Die Beurteilung der Finanzlage eines Unternehmens anhand der Liquiditätssituation ist eine kontinuierliche Aufgabe guter Unternehmensführung. Besonders in schwierigen Zeiten gilt es auch für Aufsichtsorgane im Rahmen ihrer Überwachungsfunktion die Liquiditätssituation verstärkt in den Blick zu nehmen.
Der reine Blick auf die in der Bilanz ausgewiesenen liquiden Mittel (insbesondere Kassenbestände und Bankguthaben) ist dabei nicht aussagekräftig. Vielmehr sind den vorhandenen liquiden Mitteln sowie kurzfristig liquidierbaren Vermögensposten die mit gleichen Fälligkeiten versehenen Zahlungsverpflichtungen gegenüberzustellen.
Diese Betrachtungsweise wird bei den Kennzahlen der Liquiditätsgrade zugrunde gelegt. Dabei ist die Kennzahl Liquiditätsgrad II für die Zahlungsfähigkeit und den Finanzierungsspielraum eines Unternehmens am ehesten aussagekräftig, da diese die liquiden Mittel und die kurzfristigen Forderungen als Schuldendeckungspotential berücksichtigt und den kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüberstellt. Ein Wert von über 100 % bedeutet, dass an dem betrachteten Stichtag eine Liquiditätsüberdeckung vorlag.
Besonders in Krisenzeiten stellt sich die Frage, wie lange eine vorhandene Liquiditätsüberdeckung ausreicht, um die künftig anfallenden Auszahlungen decken zu können.
Die künftig anfallenden Auszahlungen können dazu beispielsweise aus dem aktuellen Forecast (Erwartungswerte für das aktuelle Wirtschaftsjahr) bzw. einer Wirtschaftsplanung, hilfsweise aus den IST-Zahlen der vergangenen Monate, abgeleitet werden. Im Rahmen von Szenario-Betrachtungen können grundsätzlich auch erwartete Einzahlungen berücksichtigt werden.
In einer unsicheren Krisensituation bildet eine lediglich auf Auszahlungen fokussierte Betrachtung ein sog. Worst Case Szenario ab. Zudem können Auszahlungen aus der Investitions- und Finanzierungsplanung des Unternehmens ergänzend berücksichtigt werden. In jedem Fall sollte die Herleitung der betriebsindividuell festgelegten Berechnungsweise transparent und für Zwecke der Vergleichbarkeit im Zeitablauf unverändert gehalten werden. Eine Kennzahl Liquidität in Tagen kann einen Beitrag leisten, die Finanzlage des Unternehmens besser einzuschätzen und Entscheidungen in der Unternehmenssteuerung zu unterstützen.
Liquidität in Tagen =
Kurzfristige Aktiva – kurzfristige Passiva
Betriebliche Aufwendungen ohne zahlungsunwirksame Posten (u. a. Abschreibungen) / 365
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