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Nachhaltigkeit

Auswirkungen auf die Bilanzierung

Dass Unternehmen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft von der Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung betroffen sein können, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Hieraus resultierend rückt die Frage, inwieweit Nachhaltigkeitsaspekte Auswirkung auf die Bilanzierungspraxis haben werden, immer mehr in den Vordergrund. Und auch hier gilt es, um Handlungsbedarfe frühzeitig zu erkennen, sich bereits heute mit der Thematik auseinanderzusetzen

Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten im Rahmen der Bilanzierung – eine Bestandsaufnahme

Die Frage, inwieweit sich Nachhaltigkeitsaspekte auf die Bilanzierung auswirken, war nicht nur bei Unternehmen der Gesundheits- und Sozialbranche in der Praxis bisher von untergeordneter Bedeutung. Zwar ergaben sich Anknüpfungspunkte, wie beispielsweise durch die Bilanzierung bzw. das Vorhandensein von ESG-konform investierenden Anlagevehikeln (ETF, Aktienfonds o. ä.) oder durch nachhaltige Finanzinstrumente in Form von Green Bonds (Grüne Anleihen). Deren bilanzielle Abbildung unterscheidet sich jedoch nicht von bisher bekannten Anlageformen. Abhängig von der Zweckbestimmung bzw. der Halteabsicht werden sie im Anlagevermögen oder im Umlaufvermögen ausgewiesen. Die Zugangsbewertung erfolgt dabei nach den bekannten Prinzipien gemäß § 253 Abs. 1 HGB mit den Anschaffungskosten, die Folgebewertung nach § 253 Abs. 3 HGB mit dem strengen Niederstwertprinzip (Anlagevermögen) bzw. gemildertem Niederstwertprinzip (Umlaufvermögen).

Durch den Entwurf einer Neufassung der Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) zur Rechnungslegung, Abgrenzung von Erhaltungsaufwand und Herstellungskosten bei Gebäuden in der Handelsbilanz (IDW ERS IFA 1 n. F.) vom 3. Juli 2023, halten Nachhaltigkeitsaspekte nun auch in die Bilanzierung und Bewertung von Gebäuden Einzug. Aufgrund der sich durch die Neufassung des Klimaschutzgesetzes von 2023 ergebenden gesetzlichen Verpflichtung, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral zu sanieren, sieht der IFA (Immobilienwirtschaftliche Fachausschuss des IDW) Handlungsbedarf dahingehend, solche Investitionen bei der Beurteilung der Gebäudequalität stärker zu berücksichtigen.

Vor dem Hintergrund, dass der Immobilienbestand bei sozialwirtschaftlichen Unternehmen einen hohen Anteil an der Bilanzsumme darstellt, sind Änderungen in der Bilanzierungssystematik von hoher Praxisrelevanz. Im Nachfolgenden sollen die sich ergebenden Änderungen – ausgehend von einer Darstellung der Grundlagen – näher beleuchtet werden.

Abgrenzung von Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen bei Gebäuden in der Handelsbilanz – Grundlagen

Grundlegend ist die Unterscheidung, ob es sich bei der Maßnahme um eine Investition oder um einen Erhaltungsaufwand handelt. Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sind Aufwendungen als Herstellungskosten zu aktivieren, wenn eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

  • Herstellung eines Vermögensgegenstands
  • Erweiterung eines Vermögensgegenstands
  • Wesentliche Verbesserung eines Vermögens-gegenstands, die über dessen ursprünglichen Zustand hinausgeht.

Hinsichtlich der beiden erstgenannten Voraussetzungen ergaben sich keine Änderungen. Die Herstellung eines Vermögensgegenstands liegt weiterhin dann vor, wenn durch eine bauliche Maßnahme an einem (vollverschlissenen) Bestandsgebäude durch die vorgenommenen Baumaßnahmen unter Verwendung der noch abnutzbaren Teile ein neues Gebäude hergestellt wird. Die Erweiterung eines Vermögenstands (bzw. Gebäudes) ist dann gegeben, wenn durch bauliche Maßnahmen die Substanz vermehrt wurde. Dies ist beispielsweise bei einem Anbau, einer Aufstockung oder bei einer sonstigen Vergrößerung der nutzbaren Fläche oder Einbau einer PV-Anlage der Fall. Die sich hieraus ergebenden Praxisfragestellungen sind unabhängig von Nachhaltigkeitsaspekten weiterhin äußerst praxisrelevant und erfuhren durch die Neufassung des IDW ERS IFA 1 auch keine Änderungen.

