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Freiwilligendienst und Umsatzsteuer

FG Hessen vom 17. Dezember 2018

Vor Jahren befasste sich der BFH in seinem Urteil vom 23.07.2009 (V R 93/07) mit der Frage, ob Verwaltungsleistungen, die ein Verein aufgrund eines nach § 5a ZDG abgeschlossenen Vertrages gegenüber dem Bundesamt erbrachte, umsatzsteuerbefreit sein können. Er bejahte dies nach Art. 132 lit. g MwStSystRL. Das BMF schloss sich der Auffassung mit Schreiben vom 18.08.2015 an, ließ aber eine Zuordnung derartiger Leistungen zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb nicht zu.

Dem Fall des FG Hessen lagen hingegen Leistungen, die der Träger gegenüber den Einsatzstellen erbrachte, zugrunde. Streitgegenständlich waren die Überlassung der Freiwilligen im Rahmen des Freiwilligendienstes an die Einsatzstellen, die pädagogische Begleitung sowie die Befähigung zum Einsatz durch Qualifikationskurse gegen Erstattung der dem Träger entstandenen Kosten.

Das FG qualifizierte die Beziehung als entgeltliche Leistungen zwischen Träger und Einsatzstellen, die nicht nach nationalem Recht, jedoch nach Art. 132 lit. g MwStSystRL von der Umsatzsteuer befreit sind: Auch, wenn die Leistungen gegenüber den Einsatzstellen Elemente einer Personalgestellung enthalten, stehen die Leistungen der Befähigung zum Freiwilligendienst im Vordergrund. Sie weisen daher die erforderliche Nähe zum sozialen Bereich auf und sind somit eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen im Sinne des Art.132 MwStSystRL. Das Verfahren ist beim BFH anhängig.

Maßnahmenträger sollten ihre konkreten Sachverhalte auf Übertragbarkeit prüfen. Fälle mit zweitseitigen Vereinbarungen im Sinne des § 11 Abs. 1 JFDG könnten – sollte der BFH anderslautend entscheiden – umsatzsteuerpflichtig werden. Eine solche Entscheidung würde gewiss überraschen. Allerdings hatte der BFH mit Urteil vom 23.07.2009 die Steuerbefreiung davon abhängig gemacht, dass die Zivildienstleistenden Aufgaben im sozialen Bereich, nicht jedoch in den Bereichen Umwelt-, Naturschutz oder Landschaftspflege wahrnahmen. Zumindest mit dieser Einschränkung sollte folglich gerechnet werden. Gerade, wenn Freiwillige nicht in sozialen Bereichen eingesetzt (z.B. freiwilliges ökologisches Jahr), sind entsprechende Aufzeichnungen vorzuhalten.

Bestehende Leistungsbeziehungen im Rahmen des FSJ – aber auch des BFD – sollten zudem im Lichte des durch das JStG 2019 zum 01.01.2020 geänderten § 4 Nr.18 UStG überprüft werden. 

Das FG lässt die Frage nach der ertragsteuerlichen Zuordnung aufgrund der Eindeutigkeit der Umsatzsteuerfreiheit nach Unionsrecht offen. Eine Einschätzung über die Anwendbarkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a UStG i.V.m §§ 65 ff. AO wurde nicht getroffen. Zumindest für den Sachverhalt des BFH-Urteils vom 23.07.2009 wird aktuell erkennbar, dass Gerichte den Zweckbetrieb nach § 65 AO für die in Rede stehenden Verwaltungsleistungen anerkennen. Ob der BFH dies auch so sieht und dessen Einschätzung auf den Sachverhalt des vorliegenden Urteils des FG Hessen übertragen werden kann, dürfte sich in etwaigen Revisionsverfahren klären.

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