der EU-Taxonomie und fließen in die Prozentzahl ein. Beispiele für taxonomiefähige Aktivitäten sind die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder Ladesäulen für Elektroautos.

Sämtliche Geschäftsaktivitäten im Hinblick auf Taxonomiefähigkeit und Taxonomiekonformität hin zu untersuchen, ist eine große Herausforderung.

– Alexandra Gabriel, Expertin für Berichterstattungsthemen

Gibt es auch andere Adressaten als die EU?

Ganz klar: ja. Die CSRD-Daten werden auch in der Finanzierung wichtig. Da die EU verstärkt Kapitalströme in nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten lenken will, stellt sie eine Vielzahl an Anforderungen an Banken und Finanzinstitute. Die wichtigste Kenngröße dabei ist die Green Asset Ratio (GAR), das Verhältnis von taxonomiekonformen Aktiva zum Gesamt-Exposure. Damit Finanzintermediäre ihr GAR errechnen können, sind sie auf Nachhaltigkeitsdaten der Unternehmen angewiesen. Bereits jetzt haben Banken und Versicherungen angekündigt, dass sie beim Abschluss von Verträgen von ihren Kunden bestimmte Angaben zu deren Nachhaltigkeitsperformance erheben, die dann Einfluss auf gewährte Konditionen haben sollen.

Ausblick

Soziale Taxonomie Zunächst wurde auf EU-Ebene aufgrund der Verpflichtungen aus dem Green Deal der Fokus auf die sechs oben genannten Umweltziele gelegt. Mit dem jüngst verabschiedeten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder dem Bericht zu einer sozialen Taxonomie treten daneben nun auch Maßnahmen zum Menschen- und Arbeitsrechtsschutz stärker in den Fokus. Nachhaltigkeit ist immer ganzheitlich im Sinne der ESG-Faktoren zu betrachten (E = Environment / Umwelt, S = Social / Soziales und G = Governance / Unternehmensführung). Nach der E-Taxonomie (Environmental, das E in ESG) soll nun ein Regelwerk zur Klassifizierung sozial nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten (das S in ESG) entworfen werden. Als übergeordnete Ziele einer sozialen Taxonomie werden die Themen „Menschenwürdige Arbeit“, „Angemessene Arbeit und Schutz der Endnutzer:innen“ sowie „Nachhaltige Gemeinschaften und Gesellschaften“ ins Auge gefasst. In diesem Bereich können Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens einen wesentlichen positiven Beitrag leisten.

Fazit

Die EU-Taxonomie ist für viele Unternehmen ein neues Konzept. Grundsätzlich besteht deshalb eine große initiale Herausforderung, das Konzept zu verstehen und sich mit den neuen Anforderungen, vor allem in Form der Bewertungskriterien, vertraut zu machen. Neben der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts, der im Rahmen des Lageberichts veröffentlicht wird, darf diese technische Meldung von Kennzahlen bei allen Nachhaltigkeitsprojekten nicht vergessen werden.

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