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Neues zum datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch

BGH erweitert den Auskunftsanspruch

Nach der Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DGSVO) beschäftigt sich mittlerweile auch die Rechtsprechung vermehrt mit datenschutzrechtlichen Ansprüchen. Gerade Mandanten im Gesundheitssektor sind mittlerweile fast täglich mit Ansprüchen zum Datenschutzrecht konfrontiert.

Arbeitsintensiv wird es insbesondere dann, wenn Patienten eine vollständige Auskunft über die in der jeweiligen Einrichtung verarbeiteten Daten verlangen. Gerade bei Patienten, die eine Klage wegen einer vermeintlichen Falschbehandlung vorbereiten, wird dieser Anspruch vermehrt genutzt, um Informationen zu erlangen oder die Einrichtung mit zusätzlicher Arbeit zu belasten. Dabei stellen wir in der täglichen Beratung immer wieder fest, dass es offenbar kein Interesse an der Datenauskunft selbst gibt oder spezialisierte Abmahnkanzleien den Auskunftsanspruch für die Durchsetzung von vermeintlichen Schadensersatzansprüchen ausnutzen.

BGH: Weitreichender Auskunftsanspruch

Eine neue Dimension in der Frage, welche Daten nach Art. 15 DSGVO herausgegeben werden müssen, hat jüngst der Bundesgerichtshof eröffnet (BGH, Urteil v. 15.06.2021 – VI ZR 576/19). Der Hintergrund des Rechtsstreits lag eigentlich in der Frage, ob ein Vertrag über eine Lebensversicherung wirksam zu Stande gekommen war. Im Laufe des Rechtstreits machte der Kläger zusätzlich den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch geltend.

Das Landgericht Köln hatte in der vorherigen Instanz noch entschieden, der Auskunftsanspruch umfasse nicht sämtliche interne Vorgänge oder den Schriftverkehr, der dem Anspruchsberechtigten schon bekannt sei (LG Köln, Urteil v. 19.06.2019 – 26 S 13/18 (AG Brühl)).

Das LG Köln legte den Auskunftsanspruch noch praktischer aus und befand, der Auskunftsanspruch diene „nicht der vereinfachten Buchführung des Betroffenen, sondern soll sicherstellen, dass der Betroffene den Umfang und Inhalt der gespeicherten personenbezogenen Daten beurteilen kann.“

Diese Argumentation überzeugte den BGH nicht. In seiner Entscheidung argumentierte er streng mit der Schutzwirkung des Auskunftsanspruchs. Der Auskunftsberechtigte kann daher auch interne Vermerke wie Telefon- oder Gesprächsnotizen von dem Auskunftsverpflichteten verlangen. Auch die Korrespondenz mit anderen Stellen fällt nach Ansicht der Richter aus Karlsruhe unter das Auskunftsbegehren. Das gilt auch dann, wenn die Dokumente dem Auskunftsberechtigten bereits vorliegen müssten.

LG Bonn: Kein Schadensersatz bei verspäteter Auskunft

Auch das Landgericht Bonn musste sich vor kurzem mit dem datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch befassen (LG Bonn, Urteil v. 01.07.2019 – 15 O 372/20). In dem Fall ging es um ein Auskunftsbegehren nach Art. 15 DSGVO, welches der Verantwortliche jedoch erst nach acht Monaten erfüllt hatte. Grundsätzlich muss der Auskunftsanspruch nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO innerhalb eines Monats erfüllt werden. Der Betroffene forderte daraufhin Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO wegen des Verstoßes gegen die Auskunftspflicht.

Jedoch ließ das Landgericht die Frage, ob in der Überschreitung ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegt, dahinstehen. Entscheidend war in dem konkreten Fall, dass der Betroffene einen materiellen oder immateriellen Schaden nicht substantiiert darlegen konnte. Konsequent entschied das Gericht, dass es ohne Schaden keinen Schadensersatz gebe.

Auswirkungen

Insbesondere das Urteil des BGH hat weitreichende Konsequenzen für die Bearbeitung von Auskunftsbegehren. Patienten, die einen Auskunftsanspruch geltend machen, könnten nun auch interne Vermerke und Unterlagen des behandelnden Arztes herausverlangen. Es ist daher zu befürchten, dass Rechtsanwälte – stärker als bisher – zur Vorbereitung auf medizinrechtliche Schadensersatzbegehren zunächst einen Auskunftsanspruch nach der DSGVO geltend machen und so sehr einfach behandlungsrelevante Daten erhalten. Problematisch dürfte dabei gerade der Umgang mit Gesprächsnotizen im Rahmen von psychiatrischen Behandlungen oder in sozialtherapeutischen Einrichtungen sein.

Das Urteil des LG Bonn jedoch dürfte einigen Abmahnkanzleien den Wind aus den Segeln nehmen, da es den Betroffenen in den meisten Fällen nicht gelingen dürfte, einen Schadenseintritt zu beweisen. Jedoch sollten sich Auskunftsverpflichtete nicht darauf ausruhen. Denn unabhängig vom Schadensersatz für den Betroffenen kann ein verspätetes Auskunftsbegehren zu einem Bußgeld durch die Aufsichtsbehörden führen.

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