Berücksichtigung von Maßnahmen zur Minderung des Energieendverbrauchs oder -bedarfs

Die wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstands (bspw. Gebäudes) über den ursprünglichen Zustand hinaus liegt vor, wenn a) die Nutzungsdauer deutlich verlängert oder b) die Gebäudequalität über eine zeitgemäße substanzerhaltende Erneuerung deutlich verbessert wird. Eine Verlängerung der Nutzungsdauer kann dann angenommen werden, wenn die Haltbarkeitsdauer der Bausubstanz in ihrer Gesamtheit gewährleistet ist.

Eine wesentliche Verbesserung der Gebäudequalität liegt unter anderem bereits nach bisheriger Berufsauffassung dann vor, wenn aufgrund einer baulichen Maßnahme eine Anhebung des Standards in mindestens drei der zentralen Bereiche gegeben ist. Als zentrale Bereiche gelten hierbei Maßnahmen zur Wärme- und Energieversorgung, Sanitäranlagen, Elektroinstallation, Fenster und Wärmedämmung.

Neu hingegen ist, dass Maßnahmen, die zur Senkung des Endenergieverbrauchs oder -bedarfs führen, gleichwertig zur Anhebung des Standards in mindestens drei der zentralen Bereiche gelten. Voraussetzung hierfür ist, dass der Endenergieverbrauch oder -bedarf um mindestens 30 % gegen über dem ursprünglichen Zustand gesenkt wird. Bei Wohngebäuden entspricht dies einer Verbesserung der Energieeffizienzklasse des Gebäudes um mindestens zwei Stufen. Festzuhalten ist, dass sich an dieser Stelle auch ein unmittelbarerer Anknüpfungspunkt zum ab 2026 für das Geschäftsjahr 2025 erstmalig zu erstellenden Nachhaltigkeitsbericht ergibt – sofern das betreffende Unternehmen unter die Berichterstattungspflicht fällt. So müssen beispielsweise gemäß ESRS E1 Datenpunkt E1-5 Angaben zum Energieverbrauch bzw. Energiemix oder unter Datenpunkt E1-6 Angaben zu den THG-Bruttoemissionen der Kategorien Scope 1, 2 und ggf. 3 getätigt werden.

Fazit

Die Möglichkeit der Aktivierung von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz stellt in der Praxis eine bedeutende Neuerung dar, da auf diesem Wege Nachhaltigkeitsaspekte in die Bilanzierungspraxis bzw. Bilanzpolitik einfließen. Insbesondere vor dem Hintergrund eines veralteten Immobilienbestands sowie des vielfach zu beobachtenden (energetischen) Sanierungs- bzw. Instandhaltungsstaus ist von zentraler Bedeutung, ob Maßnahmen als Instandhaltungsaufwendungen im Jahr der Durchführung in voller Höhe das Jahresergebnis vermindern oder ob sie als Investitionsmaßnahme – mit der damit verbundenen Verteilung der Abschreibungsaufwands über die Nutzungsdauer – abgebildet werden können. Des Weiteren können derartige Maßnahmen zur Verbesserung energetischer Standards überhaupt erst dann in die Refinanzierung einfließen, wenn sie als Investition einzustufen sind und dann von den Sozialhilfeträgern als betriebsnotwendig anerkannt werden.

Dieser Artikel stammt aus unserem Mandantenmagazin Curacontact, das 4 x im Jahr aktuelle Themen für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft, für Öffentlichen Sektor und Kirche aufbereitet. Interesse? Jetzt kostenlos abonnieren!

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